Knigge fuer Individualisten
oft die natürliche, hin und wieder die
traditionelle oder die lockere Karte und solange man sie lässt, die
dynamische. Und wenn man sie nicht lässt: erst recht.
Vegetarier und andere Anders-Esser
Allergiker, Diätpatienten, Vegetarier und alle
sonstigen »Anders-Esser« sorgen dafür, dass sie essen können, was sie essen
dürfen; alle »Normal-Esser« akzeptieren das. Natürliche fragen, bevor sie ein Menü festlegen, die Gäste
nach etwaigen Einschränkungen. Traditionelle fühlen sich, wenn Unverträglichkeiten geäußert
werden, in ihrer – klassischen – Menükomposition beschnitten, halten sich
aber an die Positivliste eines Anders-Essers. Dynamische und Lockere: bitte bei den Angaben zu den individuellen Speisegesetzen genau hinhören,
das kann lebenswichtig sein.
»Mag nicht«? Nein. Meckern gibt’s nicht. Lassen Sie liegen,
was Sie nicht essen; halten Sie sich an die Beilagen. Eine Bitte an die
natürlichen Anständigen: Konfrontieren Sie Gourmets, denen schon beim
Anblick eines Stücks Gänseleber das Wasser im Mund zusammenläuft, nicht mit
der Tortur der geschundenen Kreatur beim Vorgang des Stopfens. Sie sind hier
bei Tisch und nicht in einer moralphilosophischen Vorlesung. Genauso
verschonen die Lockeren und Dynamischen eine junge Frau, die weder Sekt noch
Bier noch Wein trinkt, mit der Frage, in welchem Monat Sie denn schwanger
sei. Und nicht jeder Mann, der auf Alkohol verzichtet, ist ein trockener
Alkoholiker.
CINCIN, SKÅL, À VOTRE SANTÉ: HIER GEHT’S IN DEN (WEIN-)KELLER
Seit jeher gehört in Europa ein guter Wein zum feinen
Essen – u. a. wegen der aufwändigen Herstellung und der geschmacklichen
Finesse. Wasser? Ja, neben Wein. Softdrinks, Biere, Tee? Indiskutabel. Gar
so eng sieht man die Sache aber heute nicht mehr.
Für künftige Weinnasen: Schnellkurs
Wein
Starke Reize machen das Gehirn unsensibel für
schwächere. Daher trinken Genießer kalte vor weniger kühlen Weinen, leichte
vor kräftigen, trockene vor lieblichen, weiße vor roten, junge vor
alten.
Damit die Aromen wirken:
für jedes Getränk das beste Glas, von links für: Weißwein, Rosé,
jungen Rotwein, schweren Roten, Dessertwein
Korrespondenzkurs:
Speisen und Weine, die harmonieren
Speisen und Getränke sollen sich geschmacklich nicht
totschlagen, sondern korrespondieren und in ihren Nuancen bereichern.
Dabei ist das Grundprodukt – z. B. Fleisch –
nur einer von mehreren Bezugspunkten. Außerdem spielen die Zubereitungsart,
die Beilagen und die Sauce eine Rolle. Lassen Sie sich – dynamisch, locker, natürlich – von
Ihren Vorlieben leiten; und solange Sie für sich entscheiden, nur davon. Traditionelle konsultieren
lieber Fachleute und Weinführer ( > ).
Wer für den Genuss vieler verantwortlich ist,
kombiniert nach seinem Geschmack innerhalb eines erprobten Rahmens
z. B. so:
Eiweißhaltige Vorspeisen wie Meeresfrüchte,
Lachs, geräucherte Forelle: kräftige Weißweine mit wenig
Säure
Scharfe und bittere Vorspeisen: fruchtige
Weiße
Salat und Suppen: Wein zur vorigen oder
folgenden Speise
Gekochtes Geflügel, Rind; Fisch: nicht zu
schwere Weine
Eiweißreiche Hauptspeisen: Rote mit viel
Gerbstoff
Fette Hauptspeisen: säurebetonte Weiß- und
Rotweine
Gebratenes Geflügel, Kalb, Wild: kräftige
Weiße oder Rote
Käse: nach Geschmacksrichtung
Nachspeisen: edelsüße Dessertweine, süßer
als die Speise
So kommen für ein mehrgängiges Menü einige Weine
zusammen. Davon, dass Sie jedes Glas leer trinken müssten, war nicht die
Rede. Oft werden nicht mehr benötigte Gläser abgeräumt.
Weine systematisch zu erkunden ist eine ideale
Beschäftigung für Traditionelle.
Natürlichen ist das zu viel Aufwand: Einmal für gut befunden?
Immer getrunken. Lockere nehmen
spaßeshalber mal dies, mal das. Dynamische riskieren ungewöhnliche Kombinationen – nach dem
Austausch mit Experten.
Immer flüssig bleiben: mit und
ohne Alkohol
Obwohl traditionelle Gourmets es nicht gern hören: Es
muss nicht immer Wein zum Essen sein. Solange Sie nicht heiße Schokolade mit
Spargelsalat kombinieren, werden weder Ihre Geschmacksknospen rebellieren
noch Ihre Gäste streiken. Sind Sie nur für sich verantwortlich, trinken Sie,
was Ihnen schmeckt; und das kann ein Pils zum Hummer sein. Eine
Geschmackspolizei gibt es nicht.
Wollen Sie als Gastgeber Speisen mit anderen Getränken
als Wein harmonisch verbinden,
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