Knochen-Poker
durch die er entwischen kann.«
Suko gab keinen Kommentar mehr. Auch die nächsten Minuten vergingen schweigend. Das Lokal füllte sich immer mehr. Rauchschwaden hüllten das Innere ein wie ein Herbstnebel. Jeder redete mit jedem, der Wirrwarr der Stimmen wirkte irgendwie einschläfernd. Ich wischte über meine Augen.
»Willst du noch bleiben?« fragte Suko.
»Nein, ich zahle.«
Andere Gäste waren froh, dass sie unsere Plätze einnehmen konnten. Ich freute mich über den kurzen Spaziergang. Wir nahmen den offiziellen Eingang, der Portier bestaunte uns und wunderte sich. Zusammen hatte er uns selten kommen sehen. Er wünschte noch eine gute Nacht. Ich war auch müde. Vielleicht die Frühjahrsmüdigkeit oder die langen Stunden im Büro. Im Flur trennten wir uns.
»Zur üblichen Zeit morgen?« fragte Suko noch.
»Aber immer.«
»Okay denn.« Er schlug gegen meine Schulter.
Ich betrat das leere Apartment, schaltete das Radio ein und hörte den Klängen einer Popgruppe zu, während ich mich auszog und unter die Dusche stellte, um den Büromief abzuspülen. Meine Kleidung roch nach Rauch und kaltem Bier. Sie konnte zunächst einmal lüften. In den Bademantel gehüllt und ein Stück im Mikrowellenherd aufgewärmte Pizza in der Hand, ließ ich mich in den Sessel fallen, aß und streckte die Beine aus. Alkohol wollte ich nicht mehr trinken. Die Pizza spülte ich mit Saft runter.
In der Glotze lief ein Film, der mich nicht interessierte. Ich schaute mir die Nachrichten an, erfuhr auch nichts Gutes und dachte daran, früh ins Bett zu gehen.
Diesen Vorsatz hatte ich auch dann noch, als sich das Telefon meldete. Mit müder Stimme meldete ich mich. Der Anrufer sollte merken, dass ich nicht viel Lust hatte.
»Mr. Sinclair?«
»Ja.«
»Osborne hier. Leo Osborne. Sie erinnern sich an mich?«
»Und ob, Mr. Osborne. Was gibt es denn? Ist Ihnen inzwischen etwas eingefallen?«
»Das nicht gerade, aber ich bin noch in meiner Firma…« Seine Stimme klang nicht mehr so forsch wie bei unserem Kennenlernen. »Da gefällt mir einiges nicht.«
»Reden Sie schon.«
»Ich glaube, dass ich unter Beobachtung stehe.«
»Und wer beobachtet Sie?«
»Zwei Kerle. Sie lauern in der Dunkelheit.«
Noch war ich nicht alarmiert. »Haben Sie die beiden denn gesehen?«
»Nicht nur das. Ich habe sie sogar erkannt, Mr. Sinclair. Und jetzt halten Sie sich fest. Das sind Tommy Moores Helfer. Er war ja bei mir. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das gesagt habe. Seine beiden Helfer hatte er mitgebracht. Deshalb kenne ich Sie ja auch. Sie treiben sich jetzt auf meinem Firmengelände herum. Ich konnte sie deshalb erkennen, weil sie durch die Scheibe geschaut haben und…«
»Mr. Osborne«, sagte ich eindringlich. »Sie sitzen jetzt in ihrem Büro?«
»Ja.«
»Dann bleiben Sie dort um Himmels willen sitzen, und lassen Sie keinen hinein außer mir.«
»Gut, ja. Wie schnell können Sie bei mir sein?«
»Fliegen kann ich auch nicht. Es wird eine Weile dauern. Mal schauen, wie ich durchkomme.«
Ich hatte drei Gläser Bier getrunken, es waren kleine gewesen, zudem hatte ich zwischendurch etwas gegessen und fühlte mich fahrtüchtig. Suko brauchte ich nicht aus dem Bett zu werfen, er war noch auf. Ich machte ihn mobil, während ich in meine Klamotten fuhr. Als wir im Wägen saßen, grinste mein Partner.
»Was hast du?«
»Jetzt fühlst du dich besser, wie?«
Ich nickte. »Das kann ich nicht bestreiten. Vielleicht bekommen wir in dieser Nacht noch die große Chance.«
»Es wäre uns zu wünschen.«
***
Als Leo Osborne den Hörer auflegte, war seine Hand schweißnass. Der große Mann zitterte am gesamten Körper. Eigentlich war es schwer vorstellbar, dass diese wuchtige Gestalt zu einem Nervenbündel wurde, aber die letzte Stunde war die bisher schrecklichste in seinem Leben gewesen.
Er hatte Besuch bekommen. Die beiden New Yorker waren bei ihm erschienen. Sie wären im Prinzip für ihn kein Problem gewesen, aber sie hatten sich auf schreckliche Art und Weise verändert. Zuerst hatte er noch an eine Verkleidung geglaubt, bis sie ihm klarmachen konnten, dass die Zähne nicht von einem künstlichen Vampirgebiss stammten, sondern echt waren.
In seinem Büro hatten zwei Vampire gestanden und bewiesen, welche Kräfte sie besaßen.
Er hatte sich gewehrt, war aber gegen ihre Schläge nicht angekommen und musste klein beigeben. Er hatte den Bullen, wie sie sagten, herlocken sollen. Und das war ihm gelungen.
Sie lauerten nicht draußen, sondern hinter
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