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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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heute wenig zu tun hatten, weil die Andacht über allem lag wie eine erstickende Decke. Paradoxerweise war es ausgerechnet den Dienern des Kults verwehrt, dem Geschehen in der Kathedrale ihre volle Aufmerksamkeit zu widmen. Sie waren damit beschäftigt, alle königlichen Wappen einzuholen. Schilde mit der grau silhouettierten, schwarzen Rose auf schwarzem Feld wurden abgehängt, Banner eingerollt. Wo das Zeichen des SCHATTENKÖNIGS in eine Wand gemeißelt war oder aus anderem Grund nicht entfernt werden konnte, verhüllte man es mit schwarzen Tuchen. Eine Nacht, einen Tag, eine weitere Nacht und noch einen Tag würde Ondrien ohne Herrscher sein.
    Sanft löste sich Bren aus Kirettas Umarmung. »Ich muss mich bereit machen. Es wird nicht mehr lange dauern.«
    Erst sah sie ihn schalkhaft an, als wolle sie versuchen, ihn noch einmal auf ihr Lager zu ziehen. Dann nickte sie. »Lass mich dir helfen.« Sie griff das wattierte Hemd, das er unter dem Schuppenpanzer trug.
    Kaum eine Flamme züngelte aus seinem Schild, als er durch die ausgestorbenen Flure des Königspalasts ging. Die unzähligen Vorsprünge erzeugten eine Vielzahl von Echos zu seinen Schritten. Lächelnd hob er ein Tuch auf, das von einem Königswappen gerutscht war, und befestigte es erneut. Damit ersparte er einem unbekannten Kleriker eine Prügelstrafe.
    ELIEN wuchs gerade langsam genug aus dem Schatten eines dunklen Winkels, dass Brens Augen den Prozess erfassen konnten. Die Einbuchtung war viel zu klein, um einen menschlichen Körper aufnehmen zu können. Die Dunkelheit, die zum SCHATTENKÖNIG wurde, entstand so, wie sich ein Kegel aus dem schmelzenden Wachs einer schwarzen Kerze formte. Der Vorgang hatte Ähnlichkeit damit, wie Gadior in Ejabon aus dem Nebel Gestalt angenommen hatte, aber ELIEN war vollständig bekleidet. ER trug sogar SEINE Krone.
    ER beachtete Brens Überraschung nicht. »Diene den Schatten, Bren Stonner«, sagte ER . Fest sah ER ihm in die Augen, aber ER hatte keine Magie nötig, um SEINER Autorität Geltung zu verschaffen. »Sei mein Knecht.«
    Bren kniete nieder. Prasselnd erwachte der Flammenschild. » MAJESTÄT ! Mein Leben, mein Streben, meine Kraft sind EUER . Verfügt über mich.«
    »Ich halte mein Wort. Jeder Schattenkönig tut das. Wer immer mir auf dem Schädelthron nachfolgt, morgen werde ich ihn bitten, den Tod aus Lisannes Helion zu vertreiben, auf dass sein Leben neu erwache. Doch wenn er hier eintritt, wird Helion bereits tot sein. Wirklich tot. Du wirst dafür sorgen.«
    Die Gedanken in Brens Kopf waren wie ein Brandgeschoss, das an einer Burgmauer zerspritzte. Lisanne. Verrat. Der SCHATTENKÖNIG . Bren, der General. Bren, der Schildritter. Der neue SCHATTENKÖNIG , die Finsternis, aus der die Welt neu erstand. Helion, der die Unsterblichkeit der Schatten verschmähte. Der seit Jahrzehnten nicht alterte, nicht lebte, nicht starb. Derdie Liebe einer Schattenherzogin besaß. Etwas, von dem die schwarzen Bücher des Kults nichts wussten. Bren konnte die losen Fetzen nicht verbinden, nichts zu Ende denken.
    »Mein Nachfolger wird dich vernichten, wenn du versagst, Bren Stonner. Es wird kein schneller Tod sein. Jahrhunderte wird man dein Leid besingen, und du wirst dabei zuhören, bis zur letzten Strophe. Sieh mich an! Verstehst du, was ich sage?«
    »Ja, MAJESTÄT .«
    »Dann begreife auch dies. Einen dritten Auftrag werde ich meinem Nachfolger geben. Wenn du treu erfüllst, was ich dich heiße, wird man dich in die Schatten führen.«
    Brens Herzschlag setzte aus. Also doch! Jetzt, da er sich schon damit abgefunden hatte, die Unsterblichkeit nicht zu erlangen, stattdessen für seinen Dienst an den Schatten von allen Göttern verflucht ins Nebelland zu gehen! Es war der SCHATTENKÖNIG selbst, der ihm die Ewigkeit versprach. Hastig wog Bren die Worte, die ELIEN gebraucht hatte. SEINE Worte waren unumstößlich, aber gab es eine Lücke? Eine Möglichkeit, wie ER sie erfüllen und Bren zugleich verdammen könnte? So, wie ER es mit dem Versprechen machte, das ER Lisanne gegeben hatte?
    Bren fand sie nicht. Und er hatte ohnehin keine andere Wahl, als ELIEN VITAN zu gehorchen. Täte er es nicht, so wusste er hinreichend genau, was ihm bevorstünde.
    »Du verstehst also«, sagte ELIEN . ER verschmolz mit den Schatten, wie ER gekommen war.
    Bren kniete noch lange. Während das Begreifen in seinen Verstand sickerte, schlugen die Flammen weiter und weiter aus dem Schild. Nun war das, was er so sehr ersehnt hatte, dass er nur selten

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