Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knapp am Herz vorbei

Knapp am Herz vorbei

Titel: Knapp am Herz vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Moehringer
Vom Netzwerk:
Mann.
    Hä?
    Eddie. Margaret. Arnie.
    Sutton starrt auf den Rückspiegel. Bitte, sagt er. Kein Wort mehr.
    Dr. Fialka schaute Arnies Brieftasche durch, sagt Schreiber. Arnie hatte siebenundfünfzig Dollar bei sich. Es war also eindeutig kein Raubmord. Dann fand Dr. Fialka Arnies Ausweis, und jemand schrie: Oh Gott, das ist Arnold Schuster.
    Kein Wort mehr, sagt Sutton. Verschwinden wir von hier, Jungs.
    Kurz darauf hört Arnies Familie die Nachricht im Fernsehen. Ein Tagesbericht. Der barmherzige Samariter Arnie Schuster wurde vor seinem Haus in Brooklyn niedergeschossen. Sämtliche Schusters rannten nach draußen und fanden Arnie dreißig Meter entfernt – auf dem Rücken, das Blut floss in den Rinnstein. Arnies Mutter, untröstlich. Arnies kleiner Bruder, wehklagend. Arnies Vater rannte den Gehsteig auf und ab, genau diesen Gehsteig, und schrie:
Sie haben mir meinen Sohn genommen, ich will nicht mehr leben.
Hier ist ein Foto. Sehen Sie nur den Schmerz in den Gesichtern. Und als ob das Ganze nicht schon seltsam genug wäre, schwebte diesem Artikel zufolge über allem die fröhliche Musik von Purim.
     
    Willie. Arnold Schuster ist tot.
    Willie blinzelt. Schuster?
    Er starrt Gefängnisdirektor an, der ungläubig zurückstarrt.
    Schuster? Schuster, Schuster. Dann erinnert sich Willie. Der junge Mann aus der U-Bahn. Der Pfadfinder. Tot? Wie das?
    Erschossen.
    Willies Gedanken überschlagen sich. Warum sollte jemand
Schuster
erschießen? Heilige Mutter Gottes, weil Willie ein Held ist und jemand aus der skandierenden Menge vor dem Gefängnis oder ein Sympathisant dieser Menge dachte, er würde eine Lanze für Willie brechen. Dabei ist es in Wirklichkeit ein Schlag gegen Willie, ein schwerer Schlag, denn nach dieser Tat wird sich die öffentliche Meinung mit Sicherheit gegen ihn wenden. All diese Gedanken jagen Willie durch den Kopf und führen zu einer schrecklichen, unabänderlichen Schlussfolgerung, die er so verzweifelt herausschreit, dass Gefängnisdirektor zurückfährt – entsetzt, befremdet, peinlich berührt. Er kann nicht glauben, wozu der Mensch fähig ist.
    Ich bin erledigt.
     
    Knipser und Schreiber steigen aus dem Auto. Sutton bleibt sitzen.
    Bitte, sagt Sutton. Nein.
    Mr Sutton, wir sind überallhin gefahren, wohin Sie wollten. Wir haben den Teil unserer Abmachung gehalten. Jetzt sind Sie an der Reihe.
    Sutton nickt. Er steigt aus. Er geht zwischen ihnen über die Straße. Bei der Gasse bleiben sie stehen. Knipser versucht Sutton zu fotografieren, erwischt aber keinen guten Winkel. Außerdem verweigert Sutton den Blick auf die Gasse. Er schaut in den Himmel, sucht nach dem Mond.
    Schreiber öffnet seine Aktentasche und holt einen Stapel Tatortfotos heraus. Er reicht sie Sutton, der seine Brille aufsetzt und sie schnell durchsieht. Arnie auf dem Gehsteig. Cops über Arnie gebeugt. Arnies blutdurchtränkter Anzug. Arnies blaue Wildlederschuhe.
    An die erinnere ich mich, sagt Sutton. Aus der Zeitung.
    Schreiber reicht ihm einen Stapel Titelseiten. Die Überschriften sind riesig. Eine sticht ihm ins Auge. Er rückt die Brille zurecht.
TOD EINES HANDLUNGSREISENDEN .
    An die erinnere ich mich, sagt er wieder. Wer das getextet hat, war sein Geld an dem Tag wert.
    Warum?
    Weil
Tod eines Handlungsreisenden
noch in den Theatern lief. Margaret und ich hatten es gerade gesehen. Und weil Willie Sutton wie Willy Loman klingt. Und weil Schuster so was Ähnliches wie ein Handlungsreisender war.
    Stimmt, sagt Schreiber. Aber wussten Sie, Mr Sutton, dass Arnie, wenn er keine Kleidung verkauft hat, hinten im Geschäft seines Vaters war und an der Bügelpresse stand? Und dort hing die Liste der vom
FBI Meistgesuchten. So hat er Sie erkannt. Das
FBI hat die Liste in allen Bekleidungsgeschäften in Brooklyn verteilen lassen, weil bekannt war, dass Sie sich gern gut kleiden. Genau wie Arnie. Noch etwas, das Sie mit ihm gemeinsam hatten. Wussten Sie, dass Arnie verlobt war?
    Ach ja?
    Er lernte seine Verlobte, Leatrice, auf der Promenade in Coney Island kennen.
    Mermaid Avenue.
    Wie bitte?
    Nichts.
    Natürlich gingen viele davon aus, dass Sie in Arnies Mord verstrickt waren.
    Schreiber und Knipser warten fröstelnd. Sutton sagt nichts.
    Die Suche nach Arnies Mörder, fährt Schreiber fort, ist die größte Untersuchung in der Geschichte der New Yorker Polizei.
    Die größte?
    Keine Fahndung war je größer.
    Mir geht es nicht gut, Jungs.
    Der Kommissar erklärte den Fall zur obersten Priorität:
Wir haben neunzehntausend

Weitere Kostenlose Bücher