Knigge fuer Individualisten
dürfen; niemand wird Ihnen das
untersagen.
GERICHTE UND GERÜCHTE – UND WAS DAVON ZU
HALTEN IST
Das hört man so
Und so ist es
richtig
Die Serviette kommt zu Beginn des Essens auf den Schoß und
bleibt bis zuletzt dort.
Stimmt genau. Ob sie aus Papier oder Stoff ist, stets
soll sie griffbereit sein
und beim Servieren nicht stören. Verlassen Sie den Tisch,
kommt sie neben Ihr Gedeck. Ist sie auf den Boden
gefallen, wird sie nicht wieder benutzt. Im Gourmetlokal
bringt man Ihnen sofort eine saubere Serviette, andernorts
bitten Sie darum.
Es ist verpönt, mit den Gläsern anzustoßen.
Das gesellige Ritual schlechthin, aber in förmlichen
Kreisen und an großen
Tischen ein No-Go. Zum Zuprosten das Glas heben, »Zum Wohl« sagen, über das Glas
hinweg offen in die Runde blicken, trinken und nochmals in
die Runde blicken.
»Guten Appetit« sagt man heutzutage nicht mehr.
Man hat es an einer eleganten Tafel nie gesagt, und das ist
heute noch so. Im lockeren Rahmen ist es aber üblich.
Reißen Sie selbst dort als geladener Gast nicht das Zepter
an sich. Sie führen nicht Regie, wünschen also auch keinen
»guten Appetit«. Auch »Zum Wohl« wünscht streng genommen
nur der Gastgeber. Gäste danken.
Brot wird gebrochen.
Von Brötchen, Baguette, usw. werden mundgerechte Stücke
abgebrochen, die man buttert oder in Öl tunkt. Von mit
Butter bestrichenen dünnen (Toast-)Scheiben
wird abgebissen.
Kartoffeln, Nudeln, Eier und Salat schneiden: strengstens
verboten.
Das Verbot war nützlich, weil Silberbesteck im Kontakt mit
Stärke, Säure und Ei anläuft. Im Zeitalter von
Spülmaschine und Edelstahl ist es Unsinn. Jedoch gilt es
als elegant, mit einem einzigen Besteckteil und einer Hand
auszukommen – bei Stäbchen mit zwei in einer Hand.
Besteck in Position »10 nach 2«: Es hat nicht
geschmeckt.
Diese »Regel« gibt es nicht. Mängel werden von einem
zahlenden Gast im Lokal sofort reklamiert; eingeladene
Gäste kritisieren nicht.
Es ist erlaubt, sich bei Tisch die Lippen nachzuziehen.
Im Freundeskreis tolerierbar, bei offiziellen Anlässen
verlassen Sie dafür den Tisch. Auch unter Freunden pulen
Sie sich nicht die Petersilie aus den Zähnen.
Dynamisch-Schnelle essen so zügig, wie sie denken. Um dennoch nicht vor Ihrem leeren Teller zu
sitzen, während andere noch genüsslich speisen: kleine Bissen und Schlucke
nehmen; schlucken, bevor Sie den nächsten Bissen nehmen; statt heißes Essen
kühl zu pusten, das Besteck ablegen; in die Runde schauen, reden. Zur
Unterhaltung beitragen fällt Ihnen doch leicht. Wollen Sie Ihre Suppe aus
der Tasse trinken? Klar! Doch bitte nur den letzten Schluck klare Brühe,
damit Sie sich weder verschlucken noch bekleckern. Eines noch: Auch Ihr
Smartphone hat eine Aus-Taste.
Liebenswerte Lockere essen mit anderen, weil es dabei menschelt, Kostverächter sind sie aber
nicht. Beim Nachbarn probieren, Brot in Sauce stippen, ohne Aufforderung
durch die ranghöchste Person (Chef, Gastgeberin) das Jackett ablegen – das
alles geht bei einer lustigen Party immer, zum Essen bei Freunden
vielleicht, an einer eleganten Tafel nur, wenn Sie als Gastgeber die
Spielregeln bestimmen können. Nirgendwo kommt es gut an, wenn Sie Ihren
Teller wegschieben, um auf dem Tisch für Ihre Unterarme Platz zu machen. Aus
der Flasche trinken Sie nur an einem Tresen, und Tassen werden am Henkel
gefasst. Soviel Tradition darf sein, oder?
ERLAUBT ODER VERBOTEN? ANDERE KULTUREN
So wie unsere Gebräuche in die
christlichabendländische Kultur eingebettet sind, haben andere
Kulturkreise ebenso ihre eigenen Sitten und Speisegesetze. Erkundigen
Sie sich vor einem Besuch im Ausland nach den jeweils wesentlichen
Punkten, z. B. Verzicht auf Alkohol (islamische Länder), Handhabung
von Stäbchen (Fernost) oder Trinksprüche (Russland). Sie müssen
in China nicht schlürfen; Chinesen
übrigens auch nicht. Vor allem Reinheitsgebote sind wichtig; von denen
der Juden und der Muslime und von der Kennzeichnung erlaubter Speisen
als »koscher« und »halal« haben Sie vielleicht gehört. Fragen Sie
Gäste aus dem Ausland genauso wie türkische oder indische Kollegen,
mit welchen Speisen Sie ihnen eine Freude machen können.
HABEN
SIE’S ERRATEN? IN EIGENER SACHE
II
Haben Sie sich die Frage nach den Stil-Vorlieben der
Autorin gestellt? Was haben Sie zwischen den Zeilen gelesen? Die
Antwort: Sie zieht
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