Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
vergraben.
Endlich kommt die Kripo, dachte ich, aber im gleichenMoment kam mir die Situation doch ein bisschen seltsam vor. Wie war Offermann hier hereingekommen? Und wieso benahm er sich so überhaupt nicht professionell?
»Wie bist du hereingekommen?«, stammelte Weiz.
Du?
Offermann lachte verächtlich. »Die Code-Nummer an deinem elektronischen Türschloss ist das Geburtsdatum deiner Tochter, du Idiot. Eins-Zwei-Drei-Vier wäre schwerer zu knacken gewesen.«
Moment, Moment, dachte ich, was läuft denn hier gerade ab?
»Das ist die Stimme …«, flüsterte Lila. Sie war leichenblass geworden und zeigte mit einem zittrigen Finger auf Offermann.
Offermann blickte das Perlhuhn an. »Hatte ich mir doch gedacht, dass du uns belauscht hast. Wo, zum Teufel, hast du dich versteckt, du Miststück?«
»Ich muss ins Krankenhaus«, flüsterte Birgit.
»Lila hat nichts damit zu tun«, rief Weiz.
»Natürlich hat Lila damit zu tun«, zischte Offermann mit mühsam unterdrückter Wut. »Sie hat uns belauscht, als ich dir sagte, dass ich die Erpresserin gefunden habe und sie zum Schweigen bringen würde.«
Jetzt hatte ich völlig den Anschluss verloren. Offermann und Weiz hatten über eine Erpresserin geredet, die Offermann zum Schweigen bringt? War hier etwa unsere Paulina gemeint?
Aber was hatten Offermann und Weiz miteinander zu tun? Wieso wollte der Bulle eine Erpresserin zum Schweigen bringen, die den Pillendreher bedrohte? Und womit erpresste sie ihn eigentlich? Mit unwirksamen oder gefälschten Medikamenten? Also, Paulina erpresst Weiz, der ruft Offermann zu Hilfe und der bringt Paulina um. Verdammte Hacke.
Weiz blickte seine Tochter mit Tränen in den Augen an.
»Er hat gesagt, es sei eine Pflegerin im Haus Sonnenschein«, schluchzte Lila. »Also bin ich dahin und habe versucht, sie zu warnen.«
»Aber du hast sie nicht gewarnt«, sagte Offermann zufrieden.
»Ich kannte ja ihren Namen nicht.« Lilas Worte waren kaum mehr zu verstehen. Sie heulte inzwischen geradezu hysterisch. »Und dann kam plötzlich die Polizei und sagte, Paulina wäre tot.«
»O Gott, Lila, warum bist du nicht nach Hause zurückgekommen?«, fragte Weiz mit kaum hörbarer Stimme.
»Du hast doch mit dem Mörder unter einer Decke gesteckt!«, brüllte Lila.
Birgit streckte die Hand nach der völlig aufgelösten Göre aus, zuckte aber im selben Augenblick zusammen und krümmte sich keuchend.
»Kran-ken-haus«, quetschte sie heraus.
Okay, mir waren die Zusammenhänge zwischen Weiz und Offermann noch nicht ganz klar, aber darüber würde ich später nachdenken. Jetzt musste hier etwas passieren, und zwar ganz schnell, bevor Offermann ein Familiendrama inszenierte und die Anwesenden abschlachtete.
Wo blieb Martin? Und, viel wichtiger: Wo bleiben Karpis Truppen? Martin hatte Karpi ausgerichtet, dass Birgit bei ihren Nachforschungen in eine Falle geraten sei und befreit werden müsste. Er hatte ihm die Adresse von Weiz gegeben und war von Karpi abgehängt worden, bevor er sich verabschieden konnte. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Wenn es ein gutes war, musste die Rettung inzwischen nahen.
Ich schaltete mich ungeduldig raus und traute meinen Augen nicht.
ZWEIUNDDREISSIG
Martin war zwar noch nicht eingetroffen, auch sonst stand auf der Straße kein Auto, von dem ich mir Hilfe erwartet hätte, und bei einem Blick nach links und rechts war auch kein anrückendes SEK zu sehen. Aber stattdessen nahm ich eine Bewegung am Haus wahr. Jemand machte sich am Badezimmerfenster zu schaffen. Dieser Jemand kam mir mit seiner »Verpiss dich, du Wichser«-Attitüde verdammt bekannt vor, auch wenn die kurzen, blonden Haare weiterhin gewöhnungsbedürftig waren. Die Person, die da am Badezimmerfenster herumwurstelte, war – Katrin.
Das Badezimmerfenster war gekippt, Katrin stand auf einem umgedrehten Eimer davor und hebelte an dem offenen Fensterrahmen herum. Die Brechstange machte einen professionellen Eindruck, und mit einem sehr leisen Quietschen kippte das Fenster in Zeitlupe ins Badezimmer, wo es vermutlich gleich in Tausend Stücke zerspringen und einen Heidenlärm veranstalten würde. Aber nein! Katrins Reaktionsgeschwindigkeit war durch jahrelanges Volleyballspiel trainiert. Sie bekam den Rahmen in letzter Sekunde zu fassen und kugelte sich fast die Schulter aus, als sie das Fenster aus dem letzten noch haltenden Beschlag herausdrehte und außen an die Hauswand stellte. Sie stieg vom Eimer herunter und erstarrte.
Vor ihr stand
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