Knochen-Poker
Tommy hoffte nur, dass die beiden lange genug bewusstlos blieben, damit er seinen Plan bis zum Ende durchführen konnte.
Der Schädel und er waren jetzt wichtig. Im Buch hatte etwas von einer magischen Metamorphose gestanden, den der Totenkopf und sein Besitzer eingehen konnten und auch mussten. Wie dies genau vor sich ging, war Tommy unbekannt, er vertraute voll auf den Text. Mit beiden Händen hielt er ihn fest und spürte plötzlich die Wärme des Gebeins. Vor wenigen Minuten noch war der Schädel kalt gewesen, nun aber heizte ihn das kochende Blut von innen auf. Zudem strömte auch weiterhin Rauch aus dem Maul und verteilte sich flatternd in der klaren Nachtluft.
»Komm schon!« flüsterte Tommy erregt. »Verdammt, komm schon! Ich habe dich nicht umsonst hervorgeholt. Los, ich will, dass du deine Magie ausspielst! Wir werden eine Allianz eingehen, niemand kann uns dabei stören. Lass mich nicht im Stich!«
Und die Magie wirkte. Das Gebein veränderte seine Härte. Unter den Handflächen spürte Tommy, dass es weich wie Gummi wurde, als würde ein bestimmtes Leben in diesen knöchernen Schädel hineingleiten. Tommy konnte ihn kneten und formen wie eine Maske. Masken setzte man auf. Das genau war die Verbindung. Er hatte die Lösung gefunden. Vielleicht konnte er den Schädel über seinen Kopf und sein Gesicht ziehen, wobei er dann zu einem anderen wurde. Vor Erregung zitterten seine Hände. Er leckte sich die Lippen. Das Gesicht schimmerte schweißnass. Ebenso glatt waren auch seine Hände, als er den knöchernen Vampirkopf anhob und den ersten Versuch wagte, ihn über seinen Kopf zu stülpen. Die weiche Masse war vorhanden. Nur verteilte sie sich momentan noch ungünstig. Tommy wartete noch, knetete den Schädel weiter durch und startete einen erneuten Anlauf.
Diesmal klappte es.
Für ihn war es wie ein kleines Wunder, als es ihm tatsächlich gelang, den Schädel über seinen Kopf zu stülpen. Das Gefühl war unbeschreiblich. Er kam sich vor wie im siebten Himmel, er hätte jubeln und schreien können vor Freude. Endlich hatte die Schwarze Magie auch bei ihm gefruchtet.
Wie eine zweite Haut konnte er sich den Vampirschädel über den Kopf streifen. Er zog und zerrte daran, als hätte er eine Gummimaske, und er spürte seine eigene Haut kaum noch. Die des Schädels war mit seiner eine Verbindung eingegangen.
Besser konnte es überhaupt nicht laufen. War er Mensch, war er Vampir?
Weit öffnete er seinen Mund, bei dem die Lippen ebenfalls doppelt lagen. Aus der Öffnung drang ein fauchendes Geräusch, er spürte gleichzeitig eine Gier in sich, wie er sie noch nie erlebt hatte. Seine tastenden Finger fanden die beiden spitzen Ecken der weit hervorstoßenden Vampirhauer. Ja, er war zu einem Blutsauger geworden. Er dachte so, er würde auch so handeln.
Die Gier in ihm hatte einen bestimmten Grund. Er brauchte Nahrung. Für einen Vampir bestand sie nur aus einem Stoff. Aus Blut!
***
Für Killing Star war die Welt ebenso untergegangen wie für Blue Boy Jackson. Aber Jackson hatte der Hieb nicht so hart getroffen wie seinen Kumpan, deshalb erwachte er auch früher aus seiner tiefen Bewusstlosigkeit. In seinem Kopf schien sich ein gewaltiges Trommelfeuer von stechenden Schmerzen eingenistet zu haben, das sich besonders auf seine Stirnpartie konzentrierte. Jackson konnte sich zunächst an nichts erinnern. Erst allmählich blickte er besser durch und stellte fest, dass er auf dem Rücken lag und sein linker Arm in Ellenbogenhöhe ebenfalls schmerzte. Nur war es mehr ein Brennen und nicht zu vergleichen mit den harten zuckenden Stößen in seinem Kopf.
Was war geschehen?
Blue Boy strengte sich an. Er wollte die Zeit vor diesem verdammten Niederschlag nachvollziehen und hatte sehr große Mühe damit. Irgendwie kam er nicht klar. Dann bewegte er seinen rechten Arm zur Seite und fühlte plötzlich etwas Weiches. Wieder dauerte es seine Zeit, bis er herausgefunden hatte, dass es sich dabei um einen Körper handelte. Da lag jemand neben ihm.
Plötzlich war die Erinnerung da. Das konnte nur sein Freund Killing Star sein. Da er sich ebenfalls nicht rührte und keinen Kommentar abgab, ging Jackson davon aus, dass es Killing Star ebenfalls erwischt hatte. Dafür kam nur einer in Frage.
Tommy Moore! Er, der Schwächling, hatte ihn und Killing Star hinterrücks bewusstlos geschlagen.
Als Jackson dies klargeworden war, spürte er die Schmerzen in Kopf und Arm doppelt stark. Er musste zunächst einmal liegen bleiben und
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