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Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Titel: Klotz Und Der Unbegabte Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Klier
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ich nicht.«
    »Kannst du nicht wissen. Wer traut sich schon, irgendetwas Negatives über die verstorbene Kollegin zu sagen, jetzt wo sie eines gewaltsamen Todes gestorben ist.«
    »Natürlich keiner.«
    »Ganz genau. Ich aber sage dir, die Frau hat die Schüler versaut, hat ihre Schüler wie Gefängnisinsassen behandelt. Die wäre besser Lagerleiterin im Dritten Reich geworden.«
    Barkhoff sog den Rauch seiner Zigarette ein und kniff die Augen zusammen.
    »Ist vielleicht genetisch.«
    »Genetisch?«, fragte Klotz nach. »Wie meinst du das?«
    »Die saubere Familie Cordes ist 1945 über Genua nach Argentinien ausgewandert.«
    »Und?«
    »Na, jetzt überleg mal schön! Klingelt’s? Auf jeden Fall sind die Eltern von Linda Cordes in den Neunzigern zurück in die Bundesrepublik Deutschland. Und da leben sie jetzt seit fast zwanzig Jahren. In einem Ort namens Haßfurt. Hass , verstehst du? Die haben sich diesen Ort bestimmt nicht zufällig ausgewählt, das kannst du mir glauben.«
    Barkhoff hustete und spuckte auf den Boden. Dann warf er die Zigarettenkippe auf den Boden.
    »Woher weißt du das alles?«
    Barkhoff drehte sich um. Öffnete den Kofferraum seines Wagens. Hob eine blaue Sporttasche auf und warf sie hinein. Ein metallisches Klappern. Nachdem er den Kofferraum geschlossen hatte, wandte er sich wieder Klotz zu.
    »Woher ich das weiß? Es gab da mal eine Zeit, da haben Linda und ich uns ganz gut verstanden.«
    Klotz setzte einen zweideutigen Gesichtsausdruck auf.
    »Nicht das, was du meinst. Das Verhältnis war immer nur freundschaftlich, sonst ist da nichts gelaufen, keine Sorge.«
    Barkhoff verabschiedete sich. Stieg in seinen Golf ein und brauste davon. Als der Wagen in die Rothenburger Straße einbog, ging Klotz in die Knie. Hob Barkhoffs Zigarettenkippen auf und wickelte sie sorgsam in ein Papiertaschentuch.
    Irgendwie kam Klotz nicht umhin, sich eingestehen zu müssen, dass er auf ganzer Linie versagt hatte. Das dachte er, als er die Rothenburger Straße überquerte. Und er spürte eine gewisse Hilflosigkeit, weil er nicht wusste, was er jetzt tun sollte. Zurück ins Präsidium und erklären müssen, warum man nach nur drei Tagen aus dem Schulbetrieb ausgeschieden war? Nein, diese Blöße würde er sich nicht geben. Zumindest nicht heute. Das Donnerwetter würde schon kommen, ganz von selbst, das wusste er. Als er die andere Straßenseite erreichte, versuchte er, die aufgebrachten Mienen von Polizeipräsident Huber und Staatsanwältin Gulden aus seinem schlechten Gewissen zu vertreiben.
    Er stand vor einem verbeulten Kaugummiautomaten, an dem hie und da der Lack abgesprungen war und der ihn an seine Kindheit erinnerte. Kramte ein Zehn-Cent-Stück hervor, warf es ein, drehte, wartete auf das typische Klackern, das anzeigte, dass der Kaugummi in das Ausgabefach gefallen war. Öffnete die silbrig glänzende Luke und ließ einen schreiend gelben Ball auf seine Handfläche fallen.
    Komisch, dachte er, schmeckt immer noch wie früher. Zuckrig, chemisch, ungesund. Aber trotzdem irgendwie gut. Und Klotz lächelte. Zum Glück gab es noch Dinge auf dieser Welt, die weder flexibel noch mobil oder sonst wie modern waren. Die sich dieser globalisierten Welt einfach nicht beugen wollten. Sein Freund, der Kaugummiautomat, und er. Relikte aus einer längst vergangenen Zeit.
    Er ging nach links, an einer geschlossenen Bierstube vorbei, über deren Eingang ein sonnengebleichtes Pepsi-Schild klebte. Schlurfte an einer Fahrschule vorbei, an einem Imbiss. Nahm sich einen Apfel bei einem Obst- und Gemüseladen. Spuckte den Kaugummi, der inzwischen nach nichts mehr schmeckte, in den Rinnstein. Schlug seine Zähne in das gestohlene Obst. Verbotene Früchte schmecken am besten .
    Ein paar Schritte weiter stieß er auf ein Döner-Geschäft mit integriertem Internetcafé. Er betrat den Laden. Bestellte eine türkische Pizza, nahm sich ein Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich vor einen Bildschirm.
    Nachdem er den Browser geöffnet hatte, überlegte er. Dachte angestrengt an das Tribunal, das er soeben über sich hatte ergehen lassen und das ihn irgendwie an seinen Scheidungsprozess erinnert hatte. Zumindest die Rolle des Schuldirektors. Der Vorsitzende damals hatte etwas von diesem Dr. Roland Freisler an sich gehabt, wie dieser Löterich. Ja, ja, der Geist des unseligen nationalsozialistischen Volksgerichtshofs hatte die Stunde null überlebt und war zum Leidwesen aller einfach nicht kleinzukriegen.
    Als die Pizza kam, war es

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