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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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hatte die Euphorie noch nicht vollständig zurückgedrängt, als das nächste Gefühl anbrandete. Panik. Da er bereits bemüht war, den fremden Einflüssen Fesseln anzulegen, war seine Reaktion nicht mehr so stark wie zuvor. Dennoch stöhnte er auf, als er einen heißen Schmerz in seinem unteren Rücken spürte, in der Nierengegend. Auf das Brennen folgte ein Reißen in den Armen, dann Taubheit, Kühle, feuriger Schmerz. Er spürte Haronn nicht mehr. Hatte er dessen Schrei gehört? Die Sinne seines eigenen Körpers waren kaum noch zu ihm durchgedrungen.
    Er tastete in seiner Wahrnehmung. Haronn war fort. Und der Traumkristall vermutlich in der Hand des Gegners. Da war nur noch Kalib, und der war getrieben von einer Mischung aus Angst und Entschlossenheit. »Fliehen«, murmelte Bren. »Er will fliehen.«
    Dann sah er ihn auch schon, unten am Fuß des Baums. Er ließ seine Sichel fallen und löste den Schwamm von seinem Gürtel. Er rannte auf den Wachkreis zu. Bren spürte Kalibs Aufregung, aber er wollte sich nicht davon gefangen nehmen lassen. Er musste den Traumkristall zurückerobern. Noch war es nicht zu spät dafür, noch musste der Feind seine Beute zu den Königen bringen.
    Bren bewegte sich in so weiten Schüben nach unten, wie er zu greifen wagte. Vielleicht kam ihm seine Größe zugute. Er sprang auf ein Blatt, rollte sich über den Rand, spannte die Muskeln an und ließ sich auf das nächsttiefere fallen. Als er nach einem Auswuchs griff, spürte er, wie sich Kalibs Nerven spannten wie Bogensehnen. Er fühlte die Hand den Schwamm aufreißen. Kalib hielt den Atem an, verstreute das lähmende Pulver. Auch Bren war so angespannt, dass er sich nicht bewegen konnte.
    Erlösung. Ein Hauch Bedauern. Kalib war durch.
    Bren sprang gegen den Stamm, setzte seinen Weg abwärts fort. Er hörte jemanden zu seiner Rechten, griff weniger sorgfältig zu, um gleichzeitig hinunter und seitwärts zu kommen und dabei noch Geschwindigkeit zu gewinnen.
    Er war zu langsam. Sein Gegner war geübter in dieser Art des Kletterns. Bren sah ihn vier Schritt unter sich den Boden erreichen. Er hatte die perfekte Stelle gewählt, musste nur noch unter dem leuchtenden Laub hervortreten, um den Königen das Siegeszeichen zu überreichen. Zehn Schritt trennten ihn vom Triumph.
    Zehn Schritt und der Morgenstern, den Bren zweimal um sein Handgelenk kreisen ließ und dann schleuderte. Die Waffe streckte sich in der Luft, torkelte um den Schwerpunkt, der nahe an der Kugel lag.
    Und traf den Rücken des siegessicheren Mannes, schleuderte ihn mit dem Gesicht voran ins Moos. Aber er war nicht tot, noch nicht einmal allzu schwer verletzt. Ein oder zwei Rippen mochten gebrochen sein oder das Schulterblatt, aber er rappelte sich bereits wieder auf, konnte sich noch bewegen.
    Hastig arbeitete sich Bren nach unten, ignorierte das Echo der Schmerzen seines Kontrahenten, sprang die letzten zwei Schritt.
    Der Gegner drückte sich von den Knien hoch, kam in einen schiefen Stand, bei dem die linke Seite deutlich abfiel. Statt den Traumkristall aufzunehmen, der neben ihm auf dem Boden lag, ein durchsichtiges Juwel, kaum größer als ein Hühnerei, drückte er sich den schmerzenden Brustkorb.
    Versager, dachte Bren. Er bremste seinen Lauf nicht ab, um den Morgenstern aufzunehmen. Stattdessen warf er sich auf seinen Feind, griff Schopf und Kinn und riss den Kopf in eine so heftige Drehung, dass das Genick brach.
    Bren sah noch zwei Gegner kommen, doch sie waren zu hoch am Baum. Er las den Traumkristall auf und schritt zügig, aber ohne Hast unter den Blättern hervor. Die Brüder sahen ihm mit lüsternem Ausdruck in den Kinderaugen entgegen. Sie standen auf einem niedrigen Podest, umgeben von einem Dutzend waffenstarrender Chaque. Bren hatte nichts als Verachtung für sie übrig, als er ihnen den Traumkristall reichte.
    »Wahrlich, Bren Stonner«, sagte König Goran, »Ihr seid ein Krieger, wie wir noch keinen gesehen haben.«
    Gadior schlenderte zu ihm. »Wie erwartet«, raunte er Bren zu. »Ganz wie erwartet.«

    »Ihr habt eine niedrige Meinung von uns, Bren Stonner«, sagte Goran. Sein Gesicht zeigte eine Mischung aus Frage und Kränkung, wie bei einem Kind, dem man sein Spielzeug madig gemacht hatte. »Ich weiß es, meine Traumlenker haben es gespürt, während des Krieges.«
    In dem Palastraum oben auf Blutsteins Pyramide tanzten junge Maiden für sie. Das Leuchten, das aus den unter der Decke aufgehängten Pflanzen sickerte, schimmerte auf der roten Haut,

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