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Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Titel: Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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bisschen schmaler, entließ aber Worte in einem überaus herzlichen Ton: »Nein, nein, ich bin seine Schwester.«
    »Entschuldigung«, stotterte Regine.
    »Ich weiß, mein Kind«, Frau Kerschenbach tätschelte ihr die Wange, »Hermann war ein Nachzügler. Es ist an mir, mich zu entschuldigen. Weil ich es nicht lassen kann, mich für meinen kleinen Bruder verantwortlich zu fühlen. In diesem Fall für sein neues Reiseunternehmen.« Sie hob die Stimme: »Bitte keinen Alkohol mehr. Es geht gleich weiter.«
    Dann wandte sie sich wieder mir zu.
    »Eure Hühnersuppe ist ausgezeichnet, Frau …«
    »Klein«, nannte ich meinen Namen, der mir selten zuvor so passend erschienen war. Schon gar nicht in meinem eigenen Herrschaftsbereich.
    »Frau Klein. Nicht das, was man sonst darunter versteht, aber sie hat eine aparte schmackhafte Würze. Aus frischen Zutaten bereitet, ohne künstliche Aromen und Zusatzstoffe, nicht wahr?«
    »Selbstverständlich!«, versicherte ich eilig.
    »Sehr bekömmlich. Darauf muss man in unserem Alter achten. Wir sollten bei unserer nächsten Tour hier wieder haltmachen. Können Sie uns vielleicht ein Arrangement anbieten?«
    Ich hätte das faltige Puppengesicht küssen können. Und vergaß zumindest einen schönen Augenblick lang, welche Entdeckung diesem Angebot vorausgegangen war.
    Natürlich wird unser Freund als Polizeiinspektor die Ermittlungen nicht leiten dürfen, aber da er als Erster vor Ort war, die Kehr und uns alle bestens kennt, dient er, wie schon bei früheren Fällen, als Bindeglied und Mittelsmann zwischen den zuständigen belgischen Behörden und uns, der betroffenen Bevölkerung.
    Eigentlich müsste er für die Befragung meiner Freunde erst die Genehmigung der deutschen Polizei einholen, für Jupp und Hein, die in Nordrhein-Westfalen wohnen, also in Euskirchen vorstellig werden und für das Trio, dessen WG sich ein paar Meter weiter in Rheinland-Pfalz befindet, bei den Ordnungshütern in Prüm oder Trier. Aber da sind wir in unserer winzigen Dreiländerortschaft nicht so kleinlich; wir wollen von ihm ja auch wissen, was die Belgier herausgefunden haben. Soeben hat uns Marcel über die ersten forensischen Erkenntnisse der Gerichtsmedizin Lüttich informiert. Demnach war der etwa zwanzigjährige Mann keinesfalls vor, sondern erst nach dem Zweiten Weltkrieg eingemauert worden. Also nicht beim Bau des Hauses.
    Ich hebe die Schultern.
    »Hätt ja sein können«, flüstere ich, nicht sonderlich beschämt über meine Vorstellung von schlampig arbeitenden belgischen Maurern zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Im Königreich ist man nicht so pingelig wie in Deutschland und die Bauaufsicht bestimmt erheblich gnädiger; eine Annahme, zu welcher der Anblick manch eines Gehöfts in den belgischen Ardennen durchaus verleiten könnte. Jupp hat mir zudem erzählt, dass er bei Renovierungsarbeiten in alten Bruchsteinhäusern immer wieder auf die seltsamsten Verfüllungen zwischen den dicken Mauern gestoßen sei. Jede Menge Schutt und Unrat sei da früher als Dämmmaterial entsorgt worden. Er habe auch schon mal Knochen rausgezogen, von Hühnern, Rindern oder Schafen. Und andere irre Dinge. Aber natürlich nie etwas so Grausiges wie ein komplettes menschliches Skelett.
    Das nun gar nicht so lange wie erhofft dort lag. Wer seit mehr als hundert Jahren tot ist, wird von niemandem mehr betrauert. Und was in diesem Fall für mich wichtiger gewesen wäre: Ein Mord in so ferner Vergangenheit entzieht sich polizeilicher Ermittlung und kann keinem Lebenden angelastet werden. Und keine Tochter müsste sich dann mit finsteren Gedanken abquälen, ob ihr Vater ein Mörder gewesen sein könnte. Bedauerlicherweise widersprechen die kriminaltechnischen Erkenntnisse meinen archäologischen Spekulationen. Die ich nach wie vor nicht absurd finde, schließlich kann es gerade in Erdbebengebieten vulkanischen Ursprungs bestimmt auch zu Bodenverschiebungen kommen: »Bei der Kirche hat es sicher irgendwann mal einen Friedhof gegeben …«
    »… von dem aus der Knochenmann dann über die Straße gewandert ist und als Kalkzusatz in die Wand verbracht wurde!« Hein springt hoch, reißt Augen und Mund weit auf, wankt wie ein Zombie mit ausgebreiteten Armen und steifen Knien durch den Raum.
    Marcel schlägt mit der Faust auf den Tisch. Wir erstarren alle, einen derartigen Temperamentsausbruch von diesem Mann der leisen Töne nicht gewöhnt. Mit welch sanfter Stimme der belgische Polizeiinspektor selbst die beinhärtesten

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