Knochen zu Asche
führe.«
»Du fährst nach Quebec City?«
»Hippo bringt gerade das Auto vorbei.«
»Ich will mitkommen.«
Ryan schaute mich sehr lange an, zweifellos spürte er, was ich insgeheim wollte.
»Wenn deine Freundinnen erwähnt werden, dann nur, weil ich sie zur Sprache bringe.«
Ich wollte protestieren, überlegte es mir dann aber anders. »Es ist dein Fall.«
»Wie hießen sie gleich wieder?«
»Évangéline und Obéline.«
»Du bist nur Beobachterin.«
»Ich beobachte mir den Arsch ab.«
Zwanzig Minuten später fuhren wir in nordöstlicher Richtung auf dem Highway 40, parallel zum Ufer des St. Lawrence. Hippo saß am Steuer, Ryan neben ihm. Ich wurde im Fond durchgeschüttelt und versuchte, das Mittagessen drinzubehalten.
Unterwegs erläuterte Ryan den Plan. Ich konnte ihn durch das Knistern und Rauschen des Funkgeräts kaum verstehen. Auf meine Bitte hin schaltete Hippo es aus.
Die Strategie. Ryan und ich würden ins Prison d’Orsainville gehen, wo Bastarache in Haft gehalten wurde. Hippo würde in die Stadtmitte weiterfahren, um die Durchsuchung von Bastaraches Bar zu leiten.
Die Fahrt von Montreal dauert normalerweise drei Stunden. Hippo schaffte es in knapp über zwei. Immer und immer wieder kontrollierte ich mein Handy. Nichts von Harry. Ich sagte mir, dass sie noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden verschwunden war.Trotzdem wurde meine Besorgnis immer stärker. Warum rief sie nicht an?
Ryan rief im Gefängnis an, als wir die Außenbezirke der Stadt erreichten. Hippo setzte uns am Gefängnistor ab und fuhr dann weiter. Als wir alle Sicherheitskontrollen hinter uns hatten, saß Bastarache bereits in einem Verhörzimmer. Ein Wachmann stand an der Tür und sah aus, als würden ihm die Füße schmerzen.
Vielleicht hatte ich zu viele Sopranos -Folgen gesehen. Ich erwartete Gangster-Chic. Geölte Haare, steroidgeschwollene Muskeln. Ich bekam einen Beluga in Polyester mit kleinen Schweinsäuglein.
In dem Raum befanden sich die üblichen vier Stühle und ein Tisch. Ryan und ich setzten uns auf eine Seite, Bastarache auf die andere. Es überraschte mich, dass Francoeur nicht da war.
Ryan stellte uns vor, erklärte, dass er zur SQ gehöre und aus Montreal komme.
Die Schweinsäuglein wanderten in meine Richtung.
»Wäre es Ihnen lieber, wenn wir auf Ihren Anwalt warten?«, fragte Ryan, der sich weigerte, Bastaraches Neugier zu befriedigen. Gut. Soll er sich ruhig den Kopf zerbrechen über mich.
»Frippe-moi l’chou.« Sinngemäß aus dem chiac übersetzt: Leck mich am Arsch. »Ich besitze Salons. Ich führe sie sauber. Wann kapiert ihr Arschlöcher das endlich?«
»Sie besitzen Stripbars.«
»Als ich mich das letzte Mal erkundigte, waren exotische Tanzdarbietungen in diesem Land noch legal. Jedes einzelne meiner Mädchen ist über achtzehn.« Bastarache sprach mit einem Tonfall, der Hippos ähnlich war.
»Sind Sie sicher?«
»Ich schaue mir die Ausweise an.«
»Haben es vielleicht ein oder zwei geschafft, unter Ihrem Radar durchzuschlüpfen?«
Bastarache kräuselte leicht die Lippen und atmete durch die Nase. Es klang pfeifend.
»Und zwar deutlich drunter. Süße sechzehn. Ich frage mich, ob sie ihre Zahnspange noch trug.«
Röte kroch Bastarache vom Kragen her über den Hals. »Die Kleine hat gelogen.«
Ryan schnalzte mit der Zunge und schüttelte kurz den Kopf. »Diese Jungen heutzutage.«
»Sie hat sich nicht beschwert.«
»Sie mögen junges Fleisch, Dave?«
»Die Kleine hat geschworen, dass sie dreiundzwanzig ist.«
»Angemessenes Alter für einen Kerl wie Sie.«
»Hören Sie, es gibt zwei Sorten von Frauen auf dieser Welt. Diejenigen, mit denen man’s macht, und diejenigen, die man zum Sonntagsbraten mit nach Hause nimmt. Diese Kleine ging nicht zu grand-mère , um den Schmorbraten zu genießen, wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Sie haben die dritte Sorte gevögelt.«
Bastarache legte den Kopf schief.
»Eine Minderjährige. Strafbar.«
Die Röte wanderte weiter nach oben. »Immer dieselbe alte Scheiße. Sie hat gesagt, sie sei volljährig. Was soll ich denn tun, mir ihre Zähne anschauen?«
»Was ist mit Zuhälterei? Ist die legal?«
»Wenn ein Mädchen die Bar verlässt, haben wir keine Kontrolle mehr über sein Privatleben.«
Ryan erwiderte mit Schweigen, weil er wusste, dass die meisten Verhörten den Drang verspüren, die Stille zu füllen. Bastarache gehörte nicht dazu.
»Wir haben unten bei uns ein paar vermisste Mädchen«, fuhr Ryan fort. »Und auch ein paar
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