Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
wusste nicht, dass Krämpel gefesselt und geknebelt in Yuris Wohnung gelegen hatte und nun beide verschwunden waren, und sie hatte noch nicht einmal Zugang zu Sahnes Daten. Entweder musste Martin sie auf die Spur setzen oder selbst endlich aus dem Quark kommen, sonst säße Gregor an Weihnachten noch im Knast. Ich machte mich also auf zu meinem super Teampartner, um ein paar ernste Worte mit ihm zu wechseln.
Wie es aussah, war ich nicht der Einzige, der ein ernstes Wörtchen mit Martin zu reden hatte. Birgit stand mit hochrotem Gesicht vor ihm und schrie ihn an.
»… nicht endlich sagst, woher du immer diese Informationen hast, dann kann ich nicht länger mit dir zusammenleben.«
Martin war bleich wie die Küchenwand, an der er lehnte, weil seine eigene Kraft offenbar nicht mehr zum aufrechten Stehen ausreichte.
»Wie kann es sein, dass du weißt, was in der Wohnung von diesem Yuri vor sich geht, wo wir noch nicht einmal die richtige Klingel gefunden haben?«
»Ich …«
»Wer spricht da mit dir?«
Diese ständige Wiederholung desselben Themas ging auch mir auf den Sender, aber ich konnte mich jedes Mal wegschalten, wenn es mir zu doof wurde. Martin hingegen musste die Diskussion immer wieder und wieder und wieder durchstehen. Na, selbst schuld.
»Martin, wir sollten jetzt langsam ernst machen und Gregor aus dem Knast holen«, flötete ich, um den Stresspegel gleich noch ein paar Striche weiter zu erhöhen.
Martin stöhnte. Laut.
»Ach, mehr hast du dazu nicht zu sagen?«, fragte Birgit.
»Ich meinte doch nicht dich«, jammerte Martin.
»WEN. DENN. SONST?«, brüllte Birgit.
»Sag’s ihr!«, brüllte ich.
»Er heißt Pascha«, brüllte Martin.
Birgit und ich waren so erschrocken, dass wir von einer Sekunde auf die andere schwiegen.
»Wie bitte?«, fragte Birgit leise.
Martin ließ sich an der Wand entlang auf den Boden sinken, legte den Kopf auf die Knie und heulte.
Birgit starrte auf ihn hinunter und wusste offenbar nicht, ob sie lachen oder mitheulen sollte. Ich war gespannt, ob er ihr die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit erzählen würde, und hielt die Luft an.
»Bitte lass uns die Details später klären«, flüsterte Martin. »Im Moment geht das über meine Kraft. Aber ich verspreche dir, dass ich dir die ganze Geschichte von Anfang an und ausführlich berichte. Nur nicht jetzt.«
Birgit hockte sich vor Martin und nahm ihn in den Arm. »Ist ja gut. Entschuldige, dass ich so geschrien habe.«
Martin schniefte.
»Wann?«, fragte Birgit.
»Sobald Gregor aus dem Gefängnis kommt«, sagte Martin.
Birgit streckte ihm die Hand hin und Martin schlug ein. Ein Grund mehr, meinen Lieblingsbullen schnellstmöglich aus dem Knast zu holen.
Ich düste nach Düsseldorf, um den Stand der Dinge zu erfahren, und landete schon wieder mitten in einer Besprechung. Inzwischen wunderte es mich nicht mehr, dass die Soko keinen vernünftigen Verdächtigen fand, wenn sie ständig in einem schlecht gelüfteten Raum zusammenhockte und dummes Zeug laberte.
»… stelle mir das so vor«, sagte Stein gerade. »Katrin Zang hatte sich vor ihrem Urlaub mit Kreidler gestrittenund den Verdacht, dass er sich während ihres Urlaubs mit einer anderen Frau trifft. Sie fährt also am Tattag nach Köln, sieht ihn mit seiner Ex, folgt den beiden und tötet Frau Hauschild. Dann holt sie einen Kaffeebecher aus Kreidlers Wohnung und deponiert ihn in der Wohnung des Opfers.«
Lili Leuchtfee schüttelte den Kopf. »Was macht das Typenschild in der Wohnung von Frau Hauschild? Woher kommen die DNA-Spuren von Kreidlers Jeansjacke unter den Fingernägeln des Opfers? Und warum sollte die Zang zwar den Kaffeebecher in die Wohnung bringen, aber die Jeansjacke an ihren eigenen Kleiderhaken hängen?«
»Die Haut- und Stoffspuren von Kreidler selbst und seiner Jacke kamen beim Bodycheck mit dem Opfer unter ihre Fingernägel, ist doch logo«, nuschelte Keller. »Und sein Typenschild hat er bei dieser oder einer früheren Gelegenheit in ihrer Wohnung verloren.«
»Der Kilometerstand auf dem Tacho von Frau Zang lässt eine Fahrt nach Köln durchaus zu, wie wir seit gestern wissen«, ergänzte Stein. »Zumindest, wenn sie ihre beruflichen Kilometer korrekt abrechnet.«
»Und wenn das Fahrtenbuch, das sie für ihren Job führt, nicht ganz korrekt …«, warf Lili Leuchtfee ein.
»So wie deins?«, nuschelte Keller mit einem anzüglichen Grinsen.
»Die Kilometerangaben sind plausibel, vor allem in Vergleich mit denen ihrer
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