Knapp am Herz vorbei
und Geschichten, über die sie so lachen müssen, dass Bess einen Schluckauf bekommt. Als die älteren Gäste schließlich gehen, stimmt Happy seine Ukulele.
Mein Hund hat Flöh, mein Hund hat Flöh
. Bess bittet ihn, ihr Lieblingslied zu spielen. Sie stellt sich mit dem Rücken zum Kamin, und während Happy spielt, bringt sie Willie ein Ständchen dar.
You can’t holler down our rain barrel,
You can’t climb our apple tree,
I don’t wanna play in your yard,
If you won’t be good to me.
Sie trägt wieder ein neues Kleid, ein graugrünes aus Tweed, und der lange Rock raschelt, wenn sie sich zur Musik wiegt. Willie würde sie gern für immer bewundern und ihr zuhören, aber sie zwingt ihn aufzustehen und mit ihr zu tanzen. Happy spielt schnelle Stücke, und sie bringt Willie die neuesten Schritte bei, einschließlich eines sogenannten Bunny Hug, eine Art Tango, der aus Paris kommt. Willie wirbelt sie im Salon umher, bis ihm der Kopf schwirrt. Happy klimpert weiter, der Hotelpage lacht. Sie bitten ihn, noch ein paar Holzscheite nachzulegen, und bestellen Grogs. Dann noch mehr Grogs. Bess kann nicht mehr tanzen. Nicht mehr stehen. Oje, sagt sie – da hatte jemand zu viele Grooogs. Happy hört auf zu spielen und hilft Willie, Bess die teppichbelegte Treppe zur Suite hinaufzutragen. Sie riecht nach Butterrum und Tweed und Jugend. Happy und Willie lassen sie aufs Bett fallen. Happy lacht. Willie legt einen Finger auf die Lippen und schiebt ihn in Richtung Flur.
An der Tür bleibt Happy stehen. Wie wär’s, wenn du mich auch mal ranlässt?
Willie starrt ihn an. Was?
Du weißt schon. Dem ollen Happy ein bisschen Spaß gönnen.
Happy, was zum?
Sie merkt doch gar nicht den Unterschied.
Ich heirate sie morgen früh.
Das ist morgen. Jetzt ist heute.
Nein, Happy. Das ist nicht nur irgendeine. – Ich liebe sie.
Natürlich liebst du sie. Alle lieben sie. Der Hotelpage liebt sie. Mann, schau sie dir an.
Happy –
Ich hab sie dir überlassen, Willie, oder nicht?
Ja, klar. Trotzdem.
Happy wirft Willie einen scharfen Blick zu, etwas zwischen einem Knurren und einem spöttischen Lächeln. Einen Blick, wie Willie ihn von Happy nicht kennt. Wer bist du?, flüstert Willie.
Ich bin der, der dir geholfen hat, das Ganze durchzuziehen, genau der bin ich.
Ja. Trotzdem.
Wir sind wie Brüder, oder?
Klar. Schon.
Wir teilen alles, oder nicht? Zum Beispiel die Mädchen in der Sands Street.
Das ist – ich weiß nicht – anders.
Happy tritt vor. Willie verstellt die Tür, sammelt seine Kräfte. Happy legt eine Hand auf Willies Brust, schiebt ihn grob beiseite, schwankt dann durch den Flur in sein Zimmer.
Als Willie im Bett neben der schlafenden Bess liegt, streichelt er ihr Haar und geht immer wieder die Szene mit Happy durch. Beim ersten Tageslicht klopft es. Wahrscheinlich Happy, der sich entschuldigen will. Dann fällt Willie ein: Happy würde nicht anklopfen. Es ist der Sheriff. Mit zwei Privatdetektiven aus Brooklyn, die die ganze Nacht durchgefahren sind. Sie legen Willie Handschellen an. Sie legen Bess Handschellen an. In getrennten Autos werden sie zum Gerichtsgebäude gefahren, wo sie sich wegen der Heirat erkundigt hatten.
Als Willie in Handschellen vor dem Richter steht, knallt an der Seite eine Tür auf. Zwei Polizisten schleppen Happy herein, der weder ängstlich noch besorgt aussieht. Sie stellen ihn neben Willie.
Junger Mann, sagt der Richter zu Happy, tun Sie sich einen Gefallen. Hören Sie mit dem gottverdammten Grinsen auf.
Nach einer Woche wurden wir geschnappt, sagt Sutton.
Und wie?
Wir hatten eine hübsche Spur hinterlassen, viele Brotkrümel gestreut.
Was haben sie mit Ihnen gemacht?
Unsere Ärsche nach Brooklyn zurückverfrachtet und ins Raymond Street Jail gesteckt. Die Bastille von Brooklyn wurde es damals genannt.
Es wurde abgerissen. Erst vor kurzem.
Gut. Wir fahren trotzdem hin.
Knipser stöhnt. Willie! Warum? Wenn es nicht mehr steht, ist es doch sinnlos.
Sutton richtet sich zu seinen vollen eins fünfundsiebzig auf und sieht Knipser an. Weißt du, Kleiner, vor ein paar Jahren lernte ich einen alten Indianer kennen. Er saß zwanzig Jahre ab, weil er aus Protest gegen den Krieg Bomben gezündet hatte. Er erzählte mir, wenn ein Indianer ratlos, traurig oder dem Tod nahe ist, sucht er seinen Geburtsort auf und legt sich dorthin. Bei den Indianern gilt das als eine Art Heilung. Es schließt einen Kreis.
Wir waren doch schon an Ihrem Geburtsort.
Jeder Mensch wird an
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