Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
Perlhuhn mit den kurzen, platinblonden Haaren bemerkt, das hinter dem Raumteiler das Gespräch belauscht hatte.
SIEBEN
29. Juni, Tag 2 nach Gregors Festnahme
Meine Erinnerung hatte keine neuen Erkenntnisse darüber gebracht, ob Gregors DNA, die an Sahnes Leiche gefunden worden war, über oder unter der Gürtellinie lag. Anders gesagt: In meiner Gegenwart hatten die beiden sich zu einem Gespräch verabredet, nicht zu einer heißen Zipfelzeremonie, aber das musste nichts heißen. Manche Dinge ergaben sich einfach, zumal Gregor ein echter Kerl und seine Katrin gerade eine ganze Woche weit weg war. Eigentlich kein Drama. Blöd wird es erst, wenn gleich auf den Koitus der Exitus folgt und die Bullen mit ihren nervigen Fragen um die Ecke kommen. Aber vielleicht war ja gar nichts passiert und Gregors Testosteronpegel war auf treuetauglichem Niveau geblieben.
Ich war also nicht viel schlauer als in dem Moment, in dem ich die Info mit der DNA bei den Düsseldoofern Kripos zum ersten Mal gehört hatte.
Ich düste zu Martin, um ihm zu berichten, welche Beweise die Soko gegen Gregor in der Hand hatte, und fand ihn in trauter Bürogemeinschaft mit Katrin. Beide hockten an ihren Schreibtischen vor ihren Computern, aber niemand arbeitete.
»Ich hatte gar nicht mehr an Susanne gedacht«, sagte Martin gerade. »Es war ja schon so ewig lang her.«
»Warum haben sie überhaupt so früh geheiratet?«, fragte Katrin. »So spießig ist Gregor doch eigentlich gar nicht.«
Martin überlegte. »Es war nicht spießig für ihn, sondern die Chance, endlich eine Familie zu haben.«
Katrin presste die Lippen zusammen.
»Nachdem seine Eltern bei dem Unfall gestorben waren, hat Gregor bei einer unverheirateten Tante gewohnt. Die Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit.«
»Ich weiß«, murmelte Katrin. »Von dieser Prusseliese hat er mir erzählt.«
»Gregor lernte Susanne im letzten Schuljahr kennen. Sie war total anders als alle anderen Mädchen. Sie war ein Hippie, trug geblümte Röcke, ging barfuß und redete dauernd über Gerechtigkeit, Liebe und so Zeug.«
Katrin lachte ungläubig auf. Auch ich konnte mir nicht vorstellen, dass Gregor auf so ein Herzchen abgefahren war, aber offenbar war er damals noch etwas anders gestrickt.
»Auch mit ihrem Vater hat er sich auf Anhieb verstanden. Gregor und Hans waren bald ein Herz und eine Seele. Gregor bewarb sich bei der Polizei, weil Susannes Vater bei der Kripo war. Gregor war also innerhalb kürzester Zeit ein festes Familienmitglied, und das wollte er dann wohl auch richtig offiziell sein. Wieder irgendwo dazugehören, wo er sich wohlfühlte. Da war es irgendwie logisch, dass die beiden heirateten.«
»Wie lang waren sie verheiratet?«
Martin zuckte die Schultern. »Während meines Studiums haben wir uns aus den Augen verloren. Als wir uns wiedertrafen, war das mit Susanne vorbei.«
Beide schwiegen eine Weile.
»Warum will Gregor keinen von uns sehen?«, fragteKatrin. Sie war den Tränen nahe. So hatte ich sie noch nie gesehen.
»Ich habe keine Ahnung.«
»Vielleicht stimmt es ja …«, murmelte sie.
Martin schluckte.
»Hast du Lack gesoffen?«, ranzte ich Martin an. »Gregor hat die Tussi nicht umgebracht.«
»Dann wird die Kripo das herausfinden«, wies er mich in Gedanken zurecht.
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, brüllte ich. »Die sind fest davon überzeugt, ihren Mörder bereits zu haben.«
»Trotzdem müssen wir die Ermittlungen den Behörden überlassen«, entgegnete Martin. »Alles andere wird Gregor nur schaden.«
Dann ließ er die Jalousien runter.
Von Martin war also mal wieder keine Hilfe zu erwarten. Um meinen Informationsbedarf zu stillen, düste ich zurück nach Düsseldorf. Wenn die Kripos dort ähnlich arbeiteten wie die Kölner, fand am späten Nachmittag vermutlich eine letzte Tagesbesprechung statt, da wollte ich dabei sein. Ich musste fast eine Stunde herumtrödeln, bis die Kripos wieder vollzählig versammelt waren, aber dann ging es los.
»Kreidler ist in den letzten Tagen vor der Tat mehrere Male mit dem Mordopfer gesehen worden, und zwar in dem Heim, in dem Susanne Hauschilds Vater lebt.«
»Dort lebt auch Agathagelidis’ Mutter«, meldete sich die Ferrarirote zu Wort. »Vielleicht hat ihr aktueller Lover sie dabei beobachtet, wie sie sich ihrem Exmann an den Hals warf …«
Die Kollegen stöhnten.
»Hat jemand den Vater befragt?«
»Der tickt nicht mehr richtig.«
»Wie steht es mit Kreidlers Alibi?«
»Er hat keins. Im Gegenteil.
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