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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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sie Andy Offermann.
    Offermännchen war keine Beilage, obwohl er so aussah. Beilage nannte ich die Kripos, die nicht allein verantwortlich ermittelten, sondern üblicherweise einemerfahreneren Kollegen zur Seite gestellt wurden. So wie Jenny.
    Offermännchen hingegen war ein erfahrener Cop von Mitte dreißig, also ungefähr im selben Alter wie Gregor, sah aber deutlich jünger aus. Er hatte, ähnlich wie Columbo, diesen Tick mit dem harmlosen Auftreten. Allerdings stellte er sich nicht doof, sondern tat gern so, als seien ihm die Ermittlungen lästig, weil er etwas Besseres vorhätte. Darauf waren schon etliche Leute hereingefallen, zumal er mit seinen langen Haaren, die nach zu viel Sonne und Salzwasser aussahen, den bunten T-Shirts und den abgewetzten Jeans wie ein Surfer aussah, der auf dem Weg zur nächsten, großen Welle lästigerweise von einem Mordfall aufgehalten worden war.
    »Was sagt er?«, fragte Andy ungeduldig.
    »Dass wir die Düsseldorfer Kollegen unterstützen, wenn sie uns darum bitten, uns aber ansonsten komplett aus der Mordermittlung gegen Gregor heraushalten.«
    Offermann schnaubte durch die Nase wie ein Schwimmer, der die Chlorbrühe aus dem Hirn bläst.
    »Aber …« Jennys Augen liefen über. Heulende Weiber sind ja schon schlimm, aber heulende Kripos sind eine Schande.
    Offermann legte ihr die Hand unter das Kinn und blickte ihr tief in die Augen. »Wenn ich irgendetwas für dich tun kann, Jenny, lass es mich wissen.«
    Die Art, wie Jenny sich gegen ihn sinken ließ, ihren Kopf an seine Brust lehnte und ihre Finger in sein T-Shirt krallte, ließ bei mir keinen Zweifel aufkommen, dass sie sich sehr bald bei ihm melden würde.

VIER
    Seit dem Mord an Susanne Hauschild waren inzwischen etwa sechzig Stunden vergangen und seit Gregors Festnahme immerhin zwölf, also sollten wohl die Kollegenschweine, wie Katrin die Jungs treffend genannt hatte, einige Ergebnisse vorzuweisen haben. Ich düste folglich zur Kripo nach Düsseldorf.
    »… es sich um einen Kollegen von der Kripo Köln handelt, werden wir mit größter Präzision vorgehen. Gerade in einem solchen Fall dürfen wir uns keine Fehler erlauben.«
    Der so wichtigtuerisch dahersabbelte, stand in Anzug und Krawatte vor einem Haufen halbwegs wacher Kripos in einem großen Raum mit einem riesigen Besprechungstisch in der Mitte. Auf dem Tisch befand sich ein Chaos aus verschiedensten Kaffeetassen, leeren Keksschachteln, zusammengeknüllten Bäckereitüten und Wasserflaschen. Der Zustand des Raumes legte den Verdacht nahe, dass die Soko Sahne, wie ich den Haufen ungebügelter Bullen nannte, bereits seit einigen Stunden im Dienst war. Oder dass die Raumpflegerinnen sich weigerten, inmitten von blutigen Tatortfotos ihren Job zu tun.
    Ich strich den letzten Verdacht aus meinem Hirn, denn in diesem Fall gab es kein Blut. Die Fotos an den Wänden zeigten Susanne, die offenbar erwürgt worden war, sowieden Tatort aus mehreren Blickwinkeln. Ein paar Detailaufnahmen von auf dem Boden liegenden Gegenständen waren auch dabei. Eine umgefallene Zimmerpflanze, ein einzelner Frauenschuh und – mir stockte der Atem. Auf dem nächsten Foto war etwas, das ich sofort erkannte: Gregors Schlüsselanhänger. Jeder, der Gregor kannte, kannte auch diesen Schlüsselanhänger. Er hatte das Teil gehütet wie seinen Augapfel, und das war nur allzu verständlich, denn es war ein Unikat.
    Das verbeulte Blechding war das Original Typenschild einer Kreidler Mustang 80, Baujahr 1982. Die Maschine war Gregors erster fahrbarer Untersatz gewesen, den er sich im zarten Alter von sechzehn Jahren von seinem eigenen Geld gekauft hatte. Eine Enduro, knallrot und das im wahrsten Sinn des Wortes letzte Zweirad, das von Kreidler verkauft wurde, bevor der Laden dichtmachte. Unter diesem Buchhaltungsposten kam der dicke, schwarze Strich, dann nichts mehr. Der Hobel war zu dem Zeitpunkt, als Gregor ihn kaufte, schon acht Jahre alt und reichlich mitgenommen, aber technisch ziemlich okay. Gregor schraubte besessen daran herum und setzte das Ding instand. Er fuhr es, bis er dreißig wurde. Okay, die letzten Jahre hat er mehr daran geschraubt als darauf gesessen, aber er erzählte die Geschichte von seiner ersten großen Liebe oft und gern und mit so viel Begeisterung, dass niemand maulte, wenn er sie noch einmal zum Besten gab.
    Die Trennung kam in Gestalt eines polnischen Vierzigtonners. Der Fahrer, der sein Handwerk in einer kasachischen Kiesgrube gelernt haben musste, war nach nur siebzehn

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