Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
Kollegen«, erwiderte der Schnösel.
»Wenn jetzt alles auf Frau Zang hindeutet, warum sitzt Kreidler dann immer noch im Knast?«, fragte Lilimaus.
Stein warf sich in die Brust und grinste. »Weil er gestanden hat.«
FÜNFUNDZWANZIG
Gregor hatte gestanden?
Er war nach nur zehn Tagen im Knast offenbar vollkommen durchgeknallt. Mit dem Geständnis von Gregor in der Tasche war die Soko auf jeden Fall auf der falschen Spur und würde auch nicht mehr auf den richtigen Weg finden. Entweder glaubten sie Gregor, dass er seine Ex abgemurkst hatte, oder sie glaubten, dass er Katrin schützen wollte. Aber an Susanne und ihren Laptop dachte offenbar niemand mehr. Dabei hatten wir jetzt sogar zwei Spuren, die es zu verfolgen galt. Eine Hackerhöhle in Karpis Club, der Sahne möglicherweise kurz vor ihrem Tod auf die Spur gekommen war, und die seltsame Häufung von Todesfällen im Altenheim. Denn, dieser Gedanke kam mir plötzlich und unerwartet, vielleicht hingen die beiden Todesfälle überhaupt gar nicht zusammen? Vielleicht hatte Paulina Krämpel bei seinen Arzneideals überrascht und war von ihm gekillt worden und Susanne war Karpi irgendwann auf die Schliche gekommen und dem fetten Grünfutterjunkie zum Opfer gefallen. Reiner Zufall, dass beides zeitlich eng zusammenlag und Gregor sowohl mit der einen als auch mit der anderen Sache in Berührung gekommen war.
Ich schaltete mich ins Institut zu Martin und Katrin. Normalerweise gab es in ihrem Büro positive vibrations , aber heute war, wie in den letzten zehn Tagen schon, die Luft zum Schneiden dick. Der Vulkan Katrin stieß Schwefelwolken aus, die die Luft verpesteten, und Martin schwankte zwischen hysterischem Anfall und tiefster Depression.
»Gregor hat gestanden«, eröffnete ich ihm.
Martin verfiel in totale Bewegungslosigkeit. Das bedeutete, dass er mitten im Satz seines Diktates stoppte und mit offenem Mund auf den Bildschirm starrte. Es dauerte eine Weile, bis Katrin bemerkte, dass etwas nicht in Ordnung war.
»Gregor hat gestanden«, flüsterte Martin auf ihre Frage, was los sei.
Katrin zuckte die Schultern. »Gut. Dann hören die blöden Bullen endlich auf, in meinen Angelegenheiten herumzuschnüffeln.«
Martin und ich haben wirklich wenige Gemeinsamkeiten, aber jetzt waren wir beide geschockt.
»Katrin, du glaubst doch nicht wirklich …«, begann Martin, aber Katrin schüttelte den Kopf.
»Das Thema Gregor Kreidler ist für mich erledigt. Bitte erwähne diesen Namen nie wieder in meiner Gegenwart.«
Was sollte man denn davon halten? In unser Gedankenvakuum klingelte Martins Telefon. Mechanisch nahm er ab.
»Hey, ich habe Neuigkeiten über deine Arzneiverordnungslisten.«
Aha, Doktor Steinhauer.
»Treffen wir uns nach Feierabend?«
Martin nannte einen vietnamesischen Imbiss, in dem er gern Zeug futterte, mit dem ich nicht mal mein Kaninchen foltern würde, und machte sich auf den Weg.
Der Herr Doktor war bereits da.
»Einige der Patienten kenne ich ja, das habe ich dir bereits erzählt. Ich habe mir ihre Krankenakten angesehen und diese mit anderen Fällen aus meiner Praxis verglichen.«
»Aha.«
Ein kleines Schlitzauge kam an den Tisch, nahm Martins Bestellung über Jasmintee und irgendein Zeug entgegen, das andere Leute als Gründüngung verwenden, und huschte durch den Perlenvorhang in die Küche.
»Natürlich kann ich nicht sagen, was in dem Heim mit den Patienten oder mit den Medikamenten passierte. Mir ist allerdings etwas aufgefallen, das aber mit dem Heim nicht viel zu tun hat.«
Nun spann uns nicht auf die Folter, Fettsack, dachte ich, wofür ich natürlich einen Rüffel von Martin kassierte. Er kann fachlichem Gesabbel bis zur Besinnungslosigkeit lauschen, ob die Leute nun in ihrer Geschichte vorankommen oder nicht.
»Jedes Detail kann wichtig sein«, ermahnte Martin mich.
»Ja, dann her mit den Details«, schlug ich vor.
»Du kennst die Situation im Gesundheitssystem?«, fragte Doc Andy.
Martin stutzte. »Nicht als Insider«, sagte er. »Ich habe eher mit der Strafverfolgung zu tun als mit den Behörden des Gesundheitssystems.«
»Natürlich.« Der Doc saugte an seinem Bier, das das kleine Schlitzauge vor ihm auf den Tisch gestellt hatte.
»Also, das Einzige, was im Gesundheitssystem seit Jahren zählt, ist die Ausgabenbegrenzung. Um die Gesundheit der Patienten geht es schon lange nicht mehr. Die lästige Pflicht zur Behandlung oder gar Heilung ist im Grunde nur ein Störfaktor, den die Bosse am liebsten abschaffen
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