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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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hätte sie auch dann als Nachtsucherin ausgewiesen, wenn sie nackt in der Landschaft gestanden hätte. Ihre hellen Lippen hoben sich kaum von der Haut ab, die so bleich war, dass sie einem Osadro hätte gehören können. Dafür war das streng zurückgebundene Haar schwarz wie die Nacht.
    »Ihr seid ein Kind des dreifachen Neumonds«, stellte er fest. Wer in solchen Nächten geboren wurde, war für die Schattenherren besonders interessant und brachte es oft weit in der Hierarchie des Kults. Eine Geburt in völliger Abwesenheit des die Magie dämpfenden Mondlichts prägte nicht nur den Körper, sondern erlaubte auch dem Geist einen intuitiven Blick in die Wirklichkeit hinter dem Greifbaren. Etwa die Hälfte dieser Kinder überlebte den daraus resultierenden Wahnsinn nicht. Die andere nutzte ihn für finstere Zauberei. Dadurch hatte sie einen Vorsprung vor Magiern, die zu anderen Zeiten geboren waren und sich erst mühsam durch komplizierte Studien quälen mussten, um ihren Verstand scheibchenweise an die verborgenen Kräfte zu verfüttern.
    »Ich bin Nachtsucherin Jittara«, erwiderte sie, und ihre Stimme war frostiger als der Wind über dem Schnee. »Und Ihr seid vermutlich dieser General, dessen Ankunft mir gemeldet wurde. Wie war noch Euer Name? Ich habe ihn mir nicht gemerkt.«
    »Bren Stonner.« Er legte die Hand an den hölzernen Griff, der an einer über die Schulter gelegten Kette hing, ohne sich um die Anspannung der Gardisten zu kümmern. Jittara warsicher klug genug, um zu erkennen, dass es sich um einen Morgenstern handelte, dessen Stachelkugel an seinem Schulterblatt ruhte. Mit dieser hätte er ihren Schädel zu Mus schlagen können, ohne dass ihre Spielzeugkrieger etwas dagegen hätten tun können.
    »Was fällt Euch ein, Euren Köter mit hierherzubringen?«
    Bren kraulte Sutors Fell. »Tiere scheinen hier beliebt.« Er ließ seinen Blick über die jungen Hunde schweifen. »Noch ein wenig zwangloses Spiel für die Adepten, bevor sie den Dienst in den Schatten antreten?«
    Ein grausames Lächeln kräuselte Jittaras Lippen. »Im letzten Jahr ihrer Ausbildung haben sie jeden Tag mit diesen Hunden verbracht. Schon als Welpen haben sie ihnen Milch gegeben. Nachts haben sie in einem Bett mit ihnen geschlafen, sich gegenseitig gewärmt. Wenn die Dämmerung kommt, werden sie sie erdrosseln. Ihre Gabe an die Schatten.«
    Jetzt verstand Bren, warum einige Adepten über ihre Wangen rieben. Sie wollten ihre Tränen verbergen. »Manchen scheint es schwererzufallen als anderen.«
    »Nicht jeder entdeckt die Finsternis in seiner Seele mit Leichtigkeit. Aber wer ein Seelenbrecher sein will, der muss wissen, wie es sich anfühlt, wenn eine Seele bricht. Schließlich sollen sie die Hingabe der Gläubigen entfachen und – wenn sie auf verstockte Untertanen treffen – auch einfordern.«
    Bren nickte bedächtig. »Glaubt mir, ich kenne den Pfad der Finsternis.«
    »Tatsächlich?« Jittaras Stimme troff vor Herablassung. »Nun ja. Vielleicht kann man wirklich von einer gewissen Ahnung sprechen. Zweifellos habt Ihr den Schatten im Rahmen Eurer etwas …«, sie sah auf seine Faust, die noch immer den Griff gefasst hielt, »… groben Möglichkeiten gut gedient.«
    »Wisst Ihr«, schwer legte er die Hand, mit der er gerade noch Sutors langes Fell gekrault hatte, auf ihre schmale Schulter und freute sich an den unwilligen Falten, die daraufhin ihre Stirn furchten, »mir ist wohlbekannt, welche Opfer der Kult fordert. Meine Mutter war eine Seelenbrecherin. Als sie zu einer Dunkelruferin wurde, hielt man es für angebracht, von ihr zu fordern, ihr Kind fortzugeben.«
    »Das war sicher schwer für Euch«, ätzte sie. »Aber natürlich würdet Ihr den Ratschluss des Kults niemals infrage stellen.«
    »Natürlich nicht. Und eigentlich war es auch gar nicht so schlimm. Ich habe nicht viel übrig für muffige Gemäuer voller Schatten und mein Vater zeigte mir, wie man das hier benutzt.« Er bog seinen Oberkörper etwas zur Seite, löste die Kette von der Schulter und ließ die Stachelkugel nach vorn schwingen.
    Die Gardisten hinter der Nachtsucherin zogen ihre Schwerter. Sie waren nicht schlecht. Sie hätten es nicht verhindern können, wenn er seinen Morgenstern gegen den Kopf ihres Schützlings hätte schmettern wollen, doch er wäre nicht schnell genug fortgekommen, um ihren Gegenangriffen zu entgehen.
    Aber hier waren sie ja alle Freunde.
    Lächelnd sah er zu, wie die Stachelkugel an der Kette auspendelte, bevor er sie ohne Hast

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