Knapp am Herz vorbei
Willie?
Klar. Aber eine schnelle. Guter Cop und böser Cop sehen aus, als wollten sie gleich los. Was sind wir schuldig?
Knipser springt vor. Das übernehmen wir, Willie.
Ja, sagt Schreiber, stecken Sie ihr Geld weg, Mr Sutton.
Knipser greift in den Stoffbeutel, holt seine Geldscheintasche heraus, öffnet sie und – starrt. Moment, sagt er. Was zum –? Ich hätte schwören können, dass ich zwanzig Dollar hier drin hatte.
Schreiber dreht sich um. Sutton dreht sich um.
Als ich die Handschellen bezahlt habe, sagt Knipser, waren ganz bestimmt noch zwei Zehner hier drin.
Mach dir keine Sorgen deswegen, sagt Sutton. Geht auf meine Rechnung.
Sutton greift in seine Brusttasche und holt einen Zehner heraus.
Ich dachte, Sie hätten nur Schecks, sagt Schreiber.
Mein Freund Donald hat mir offenbar ein bisschen Geld zugesteckt, als ich nicht hingeschaut habe. Lieber Kerl.
Sutton knallt den Zehner auf die Theke.
Willie, sagt Barkeeper, ich nehme Ihren Schein nur unter einer Bedingung. Sie müssen ihn unterschreiben, damit ich ihn über die Kasse hängen kann.
Abgemacht, sagt Sutton.
Barkeeper gibt Sutton einen Füllfederhalter.
Was soll ich schreiben?
Schreiben Sie: Für die Jungs im Jimmy’s. Dort liegt das Geld
NICHT .
Willie schreibt es hin und steckt den Füller in seine Brusttasche. Er spürt den weißen Umschlag, nimmt ihn heraus und schaut ihn an.
Was ist in dem Umschlag?, fragt Schreiber.
Meine Entlassungspapiere.
Knipser hält seine Geldscheintasche verkehrt herum und schüttelt sie. Ich weiß, dass ich zwanzig Dollar hier drin hatte.
In ihrem ersten gemeinsamen Monat rauben Willie und Eddie elf Banken aus und lassen dreihunderttausend Dollar mitgehen. Verglichen mit Willies und Marcus’ Touren ein Wahnsinn.
Diesmal können Willies Verkleidungen die Cops nicht täuschen. Sein Stil ist seine Unterschrift geworden. Die Cops geben ihm einen Spitznamen, den die Zeitungen unwiderstehlich finden. Willie the Actor. Manchmal schreiben die Zeitungen nur the Actor. Wie in – DER SCHAUSPIELER SCHLÄGT WIEDER ZU .
Willie interessiert der Spitzname nicht. Er findet ihn banal. Ganz zu schweigen davon, dass er ungenau ist. Ein Schauspieler ist jemand, der etwas vorspiegelt. Ein Schauspieler ist jemand, der Zeilen aufsagt, die nicht von ihm stammen. Wenn Willie in eine Bank spaziert, spielt er nicht, es ist ihm todernst. Und jedes Wort stammt von ihm.
Zwischendurch frequentiert er Secondhand-Buchläden in der Umgebung von Philadelphia und kauft alle möglichen Bücher über Schauspielerei. Einiges, was er liest, beruhigt ihn. Er erfährt, dass der größte Bühnenschriftsteller auch ein Dieb war – und ein Willie. Shakespeare, der in Stratford wegen dreister Plagiate verhaftet wurde, musste nach London fliehen. Dort kam er zum Theater. Willie liest, dass es beim Schauspielern nicht um das geht, was man sagt, sondern um das, was man nicht sagt, was man beredt zurückhält. Das Publikum will einen nicht kennen, es will nur den brennenden Wunsch verspüren, einen zu kennen. Da der Schauspieler diesen Wunsch nie ganz erfüllt, nie alles auf den Tisch legt, ist Schauspielen das Gegenteil von Beichten. Willie unterstreicht diese Stelle.
Im März 1933 sitzt Willie mit einem seiner Schauspielbücher auf dem Schoß und einem neuen Philco Konsolenradio neben dem Sessel da. Eddie liegt rauchend auf dem Sofa. Der neue Präsident, Franklin D. Roosevelt, hat einen Monat nach einem versuchten Anschlag auf sein Leben einen landesweiten Bankfeiertag ausgerufen. Um die Panik auf den Straßen zu bezwingen und die Flut der Leute einzudämmen, die in überforderte Banken stürmen und ihr Geld verlangen, hat Roosevelt angeordnet, dass alle Banken im Land vier Tage lang schließen. Außerdem hat er ein Kamingespräch anberaumt, um den Bankfeiertag zu erklären, und was als Nächstes kommt auch. Wie vierzig Millionen andere hören auch Willie und Eddie zu.
Dreh lauter, sagt Willie.
Meine Freunde. Ich möchte ein paar Minuten mit dem Volk der Vereinigten Staaten über das Bankwesen reden. Und zwar nicht mit den verhältnismäßig wenigen, die die Funktionsweise des Bankgeschäfts kennen, sondern mit der überwiegenden Mehrheit von Ihnen.
Mit anderen Worten, sagt Eddie, mit allen Idioten.
Es ist sicherer, wenn Sie Ihr Geld in einer wiedereröffneten Bank aufbewahren als unter dem Kopfkissen.
Außer in den Banken, die wir ausrauben – was, Sutty?
Sie müssen Vertrauen haben. Wir wollen und werden keine weitere
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