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Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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einfach nicht zu Ende denken.
    Ich hab nicht gut genug auf sie aufgepasst.
    Also konnten mir nichts, dir nichts diese beiden Arschlöcher kommen und sie nach Herzenslust vergewaltigen, fast eine ganze Nacht lang, unten im Keller, in ihrem eigenen Laden.
    Jetzt schläft sie. Es ist Mittwochabend, acht Uhr, und Carla schläft seit knapp sechs Stunden. Sie liegt auf meinem Sofa, ich sitze daneben und halte ihre Hand. In vier Stunden ist Mitternacht. Genau jetzt vor vierundzwanzig Stunden hat Carla ihr Café von innen zugeschlossen und nicht mitgekriegt, dass zwei Typen es kaum erwarten konnten, ihre dreckigen Hände an eine Frau zu legen.
    Bescheuerte Zahlenspiele haben mir schon als Kind geholfen, wenn es besonders schlimm war. Erst mal was durchzählen. Je mehr Zahlen, desto weniger Gefühl. In den ersten Monaten nach dem Abend, an dem mein Vater sich eine Kugel in den Kopf gejagt hat, habe ich ganze Nächte an irgendeinem Scheiß rumgerechnet.
    Was genau gestern Nacht passiert ist, weiß ich noch nicht. Ich hoffe, ich kriege Carla schnell dazu, eine Aussage zu machen. Die Kollegen vom Dezernat für Sexualdelikte hab ich schon informiert, die werden sich erst mal den Keller vornehmen. Aber ohne Carlas Aussage können die nicht richtig anfangen zu arbeiten.
    Ich stehe auf, ziehe die Vorhänge zur Seite und lasse den Abend rein. Es hat locker noch zwanzig Grad. Draußen schlurfen und klackern Legionen von Flip-Flops und Holzpantoffeln übers Kopfsteinpflaster, ungefähr alle zehn Sekunden wird eine Bierflasche geöffnet, und die Vögel singen sich ihr kleines Gehirn aus dem Kopf. Ein paar Fenster weiter dudelt ein ganz alter Song. Alles ist noch genauso schön wie immer, weich und bunt und schmuddelig, und doch ist es nichts mehr wert.
    Es ist nur noch ein Haufen Scheiße.

Wasser marsch
    I ch stehe am offenen Wohnzimmerfenster, trinke Kaffee und schau mir den Morgen an. Es ist kurz nach sechs. Der Himmel ist von einem sehr hellen Blau, und die wackeligen alten Antennen auf den Häusern gegenüber recken sich ihm wie dünne Ärmchen entgegen. Die Sonne ist schon da, setzt einen leisen Schimmer auf die Dächer. Sie braucht noch eine Viertelstunde, bis sie kracht, dann aber richtig und durch bis zum Abend. Ich hole tief Luft und merke nichts. Normalerweise zischt die norddeutsche Luft morgens ein bisschen im Hals, weil sie immer einen Tick kühler ist, als man erwartet. Aber heute Morgen geht das so weich rein, das ist ein Lüftchen aus Seide.
    Ich weiß gar nicht mehr, wie lange ich darauf gewartet habe. Endlich nicht mehr frieren. Dieses blöde Gezitter immer. Und jetzt ist es so weit, jetzt ist endlich Sommer, und ich bin doch wieder am Zittern. Kommt diesmal aber von innen.
    Carla liegt auf dem Sofa und schläft. Seit über sechzehn Stunden. Wobei: Die Wasserflasche, die ich ihr hingestellt habe, ist leer. Wenn ich Carla so ansehe, bricht es mir das Herz. Ich würde mich gerne zu ihr aufs Sofa quetschen. Oder mich zumindest rund um die Uhr an ihre Seite setzen.
    Klatsche sagt, ich soll sie in Ruhe lassen.
    »Lass sie einfach schlafen«, hat er gesagt, »Carla ist ein schlaues Tier, die hat gute Instinkte. Die weiß immer selbst am besten, was sie braucht.«
    Ich gehe zu ihr rüber, streiche ihr vorsichtig übers Haar, gehe wieder ins Schlafzimmer und krieche noch mal zu Klatsche ins Bett, mein Herz aufwärmen. Er knurrt ein bisschen, wälzt sich zu mir rüber und deckt mich fast zu mit seinem Oberkörper. Ich sehe ihn an. Den ehemaligen Einbrecherkönig. Den Mann mit dem besten Schlüsseldienst der Stadt. Den Jungen, der irgendwie immer noch den lieben langen Tag über den Kiez zieht, so wie er’s früher gemacht hat. Er dreht zwar keine Dinger mehr, er lebt nicht mehr in der Unterwelt, aber so richtig verlassen hat er sie auch nie. Vielleicht hänge ich deshalb so an ihm. Er ist mein Draht zu einer Welt, die mich anzieht wie den Teufel das Fegefeuer, aber ich darf diese Welt niemals wirklich betreten. Ich bin nicht die Einzige, die den Verdacht hat, dass ich dann die Seiten wechseln würde. Der Faller hat das schon immer gesagt. Dass ich eigentlich ein Gauner bin, ein Ganovengehirn. Manchmal denke ich, dass das passiert, wenn man zu früh keine Eltern mehr hat. So was kann auch mal schiefgehen.
    Klatsches struppige dunkelblonde Haare, seine kräftige Stirn, die hohen Wangenknochen, die gefährlich geschwungenen Lippen, die Sommersprossen auf der Nase. Um seine Augen herum knistern ein paar Fältchen. Zu viel in die

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