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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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davon gesprochen hatte, verquickt mit einem Albtraum, den kein menschlicher Geist greifen konnte. Bren schwankte zwischen Panik und Euphorie, zwischen Tatendrang und dem Wunsch, sich im tiefsten Brunnen zu verstecken.
    Dann, ganz plötzlich, erloschen seine Gefühle. Er war nicht mehr fähig, zu empfinden. Wie jemand, der in einer Schlacht zu schwer verwundet wurde und mit einem Mal keinen Schmerz mehr spürte, selbst wenn er auf den Stümpfen seiner durchtrennten Beine lief. Die Flammen zogen sich in den Schild zurück. Bren setzte seinen Weg fort. Er war Lisannes Schildritter. Er durfte keinen Verdacht erregen.
    Velon erwartete ihn in Lisannes Gemächern. Ruhelos ging er auf und ab. »Du kommst spät.« Es war beinahe ein Fauchen.
    »Verzeiht, Schattenfürst. Ist Lisanne denn schon hier?«
    »Nein«, räumte er ein. Er sah zu der Kammer hinüber, in der die Wachen an Helions Sarkophag standen. »Ihre Hingabe ist etwas, das ich mit Wohlgefallen betrachte.«
    »Sie erfüllen ihre Pflicht.«
    Velon runzelte nachdenklich die Stirn. »Was hältst du von Ghoulen, Bren?«
    Bren konnte keine Falle in der Frage erkennen. Außerdem hatte ihn die Begegnung mit ELIEN so sehr gefordert, dass er in dieser Nacht nicht mehr zu den feinen Vorsichtsmaßnahmen in der Lage war, die eine diplomatische Rede erfordert hätte. »Ich mag sie nicht. Krieger müssen mitdenken. Man kann Ghoule gebrauchen wie einen Rammbock, um Tore einzureißen oder Mauern zu untergraben. Das sind sehr begrenzte Aufgaben, und sie brauchen immer jemanden, der sie führt.«
    »Ja, nicht wahr?«, sinnierte Velon. »Aber ein guter Feldherr vermag jede Waffe einzusetzen, und ihre Loyalität ist ohne Beispiel. Sie kennen keine Zweifel, wenn ihnen einmal etwas befohlen wurde.«
    »Dafür verstehen sie viele Befehle nicht. Manche von ihnen sind so tumb, dass sie kaum geradeaus gehen können.«
    »Andere sind klüger. Vielleicht willst du dich einmal mit dem Fayé darüber unterhalten.«
    »Ihr meint Ghoulmeister Monjohr?«
    »Er weiß alles über Ghoule. Gerade jetzt hat er eine gute Zucht. Sicher wird er dir gern einige Exemplare überlassen, wenn du sie ausprobieren willst.«
    Bren nickte, obwohl Monjohr ihn anwiderte. Nach kaum etwas verspürte er weniger Verlangen als nach einem Gespräch mit dem Herrn der Festtafel. Aber warum hätte er sich mit Velon streiten sollen? Diese Nacht war weitaus Wichtigerem vorbehalten.
    Lisanne beachtete sie nicht, als sie durch das Zimmer schritt, hin zu dem Sarkophag, den sie erst schweigend betrachtete und auf den sie sich dann stützte. Bren verstand etwas von der Peinlichkeit, die die Unsterblichen bei der Vorstellung an ihre Liebe erfüllte, als sie auf das steinerne Behältnis kletterte und sich mit dem Gesicht nach unten auf den Deckel legte. Die Verbindung von unvergänglicher Schönheit und erstarrter Verwesung hatte etwas Abstoßendes. Bren sah weg.
    Irgendwann stand Lisanne neben ihm. Die Elfenbeinkrone schimmerte auf ihrem schwarzen Haar. Sie war unnahbar in ihrer Schönheit, ihr Blick entrückt. Bren fürchtete, dass sein Körper jeden Moment von den widerstreitenden Gefühlen zerrissen würde. »Gehen wir«, sagte sie.
    Bren nahm den Schild auf und fasste den Morgenstern. Während er ihr durch den Palast folgte und später durch die Straßen der Stadt, verlor er sich in der Betrachtung ihrer Grazie. Oft hatte er den Eindruck gehabt, sie schwebe über den Boden, aber in dieser Nacht floss sie wie Wasser. Wohin immer sie ihre Schritte lenkte, es schien, als müsse es so sein, mehr noch, als sei die einzige Möglichkeit, die Harmonie der Welt zu wahren, den Fuß auf eben jene Stelle zu setzen. Wie bei einem Bach, der immer bergab floss, bei dem keine andere Richtung denkbar war.
    Schon weit vor dem Nordtor trafen sie auf die Gesandtschaften. Jene, die nicht zu den Vertrauten der Schattenherzöge zählten, säumten ihren Weg. Jeder einfache Baron hatte ein größeres Gefolge um sich versammelt als Lisanne, die nur Bren und Velon begleiteten. Viele hatten sich ihr angedient, aberbei den Osadroi zeigte sie sich noch wählerischer als bei den Gardisten. Bren war bei drei Gesprächen anwesend gewesen, in denen sie jenen, die ihr die Treue schwören wollten, Hoffnung gemacht hatte. Den meisten anderen hatte sie noch nichteinmal eine Audienz gewährt. Sie schien sich der Gunst des SCHATTENKÖNIGS , wohl auch des künftigen, so gewiss, dasssie auf ein starkes Gefolge verzichten zu können glaubte. Vielleicht würde sich das

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