Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
Vom Netzwerk:
die ›Miami Vice‹-DVD aus dem Regal geholt hatte. Außerdem hatte Birgit inzwischen kapiert, dass Martin den Absender der geheimnisvollen SMS kannte, ihr aber auch in dieser Hinsicht keine klaren Antworten gab. Damit war selbst Birgits fast endloser Geduldsfaden arg gespannt.
    Martin hockte unglücklich vor dem Rechner, weil er sich nicht entscheiden konnte, wie viel er Birgit über mich sagen wollte. Sie wusste nur, dass er so eine Art Medium war und gelegentlich von den Geistern Verstorbener heimgesucht wurde. Von mir wusste sie nichts. Martin wollte, dass das so blieb, ich wollte das Gegenteil. Birgit hingegen wollte einfach wissen, was Martin ihr verheimlichte.
    Es war also schlechte Stimmung im Haus, was mir auf den Sack ging, weil Martin die Horchlöffel, die Sehkugeln und fünfundneunzig Prozent seines Gänsehirns auf dieses zwischenmenschliche Problem konzentrierte. Birgit hingegen hatte die Blicke auf den Bildschirm gerichtet und sich förmlich daran festgesaugt.
    Sahnes Notizen waren umfangreich und chaotisch. Es gab eine Datei namens TODESFÄLLE, eine Datei namens ARZNEI und eine Datei namens NOTIZEN. Martin öffnete die Datei mit den Todesfällen. Zwölf Namen standen darin, jeweils mit Geburts- und Todesdatum versehen. Zwar war es nicht explizit aufgeführt, aber ich ging davon aus, dass es sich um Fälle aus dem Seniorenschlösschen Sonnenschein handelte. Alle Todesdaten lagen zwischen Anfang April und Ende Mai. Okay, ich hatte keine Ahnung, wie viel Schwund in so einem Zombiezwischenlager normal war, aber aufs Jahr hochgerechnet ergab das sechzig Todesfälle. Das hieß, dass fast jeder Dritte mit den Füßen voraus rausgetragen wurde. Das erschien mir dann doch etwas zu viel. Zu dem Schluss waren wohl auch Martin und Birgit gekommen, denn sie blickten einander mit gerunzelten Augenbrauen an.
    Martin öffnete den nächsten Ordner. Aha, Arzneimittel. Das war es doch, was Sahne aus dem Heim geklaut hatte. Listen mit den verschriebenen Arzneimitteln pro Patient. Hier waren allerdings etwa vierzig oder fünfzig Namen und die jeweils verschriebenen Mittelchen aufgeführt, darunter waren immerhin auch die Namen von der Todesliste.
    Die dritte Datei mit den Notizen bestätigte meine Interpretation der ersten beiden Listen. Sahne hatte wild spekuliert, vom Todesengel Paulina Pleve, die schwerst pflegebedürftige Fälle von ihrem Leiden erlöste, bis zu einer von der Heimleitung geplanten Fluktuation, um die Warteliste abzuarbeiten. Auch Till Krämpel kam in ihren Überlegungen vor. Ihm unterstellte sie die Unterschlagung teurer Arzneimittel, um die Pillen auf dem Schwarzmarkt weiterzuverkaufen. Bei einigen Drogen, die ich noch aus meiner Zeit unter den Lebenden kannte, wäre der Preis ein durchaus attraktives Argument gewesen.
    Leider konnten sich Martin und Birgit nicht einigen, was sie mit der illegal erworbenen Datenflut nun anstellen sollten.
    »Wir informieren Jenny«, sagte Martin. »Sie untersucht den Mord an Paulina Pleve, also sollte sie die Daten bekommen.«
    »Keine gute Idee«, entgegnete Birgit ungewohnt schnippisch. »Jenny müsste ihrem Chef erklären, woher sie sie hat. Dann müsste ihr Chef die Kripo Düsseldorf informieren und die würden Jenny die Hölle heiß machen. Und das alles, obwohl wir gar nicht wissen, ob an Susannes Verdächtigungen überhaupt etwas dran ist.«
    Birgit war, ganz gegen ihre Natur, unversöhnlich, und Martin wollte sie nicht noch zusätzlich gegen sich aufbringen, indem er gegen ihre ausdrückliche Meinung handelte, also endete die Diskussion ergebnislos. Toll. Da hatten wir erstklassige, geklaute Daten und dann konnten wir nichts Sinnvolles damit anfangen, weil die Diebe sich zankten wie zwei Rotzlöffel um einen Lolli. Ich hätte kotzen können.
    »Martin, warum fährst du nicht in das Heim und sprichst noch mal mit Herrn Hauschild«, schlug ich vor. »Vielleicht erinnert er sich an den einen oder anderen Namen von der Liste.«
    Birgit schaltete auf stur, also fuhr Martin ohne sie. Ein kleiner Check, den ich fünf Minuten nach Martins Aufbruch bei ihr durchführte, zeigte sie am Tisch sitzend über dem Zettel, den Karpi ihr gegeben hatte. Yuris Name, Adresse, Telefonnummer, was auch immer Karpi mit den Zahlen verschlüsselt hatte, wartete auf die Auflösung. Ich musste mir wohl eingestehen, dass Birgit uns alle reingelegt hatte. Sie war vermutlich längst nicht so sauer, wie sie vorgab, aber durch ihre Schmierenkomödie hatte sie Martin dazu gebracht, sie für

Weitere Kostenlose Bücher