Knapp am Herz vorbei
sie nicht alle. Ich sage Ihnen, wir sind uns nie begegnet.
Ja klar, deswegen auch das Treffen mit seiner Frau.
Sie hat mir gesagt, sie wäre mit niemandem zusammen.
Heißt das, du hast die Braut angebaggert?
Ist das verboten?
Könnte sein. Hast du sie dir mal angesehen?
Sie ist ein guter Mensch.
Sie sieht aus wie Lon Chaney. Außerdem ist sie in anderen Umständen.
Und deswegen ist sie vom Markt?
Dicker Cop lacht, nimmt die immer noch kalte Zigarre aus dem Mund. Der Typ ist echt zum Schießen.
Sie halten vor 240 Centre Street, einem französischen Barockpalast mit Statuen und Säulen und einer großen Kuppel obendrauf. Eine Art Copvatikan, denkt Willie und begutachtet das Gebäude. Päpste und Cops, die halten sich für was Besonderes.
Zwei weiße steinerne Löwen flankieren den Eingang. Ah, die Bibliothek – was gäbe Willie dafür, jetzt dort zu sein. Gleich hinter der Tür stehen ein Dutzend Cops in blauen Paletots um ein Holzpult. Sie begrüßen ihre beiden Kollegen und gratulieren ihnen zu ihrem tollen Fang. Ein Cop beäugt Willie. Ich hoffe, du hast einen angenehmen Aufenthalt im Centre Street Arms, sagt er – hier brauchst du wahrscheinlich keinen Weckruf von der Rezeption. Alle brüllen vor Lachen, der dickste von ihnen so sehr, dass ihm fast die Luft wegbleibt.
Dicker Cop und Dickerer Cop zerren Sutton in einen blendend hellen Raum und stellen ihn zusammen mit sechs anderen Männern auf eine Bühne. Bankräuber, Tresorknacker, Schränker – Willies Kollegen. Eine Gruppe Zivilisten kommt herein. Bankangestellte. Willie erkennt sie. Sie stehen vor der Bühne und schauen mit zusammengekniffenen Augen zu ihm hoch. Er steht lässig da, wendet den Blick ab.
Tut uns leid, sagen sie zu Dicker Cop und Dickerer Cop: Von den Männern kommt uns keiner bekannt vor.
Willies Verkleidungen, sein Make-up und seine Schnurrbärte – es hat funktioniert.
Jetzt kommt Wachmann herein.
Erkennen Sie einen dieser Männer?, fragt Dickerer Cop und schiebt einen neuen Streifen Fruchtkaugummi nach.
Wachmann überfliegt die Gruppe von links nach rechts. Ja.
Dann gehen Sie hoch und legen Sie allen, die Sie erkennen, die Hand auf die Schulter.
Wachmann geht auf die Bühne, bleibt vor jedem Mann stehen, macht eine kleine Show aus dem Ganzen. Schließlich kommt er zu Willie, ist nur wenige Zentimeter von ihm entfernt. Willie kann sein Haarwasser riechen. Und auch das Stroganoff, das er zu Mittag gegessen hat. Wachmann schaut Willie direkt in die Augen, drei Sekunden. Vier. Er legt ihm die Hand auf die Schulter, dreht sich zu den Cops. Der da, sagt er. Dann wendet er sich von den Cops ab und lächelt, was jedoch nur Willie sieht.
Dicker Cop und Dickerer Cop bringen Willie in ein Nebenzimmer mit einem Metalltisch und einem Metallstuhl. Dickerer Cop legt ihm hinter dem Rücken Handschellen an. Dicker Cop drückt Willie auf den Stuhl. Sie beziehen links und rechts von ihm Position.
Bassett hat gesungen, sagt Dickerer Cop.
Ich hab doch schon gesagt, sagt Willie, ich weiß nicht, wer das ist.
Bassett hat alles gestanden, sagt Dicker Cop. Der würde auch noch gestehen, dass er Sacco und Vanzetti geholfen hat, das war’s also, Sutton, rede.
Dickerer Cop rattert Einzelheiten herunter, die nur Marcus wissen konnte. Banken, Verkleidungen, genaue Dollarbeträge. Und das komplette Inventar von Rosenthal and Sons. Willie schaudert. Armer Marcus. Wahrscheinlich haben sie ihn schwer verprügelt.
Dicker Cop erwähnt die sechzigtausend, die Willie für Rosenthal and Sons bekommen hat, aber er sagt nichts von Dutch, weil Willie Marcus nie von Dutch erzählt hat. Gott sei Dank. Die Cops wollen eigentlich Dutch, das merkt Willie. Sie haben einen Verdacht. Es gibt nicht allzu viele Gangster in New York, die einen Fischzug in der Größenordnung handhaben könnten. Sie riechen fette Beute und glauben, über Willie an sie heranzukommen.
Tut mir leid, Leute, sagt Willie. Da muss eine Verwechslung vorliegen. Marcus ist Schriftsteller. Wahrscheinlich hat er Ihnen die Handlung des Romans erzählt, an dem er gerade schreibt.
Dicker und Dickerer Cop sehen einander an. Glaubst du dem Kerl auch nur ein Wort?, fragt Dicker Cop.
Ein ziemlich schlechter Roman, sagt Dickerer Cop zu Willie.
Ja, sagt Dicker Cop. In dem Roman verkleidet sich nämlich ein dreißigjähriger Ex-Knacki namens William Francis Sutton als Beamter der New Yorker Polizei und raubt munter und fröhlich eine Bank nach der anderen aus. Und Romane über Bankräuber, die
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