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Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Titel: Klotz Und Der Unbegabte Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Klier
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großen Wegweiser zwischen den Beinen anreizten, so sollte man diesem auf keinen Fall folgen, so viel hatte Klotz in seinem Ermittlerleben und auch privat schon herausgefunden.
    »Gut, Herr Spielmann. Ich denke, das reicht. Auch wenn Sie Ihr eigentliches Ziel verfehlt haben, so muss ich Sie doch wegen Mordes an Linda Cordes festnehmen.«
    Spielmann sah ihn an. Plötzlich wirkte er weder verzweifelt noch müde. Machte eher einen klaren, einen vollkommen ruhigen Eindruck.
    »Können wir das nicht diskret lösen, Herr Kommissar?«
    Klotz führte seinen Zeigefinger zu den Lippen, legte ihn für eine Sekunde quer über sie und ließ ihn dann zum Kinn hinabrutschen.
    »Ich glaube, wir können das Gebäude verlassen, ohne dass ich Ihnen Handschellen anlege. Vorsichtshalber werde ich meine Hand an der Waffe haben«, Klotz zog Escherlichs Pistole hervor, »für den Fall, dass Sie auf dumme Gedanken kommen.«
    »Das werde ich sicher nicht. Ich bin Ihnen sehr dankbar, Herr Klotz.« Einen Moment lang hatte in Spielmanns Gesicht der kleine Junge aufgeblitzt. »Eine Frage noch.«
    »Ja?«
    »Dürfte ich Herrn Dr. Löterich über die Situation informieren?«
    »Das muss nicht sein. Das können wir auch telefonisch vom Präsidium aus machen.«
    »Ja, aber … Ich würde mich gerne persönlich von meinem Vorgesetzen verabschieden, verstehen Sie? Zwischen Friedhelm und mir herrschte von jeher ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis. Ich würde es ihm gerne mit meinen eigenen Worten erklären.«
    Klotz überlegte.
    »Ich gebe Ihnen fünf Minuten.«
    »Danke!«
    Spielmann verließ den Raum durch eine Verbindungstür, die direkt in das Büro des Schulleiters führte.
    Auf dem Computerbildschirm konnte man eine Liste erkennen, in der verschiedene Klassenbezeichnungen und Lehrernamen eingetragen waren. Es ging wohl um die Klassenverteilung für das kommende Schuljahr, mutmaßte Klotz, nachdem er sich die Tabelle etwas genauer angesehen hatte. Neben dem Bildschirm stand das Foto einer rothaarigen Frau, die Klotz auf Mitte sechzig schätzte. Vermutlich Birgit, Spielmanns Gattin.
    Klotz setzte sich wieder auf seinen Chefsessel. Plötzlich fiel ihm eine halb geöffnete Schublade auf, aus der ein Buch ragte. Klotz konnte sogar den Namen des Verfassers auf dem Umschlag erkennen. »Daniel Spielmann« stand da. Er nahm das Bändchen aus dem Schubfach. Es war ein Lyrikband. An einer beliebigen Stelle schlug Klotz auf:
     
    Verloren
    Für L.
     
    In Dir bin ich verloren,
    Dich hat mein Herz erkoren,
    Muss ich auch gefangen sein,
    In Deine Augen find ich rein,
    Werde immer warten,
    Egal, was auch die zarten
    Zweifel mit mir machen,
    Ich werde immer wachen.
    Am liebsten hätte sich Klotz gekniffen. Doch, dies war tatsächlich die Wirklichkeit. Da erschien einem ja mit einem Mal Goethes »Werther« wie der Inbegriff wahrer Poesie. Lehrer, so dachte Klotz, Lehrer sollten es vielleicht dabei belassen, die Tafel vollzuschreiben und keine Buchseiten. »Ich werde immer wachen.« Das war ja wohl zum Lachen. Er kannte da eine Kasse bei Aldi, die bessere Lyrik hervorbrachte als dieser sentimentale Studiendirektor. Klotz klappte den dichterischen Geniestreich zusammen und warf ihn zurück in den Schubkasten.
    Er sah auf die Uhr und erschrak. Spielmann war schon länger als zehn Minuten abwesend. Klotz sprang auf, ging zur Verbindungstür und klopfte. Keine Antwort. Er öffnete die Tür, trat in das Büro des Schulleiters ein.
    Als Erstes fiel das leere Aquarium auf. So ganz ohne Wasser, Pflanzen und Fische machte es einen trostlosen Eindruck. Was ihn aber viel mehr beunruhigte, war die Tatsache, dass sich im Direktorat nicht nur keine Doktorfische, sondern auch keinerlei Doktoren mehr befanden. Er schritt zu einer gegenüberliegenden Tür, riss sie auf und stand nun im Sekretariat. Eine Theke trennte ihn von den beiden Sekretärinnen, die an ihren Schreibtischen saßen. Die ältere der beiden drehte sich zu ihm um.
    »Herr Bieringer, was machen Sie denn hier?«
    »Rufen Sie die Polizei, schnell!«
    Die Schreibkraft senkte den Kopf und warf Klotz über den Rand ihrer Lesebrille einen stumpfen Blick zu. In scharfem Ton stieß sie hervor: »Herr Bieringer, bitte verlassen Sie unverzüglich das Schulgebäude. Sie sind bis auf Weiteres vom Dienst beurlaubt. Was haben Sie überhaupt in Dr. Löterichs Büro zu suchen?«
    »Sie verstehen nicht! Spielmann, wo ist Spielmann? Ihr stellvertretender Schulleiter ist ein Mörder!«
    Die Sekretärin wandte sich von ihm ab

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