Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
getroffen haben, aber Susanne schien über dieses Wiedersehen ganz froh zu sein, weil sie irgendetwas entdeckt hatte, worüber sie mit Gregor sprechen wollte. Kannst du dir vorstellen, was das war?«
Die Platine blickte zu Boden, durch die Halle, auf denTisch, betrachtete interessiert ihre verkrampften Hände und schluckte ein paar Mal. Dann blickte sie auf.
»Glauben Sie denn, dass das, was Frau Hauschild entdeckt hatte, mit dem Heim zu tun hat?«
Eine klassische Frage, um Zeit zu gewinnen und erst mal Informationen abzugreifen, bevor man selbst welche preisgibt. Die Platine taktierte geschickt.
Birgit trank einen Schluck Kaffee. »Keine Ahnung. Kann sein, muss aber nicht. Wir wissen, dass Frau Hauschild auch noch einer anderen Sache auf der Spur war.«
»Einer Sache auf der Spur?«
»Sie war Journalistin.«
»Ach so.«
Die Platine kaute auf dem Nagel des rechten Daumens, bis Birgit ihr die Hand auf den Arm legte. »Also, du hast doch eine Idee, oder?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, was Frau Hauschild von Ihrem Freund wollte. Ich weiß auch nicht, ob diese Sache damit zu tun hat …«
»Welche Sache?«, fragte Birgit.
Die Platine blickte sich um, als habe sie Angst, belauscht zu werden. »Na, erst hat der Tod von Paulina hier alles durcheinandergebracht, dann wurde Frau Hauschild, also die Tochter eines Bewohners ermordet und jetzt ist noch Herr Krämpel spurlos verschwunden.«
EINUNDZWANZIG
Birgit rief Jenny vom Auto aus an.
»Hast du schon gehört, dass der Hausapotheker des Altenheims verschwunden ist?«
»Na und? Ich bin nicht die Vermisstenstelle.«
Birgit rollte die Augen, blieb aber weiter freundlich. »Natürlich nicht, Jenny. Aber es ist doch seltsam, dass in diesem Altenheim erst eine Pflegerin ermordet wird …«
»…was nicht bewiesen ist. Nach fast siebzig Jahren kann der Fensterkitt einer Speichertür einfach mal spröde werden.«
»… nach dieser Pflegerin wird die Tochter eines Bewohners, die als Journalistin offenbar einer heißen Story auf der Spur war, ermordet und dann verschwindet der Mann, der für die Verteilung der Arzneimittel zuständig ist. Alles Zufall?«
Jenny seufzte. »Ich kümmere mich darum, sobald ich kann.«
Ich traute Jenny nicht, also schaltete ich mich rüber ins Präsidium, um zu sehen, ob sie ihr Versprechen hielt. Die Formulierung »sobald ich kann« war reichlich schwammig, das konnte auch erst in zwei oder drei Wochen der Fall sein, weil Jennymaus bis dahin zu viel zu tun hatte.Meine Ahnung sollte mich nicht trügen, denn als ich ankam, nahm Jenny gerade ihre Handtasche vom Stuhl und verließ das Büro.
Ich folgte ihr misstrauisch und war erstaunt, als sie ihren Wagen auf den Besucherparkplatz der Weiz Pharma AG lenkte. Sie meldete sich am Empfang und bat, Herrn Weiz persönlich sprechen zu dürfen. Erst nach mehrmaligem Hinweis auf ihre offizielle Mission als Kommissarin der Kripo Köln wurde sie bis ins Vorstandssekretariat vorgelassen. Die Tussi, die ihren Boss vor der bösen Außenwelt abschirmte, hätte auch als Model keine schlechten Chancen gehabt. Sie ließ sich Jennys Ausweis zeigen und bot ihr etwas zu trinken an. Jenny lehnte ab.
»Ich möchte nur zu Herrn Weiz, sonst nichts, danke.«
Jenny musste weitere fünf Minuten warten, bis endlich die Tür aufging und der Langweiler im blauen Anzug sie in sein Büro bat. Jenny nahm vor dem Schreibtisch Platz und holte tief Luft.
»Herr Weiz, es tut mir schrecklich leid, aber ich glaube, dass Ihre Tochter heute Opfer eines Verkehrsunfalls wurde. Ich benötige DNA-Proben von ihr für die offizielle Identifizierung.«
Weiz wurde von einem Moment auf den anderen so weiß, wie ich es bei einem noch lebenden Menschen nie für möglich gehalten hätte.
»Tot? Aber …«
»Trinken Sie einen Schluck Wasser«, sagte Jenny und zeigte auf das Glas auf seinem Schreibtisch.
Weiz trank wie ferngesteuert.
»Ein Verkehrsunfall, sagten Sie?«, stammelte er. »Aber wie … wo?«
»Bitte, Herr Weiz, ich benötige die Haarbürste Ihrer Tochter für die Identifizierung. Könnten wir jetzt zu Ihnen nach Hause fahren und sie holen?«
»Nein.«
Jenny stutzte. »Nein? Aber das ist leider notwendig …«
»Ich identifiziere meine Tochter selbst.«
»Das ist nicht üblich«, wandte Jenny nervös ein und plinkerte ein paar Tränen weg. Vermutlich hatte sie Schiss davor, gemeinsam mit dem Herrn Papa im Keller der Rechtsmedizin einen Heulkrampf zu bekommen. »Eine Identifizierung wird heute immer
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