Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
Vom Netzwerk:
mich allein gelassen? Damit Sie sich in Ruhe mit dem Ordnungsamt anlegen können? Wenn Sie Streit suchen, den können Sie echt einfacher haben!«
    Ich bin aufgeregt. Ich bin nicht oft aufgeregt.
    »Ihre Nase läuft«, sagt er.
    »Nein«, sage ich.
    »Doch«, sagt er.
    Er greift in seine Hemdtasche, holt ein frisches Stofftaschentuch raus und hält es mir hin. Es ist gebügelt. Ich nehme es und putze mir die Nase.
    »Ich wasch das und bring das die Tage vorbei, okay?«
    Er nickt, setzt seinen Hut wieder auf, nimmt seine Angel und wirft sie aus. Diese verdammte Angel.
    »Das ist doch alles eine blöde Scheiße hier«, sage ich und sehe zu, dass ich Land gewinne. Soll der Faller doch angeln, bis er schwarz wird. Er sagt noch irgendwas, aber ich höre nicht mehr hin.
    Auf Höhe der Landungsbrücken sehe ich, dass am Horizont dunkle Wolken aufziehen. Als ich am Millerntor vorbeilaufe, kommt Sturm auf. Kurz bevor ich zu Hause bin, donnert es. Als ich neben Klatsche bei Carla sitze, blitzt es, und dann donnert es direkt über unseren Köpfen, und dann fallen auch die ersten Tropfen.
    In genau diesem Augenblick wacht Carla auf.
    Sie streckt sich, sie setzt sich hin, sie zieht die Beine an ihren Körper, sie streicht sich die Haare aus dem Gesicht. Die Schwellung an ihrem Auge ist ein bisschen zurückgegangen, an der Stelle blüht jetzt ein amtliches Veilchen, ihre Lippen und ihre Nase sind verkrustet.
    »Hast verdammt lange geschlafen«, sagt Klatsche.
    Carla sieht uns an. Ihr Blick ist so finster wie der Himmel, und sie sagt: »Kann ich bitte ein Bier und eine Zigarette haben?«
    Draußen fallen riesige Tropfen, die innerhalb kürzester Zeit so viele werden, dass ein Teppich aus Regen aus den Wolken stürzt. Weil keiner von uns aufsteht und das Fenster zumacht, dauert es keine Minute, bis das Wasser in meinem Wohnzimmer steht. Manchmal passt das Wetter so aalglatt zum Leben, dass man kotzen könnte.

Man muss so ein Schwein schnell töten. Wenn es Zeit hat, Adrenalin auszuschütten, schmeckt das Fleisch bitter.
    Damit nichts verdirbt, sollte man es sofort ausnehmen, die Innereien häckseln und entsorgen. Vor der Leichenstarre dann an den Füßen aufhängen und ausbluten lassen, das Blut am besten in einer großen Wanne auffangen und Blutwurst daraus machen. Zu viel Eiweiß verstopft die Fettpfanne im Abfluss, das ist unschön. Das Fleisch der Extremitäten vom Knochen lösen und in den Fleischwolf geben, die Röhrenknochen mit der Knochensäge zerkleinern und entsorgen. Rumpf in zwei Hälften teilen und eine gute halbe Stunde abhängen lassen.
    Die Filets, die Brust und den Bauch vom Knochen lösen und in Rotwein einlegen.
    Die Rückenscheiben mit Olivenöl und vielen aromatischen Kräutern marinieren.
    Aus dem Hackfleisch am besten Würste machen, pikante Bratwürste oder Salsiccia: mit Muskatblüte, Piment, Rosmarin, Chili, Salz, schwarzem Pfeffer.
    Die Rotweinfilets mit Tomaten geschmort ergeben ein herrliches Ragout.
    Die Rückenscheiben am besten grillen oder in der Pfanne braten.
    Drecksäcke
    W ir sitzen im Präsidium, im Büro einer Kollegin vom Kommissariat für Sexualdelikte. Die Kollegin ist gut. Sachlich aber vorsichtig. Sie zerrt nicht an Carla rum. Ich halte mich im Hintergrund, am Fenster, ich versuche nicht aufzufallen. Ich will die Kollegin nicht bei ihrer Arbeit stören. Außerdem habe ich das Gefühl, überflüssig zu sein. Ich glaube, ich hätte gar nicht mitkommen müssen. Carla wirkt so wahnsinnig souverän. Sie erzählt von der Vergewaltigung, als würde sie ein Rezept für Kartoffelsalat runterrattern:
    Sie hatte gerade ihren Laden abgeschlossen, um kurz nach acht, und ist nach hinten in die Küche gegangen, die Abrechnung machen, so wie jeden Abend. Während sie ihr Geld zählte, standen plötzlich zwei Typen im Türrahmen. Einer groß und kräftig, dreißig bis fünfunddreißig Jahre alt, dunkelblonde, kurze Haare, kantiges Kinn, Aknenarben, kariertes Hemd, schwarze Jeans, knollige Nase, schmale Lippen. Der andere war eher klein und drahtig, vierzig bis fünfundvierzig Jahre alt. Er hatte rötlich blonde, etwas längere Haare und einen stoppeligen Bart, er trug ein grünes T-Shirt, eine helle Hose, eine auffällig ungeputzte Brille, und er schielte auf dem rechten Auge. Die hatten eine Stunde zuvor beide noch an ihrer Theke gesessen, waren dann aber auf einmal verschwunden. Carla war davon ausgegangen, dass die Typen die Zeche geprellt hatten und abgehauen waren, als sie in der Küche war. Sie

Weitere Kostenlose Bücher