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Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition)

Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition)

Titel: Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sendhil Mullainathan
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automatisch zu verlängern, mag es klug sein, gelegentlich zu überprüfen, ob sich die Verlängerung wirklich auszahlt.
    Und was ist mit Krediten? Sollen wir Kurzzeitkredite verdammen, also einmalige Entscheidungen mit möglicherweise schlimmen Folgen? Im Family-Feud -Experiment von Kapitel 5 haben wir gesehen, wie der Wegfall der Option, Kredite aufzunehmen, das Gesamtergebnis verbesserte. Aber natürlich ist hier zu bedenken, dass das wahre Leben komplizierter ist als das Labor. Es gibt schlechte Kredite, aber einige sind auch gut und nützlich. Wie können wir entscheiden, zu welcher Art ein Kredit gehört? Selbst innerhalb unserer Theorie sind einige der Kredite gut und sorgen für die nötigen Reserven. Bricht Ihr Auto zusammen und brauchen Sie Geld, um esreparieren zu lassen, wird ein Kredit (selbst wenn er teuer ist) verhindern, dass eine ganze Lawine von üblen Dingen auf Sie niedergeht: zu spät zur Arbeit kommen, das Risiko, den Job zu verlieren, und dergleichen. Paradoxerweise erhöht die Knappheit die Wahrscheinlichkeit, eine schnelle Lösung finden zu müssen, ebenso wie die Wahrscheinlichkeit, dass einige dieser Lösungen bei Ihnen Schaden anrichten.
    Eine Einsicht der Psychologie der Knappheit ist die Notwendigkeit, sich auf den Tunnelblick vorzubereiten und Maßnahmen gegen Vernachlässigungen zu ergreifen. Das heißt, alles so einzurichten, dass man keine (falschen) Entscheidungen trifft, wenn man gerade einmal im Tunnel steckt. Und es heißt, alles so zu arrangieren, dass gutes Verhalten weniger Wachsamkeit erfordert, aber gelegentlich neu bewertet wird.
das treffen von entscheidungen
    In einer Welt im Tunnel, in der viel vernachlässigt wird, hängt eine Menge vom Timing ab. Einige unserer größten Fehler passieren, wenn wir Entscheidungen für die Zukunft treffen, wenn Dinge weitab von jedem Tunnel liegen und in der Ferne nur unscharf zu erkennen sind. Dinge, die wir heute nie zusagen würden (»Heute hab ich zu viel zu tun!«), verschieben wir gern um einen Monat (»Sicher! Der Kalender sieht noch ganz leer aus!«). Was heute notwendig ist, setzt uns unter Druck, was erst in einem Monat ansteht, ist abstrakt. Wie wir gesehen haben, endet alles so, wenn wir mehr und mehr mit Verpflichtungen überladen sind. Es ist wie mit jemanden, der knapp bei Kasse ist und schließlich Dinge kauft, die er sich nicht leisten kann. Die Waschmaschine, die vor sechs Monaten so verlockend war, weil man zunächst ein halbes Jahr nichts zahlen musste, wird nun zur großen Last.
    Wenn wir aber einmal die Psychologie der Knappheit verstehen, können wir sie zum Guten nutzen. Dass wir eine in der Zukunft mögliche Knappheit nicht wahrnehmen, gibt noch keinen Grund ab, die Psychologie nicht zu unserem Nutzen einzusetzen. Auf eineZukunft ohne Knappheit zuzusteuern war die Grundlage des Programms »Save More Tomorrow«, bei dem die Teilnehmer, die zurzeit nicht zu sparen in der Lage waren, vereinbarten, ihre Sparanstrengungen zu vergrößern, wenn sie mehr Gehalt erhielten. 9 Sie mussten zunächst kein Opfer bringen, sondern erst später in jener undeutlichen Zukunft. Die Ergebnisse waren verblüffend. In einer Firma wählten 75 Prozent derer, denen das Programm angeboten wurde, diese Methode, statt selbst zu sparen. Nur eine Minderheit sprang wieder ab, und nach der dritten Gehaltserhöhung hatten einige ihre Sparrate verdreifacht.
    An dem Programm ist besonders raffiniert, dass etwas, das man erwartet (die Gehaltserhöhung), und etwas, das man gern hätte (mehr Spareinlagen), automatisch verknüpft werden. Ähnlich kann man bei einem Kredit vorgehen. Stellen Sie sich das folgende Gedankenexperiment vor: In einem Versuch, Kredithaie auszubremsen, hat ein US-Bundesstaat die Geldverleiher gezwungen, geringere Gebühren zu nehmen − beispielsweise 25 Dollar statt 50 Dollar für einen Kredit von 200 Dollar. Nehmen wir einmal an, das Geschäft ist immer noch profitabel und überlebt. In einem anderen Bundesstaat wurde das folgende Programm entwickelt: Die Gebühr bleibt bei 50 Dollar, aber nur 25 Dollar gehen an den Geldverleiher, der Rest geht auf ein Sparkonto auf den Namen des Schuldners. Ist dieses Konto auf die Höhe des Kredits (200 Dollar) angewachsen, also nach acht Verlängerungen, muss der Schuldner kein weiteres Geld leihen. Wenn er dann einen Kredit braucht, kann er stattdessen auf dieses Geld zugreifen. Indem 25 Dollar von 50 Dollar an Gebühren zurückgelegt wurden, konnten die Schuldner schnell zu ihren

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