Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
Glückliche?«, fragte Gregor.
Jenny und Gregor kamen als Team gut miteinander aus, auch wenn sie nicht ihre Freizeit miteinander verbrachten. Eventuell auch, weil sie nicht ihre Freizeit miteinander verbrachten. Gregor war außerdem keine Klatschtante, daher wusste er vermutlich nicht allzu viel über JennysPrivatleben. Ich hätte ihm erzählen können, dass es auch nichts Interessantes zu wissen gab, denn Jenny lebte wie eine Nonne. Welcher halbwegs normale Kerl lässt eine Bullenbraut an sein bestes Stück? Eben. Daher war auch ich jetzt ansatzweise neugierig, ob in Jennys Bett neuerdings Leben gekommen war.
»Andy kam vorbei, als ich mit der renitenten Nachbarin im Büro das Protokoll gemacht habe. Ich hatte meine liebe Not mit der Frau, weil sie ständig Geschichten von Paulina als Kleinkind, Paulina in der Grundschule und Paulina beim Krippenspiel erzählte. Andy hat dann mühsam herausgefunden, was sie über den Selbstmord wirklich weiß.«
»Und was weiß sie?«
»Nichts. Bis auf die Sache mit dem Gebot vom lieben Herrgott.«
»Herrgott noch eins«, brummte Gregor wieder. »Und wer war die Verabredung?«
»Na, Andy halt.« Jenny verdrehte die Augen, als sei Gregor schwer von Begriff. »Wir wollten zusammen essen gehen.«
»Wir reden über den Andy? Kollege Offermann?« Wenn Gregor sich darüber wunderte, dass Kollege Andy auf dem Weg ins Wochenende einen Zwischenstopp einlegte, um Jennymaus mit einer umständlichen Zeugin zu helfen, konnte man es zumindest nicht hören.
Jenny wurde wieder rot. »Genau. Da es mit der Zeugin aber immer später wurde und Andy noch zum Junggesellenabschied seines besten Freundes musste, wurde nichts daraus.«
Gregor schüttelte den Kopf. Vielleicht wunderte er sich also doch. Oder er fragte sich, ob ein Junggesellenabschied wirklich besser als eine Runde zipfeln war. Oder er wunderte sich darüber, dass er von Andys Interesse an Jennynoch nichts bemerkt hatte, oder er hatte es bemerkt und wunderte sich nun, dass der Kollege so lange gebraucht hatte, es zu zeigen. Vielleicht hatte er aber auch nur einen steifen Hals, den er mit dem Kopfschütteln lockern wollte – erinnern Sie sich, ich kann Gregors Gedanken leider nicht lesen.
Im Altenheim erfuhren Gregor und Jenny von der Heimleiterin Dr. Wenger, dass Paulina eine höchst zuverlässige Mitarbeiterin gewesen war. Die Schichtführerin erklärte unter Tränen, dass sie selten eine so gute und umsichtige Pflegekraft gehabt hätte, und die Kolleginnen, die im Pausenraum zusammengerufen worden waren, bestätigten die Aussagen. Die Kripos räumten Paulinchens Spind leer und wollten gerade das Heim verlassen, als eine laute Stimme sie zurückhielt.
»Gregor, bist du das?«
Das war das erste Mal, dass ich Susanne Hauschild sah.
Sie kam mit kleinen Trippelschritten auf Gregor zu und blieb in fast zwei Metern Abstand vor ihm stehen. »Wenn das kein Zufall ist – ich habe in den letzten Tagen oft an dich gedacht.«
Gregor nickte ihr zu.
»Ich … äh, gut siehst du aus«, stammelte Susanne, von der ich zu dem Zeitpunkt natürlich nicht wusste, dass sie Gregors Ringtaube war. Oder gewesen war. Oder dass sie überhaupt jemals eine Rolle in Gregors Leben gespielt hatte. Sie war auch überhaupt nicht Gregors Typ. Susanne Hauschild war klein, pummelig und blond. Ihre hellen Augen verschwanden hinter einem fransigen Pony, den sie sich mit der freien Hand alle drei Sekunden aus dem Gesicht strich. Sie trug eine alte Jeans, ein kariertes Hemd und Leinenchucks. Ich hätte sie spontan auf Ende vierziggeschätzt, womit ich, wie ich später erfuhr, fast zehn Jahre über der Wahrheit lag.
Susanne strich sich wieder eine Strähne aus der Stirn, linste zu Gregor hinauf und fragte etwas unvermittelt: »Hast du Zeit für einen Kaffee?«
Gregor lächelte. »Hi Sahne. Leider nicht. Wir sind hier in einer Ermittlung.«
Susanne machte große Augen. »Eine Mordermittlung? Hier? Ist ja …«
Gregor schüttelte den Kopf. »Eine Pflegerin. War wohl Selbstmord. Reine Formsache.«
Susanne runzelte die Stirn und fummelte deutlich hektischer an ihren Stirnfransen herum. »Bitte ruf mich an. Ich muss mit dir sprechen.«
»Hat das mit unserer Ermittlung zu tun?«, mischte sich Jenny ein.
Susanne schien sie jetzt erst wahrzunehmen, taxierte sie von oben bis unten und rang sich ein Lächeln ab. »Äh, nein. Es ist eher – privat.« Sie wühlte in ihrer Tasche nach einem Kärtchen, das sie Gregor in die Hand drückte.
»Ich melde mich«, sagte
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