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Knapp am Herz vorbei

Knapp am Herz vorbei

Titel: Knapp am Herz vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Moehringer
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gibt, eine Mahlzeit und vielleicht einen Klaps, wenn nötig.
    Warum verlangst du nicht gleich den Mond?
    Ich brauch nicht den Mond. Ich brauch das.
    Weinberg dreht sich in seinem Stuhl um und schaut auf einen Wandkalender. Die letzte Seite von 1932 . An der Ecke rollt sie sich.
    Dutch hat Freunde bei der Polizei, weißt du.
    Das hab ich gehört.
    Einige dieser Freunde arbeiten in der Centre Street 240 .
    Oh.
    Als Dutch und ich eines Abends unsere monatlichen Zahlungen leisteten, haben uns diese Freunde erzählt, dass sie zufällig in der Centre Street waren, als kein Geringerer als Willie Sutton gebracht wurde. Und diese Freunde haben uns erzählt, was für eine Tracht Prügel dieser Sutton eingesteckt hat – jeder andere hätte Dutch hingehängt. Nun sind diese Freunde keine Fans von Willie Sutton. Diese Freunde sind im Dienst und mögen keine Leute, die sich als Cops ausgeben. Aber nachdem sie diese Tracht Prügel gesehen und auch kurz daran teilgenommen hatten, haben diese Freunde mit großem Respekt von Sutton gesprochen, anders kann man das nicht nennen.
    Willies Augen füllen sich vor Stolz mit Tränen. Er macht sich schon Sorgen um sein Make-up.
    Bo holt tief Luft und stößt sie aus, als blase er eine Kerze aus. Lass den Jungen hier, sagt er. Mach dich auf den Weg. Schulden sind Schulden, und Dutch zahlt seine immer.
    Willie nickt und wendet sich zum Gehen.
    Sutton.
    Willie hält inne.
    Das war dann aber alles.
     
    Sutton sieht sich im Barraum um. Zehn Hocker mit roten Kunstledersitzen, auf zweien sitzen bärtige Männer, die Arme auf der Theke verschränkt, die Köpfe auf den Armen. Sie sehen aus, als würden sie Verstecken spielen. Offenbar ist der Barkeeper mit Verstecken dran. Er steht am hinteren Ende der Theke und liest Zeitung. Er blickt auf, sieht die drei neuen Gäste, runzelt die Stirn. Dann gleitet er die Bar entlang, vorbei an den schlafenden Stammkunden, und legt drei Servietten hin. Was darf’s sein?
    Jameson, sagt Sutton. Pur.
    Für mich nichts, sagt Schreiber.
    Ich hätte auch gern einen Jameson, sagt Knipser, der sich immer noch die Handgelenke reibt. Er legt seinen Stoffbeutel auf die Theke. 
    Sutton schaut die schlafenden Männer an der Theke an. Ich erinnere mich noch, sagt er, dass während der Depression 1915 Tausende von Männern keine Arbeit und kein Zuhause hatten und deshalb in die Kneipen zogen. Die Kneipenbesitzer baten die Cops, sie zu verscheuchen, aber die Cops weigerten sich. Lieber in den Kneipen, dachten sich die Cops, als auf den Straßen.
    Schreiber öffnet sein Notizbuch und nimmt die Kappe von seinem Füller. Ähm, Mr Sutton, zurück zu Ihrer Flucht. Sie und Egan gingen ins Sundowner, kamen dann hierher oder hier in die Nähe. Warum?
    Ich musste Egan loswerden. Er war ein Klotz am Bein und hat mich gebremst. Also ließ ich ihn bei Bo Weinberg, der rechten Hand von Dutch.
    Barkeeper hält beim Eingießen des Jameson inne und blickt auf. Moment. Sind Sie etwa Willie Sutton?
    Genau.
    Ich glaub es nicht. Willie the Actor?
    Ja.
    Schlagen Sie ein, Kumpel.
    Sutton gibt dem Barkeeper die Hand. Ist das dein Lokal?
    Ja. Ich bin O’Keefe. James O’Keefe. Zu Ihren Diensten. Was führt Sie hierher, Freund?
    Ich mach mit den Jungs eine kurze Tour. Darf ich vorstellen? Guter Cop und böser Cop.
    Schreiber und Knipser winken schlaff.
    Frohe Weihnachten, sagt Barkeeper. Und was hat mein Lokal mit dem Leben und Streben von Willie the Actor zu tun?
    Früher war ich oft nebenan.
    Chateau Madrid. Dutchmans Kneipe. Natürlich. Willie the Actor. Welche Ehre. Die Runde geht aufs Haus.
    Wenn das so ist, mein Freund, dann schenk mal gleich die zweite aus. Willst du nicht mit uns trinken?
    Bevor ich mich schlagen lasse.
    Schreiber reibt sich müde die Augen, blättert in seinen Unterlagen. Mr Sutton? Was sagten Sie noch? Egan?
    Sutton stößt mit Knipser und Barkeeper an. Auf die Freiheit, sagt Sutton. Fáilte abhaile, sagt Barkeeper. Sie schütten den Whiskey runter. Knipser haut mit der Hand auf die Theke. Scheiße nochmal. Ist der stark. Wer trinkt denn das Zeug?
    Halb Brooklyn, sagt Sutton. Und ganz Irland – einschließlich der Babys.
    Mr Sutton, sagt Schreiber.
    Ja, Kleiner.
    Egan? Bo Weinberg?
    Richtig. Ich setzte Egan also bei Bo ab, in dieser Gegend, und dann verließ ich die Stadt.
    Und was ist mit Egan passiert?
    Zwei Monate später war er tot.
    Tot?
    Erschossen in einer Flüsterkneipe nicht weit von hier. Sehr seltsam. Und stell dir vor. In der
Times
stand, dass er in

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