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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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würden.«
    Ein weiterer Schluck aus dem Glas, ein Wink zur Theke, um das nächste zu bestellen.
    »Bei den Ärzten kann man kürzen, wie man will, uns bleibt nicht viel anderes übrig, als mitzuspielen. Nach zehn, zwölf Jahren Studium und Facharztausbildung sagt keiner von uns: Danke, das war’s, ich such mir einen korrekt bezahlten Job, richtig?«
    Martin nickte unglücklich. Er hasste Tiraden dieser Art, aber er konnte den Kurpfuscher schlecht unterbrechen, weil er ja etwas von ihm wollte. Also lauschte er weiter und nippte derweil an seinem Jasmintee. Cholesterinfrei, zuckerfrei, glutenfrei, alkoholfrei, antiallergisch.
    »Bei den Arzneimitteln würden die Kassen am liebsten ebenso kräftig sparen, aber die Pharmalobby ist verdammt stark. Statt also den großen Markenherstellern explizit ans Bein zu pinkeln, haben sie sich eine neue Strategie ausgedacht. Ärzte dürfen inzwischen nur noch Wirkstoffe verschreiben und die Apotheker sind verpflichtet, das billigste Medikament mit eben jenem Wirkstoff herauszugeben. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber zu den Ausnahmen gehörten unsere Patienten offenbar nicht.«
    Martin nickte.
    »Die meisten Patienten, deren Verordnungsblätter du mir gezeigt hast, litten an den üblichen Leiden des Alters. Bluthochdruck, Herzkreislauf, Diabetes. Manche hatten zusätzliche, spezifische Krankheiten, aber der kleinste gemeinsame Nenner sind diese drei Gebrechen.«
    Martin nippte am Tee, schaute aber interessiert über den Rand des Glases. Nickte wie ein Wackeldackel.
    »Die Arzneimittelverordnungen sehen entsprechend aus, alle Patienten von deiner Liste müssten drei preiswerte Medikamente genommen haben, die üblicherweise bei einer Verschreibung der entsprechenden Wirkstoffe abgegeben werden. Ich habe sie aufgeschrieben.«
    Der Doc griff in seine Sakkotasche, zog ein Papier hervor und legte es vor Martin auf den Tisch. Dann killte er das zweite Bier.
    Martin klappte das Notizzettelchen auf und starrte auf die drei Arzneimittelnamen.
    »Danke sehr«, murmelte er.
    In seinem Hirn bewegte sich die gerade gehörte Information im Kreis und fand keinen Haken, an dem Martin sie ordentlich hätte aufhängen können.
    »Was könnte das bedeuten?«, fragte Martin also nach einer Weile, in der sein Studienkollege ein weiteres Bier geordert hatte. Offenbar war das Medizinerdasein so grausam, dass der Kerl sich schon am frühen Abend die Birne zulöten musste.
    »Bisher waren meine Ausführungen nicht viel mehr als die Analyse der Informationen, die du mir gegeben hast«, schlaumeierte Steinhauer selbstgefällig. »Jetzt kommen mögliche Interpretationen. Ab sofort ist also alles, was ich sage, reine Spekulation.«
    Martin nickte wieder.
    »Wenn diese Leute mit den jeweils aufgeführten Krankheiten eins oder mehrere dieser drei Mittel – ich nenne sie mal Basisarznei – nicht bekommt, wird das fatale Auswirkungen haben, und zwar schon bei denen, die keine zusätzlichen Pillen schlucken. Richtig gefährlich wird es aber für diejenigen, die noch weitere Mittel nehmen. Beispiel: Eine Asthmapatientin nimmt ein bronchial relaxierendes Medikament, das neben der gewünschten Wirkung auch zu Herzrhythmusstörungen führt.«
    Martin machte ein schnaubendes Geräusch, das man als bitteres Lachen interpretieren konnte, wenn man ihn besser kannte. Steinhauer blickte irritiert.
    »Ich kenne die Stoffgruppe«, erklärte Martin. »Das Zeug hat starke anabole Wirkung, ist als Dopingmittel geächtetund hat es in dieser Eigenschaft zu recht zweifelhaftem Medienruhm gebracht. Wir bekommen auch immer mal wieder Spitzensportler auf den Tisch, bei denen wir nach genau diesem Zeug suchen.«
    Steinhauer grinste. »Genau. Doping im Altenheim. Mal was Neues.«
    Martin überlegte mit kraus gelegter Stirn. »Du meinst also, wenn diese zusätzlich belasteten Patienten ihre Basisarznei nicht bekommen, werden die Nebenwirkungen der anderen Wirkstoffe sie früher oder später umbringen.«
    »Das gilt auch für diejenigen, die nur die drei Basismittel nehmen, aber gefährlicher ist es für die anderen.«
    »Aber warum sollten sie ihre Basisarznei nicht bekommen?«, murmelte Martin. »Das ist ja kein Zeug, das man klaut und auf dem Schwarzmarkt vertickt.«
    Steinhauer orderte das nächste Bier und beugte sich konspirativ zu Martin. »Ich bin begeisterter Krimileser und habe daher sicher ein besonderes Talent für derartige Spekulationen.«
    Wieder dieses selbstgefällige Grinsen, das ich ihm gern aus der Visage geprügelt

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