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Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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«
    »Der ist so obszön wie immer.«
    Charlie ist ein Papagei, der seine Jugend in einem Bordell verbracht hat. Er war ein Weihnachtsgeschenk von Ryan, und wir kümmerten uns abwechselnd um ihn.
    »Birdie hat sich schon nach ihm erkundigt.« Ich fragte mich, ob Ryan nur hier war, um mich zu besuchen, oder um über LaManches Fall vom Lac des Deux Montagnes zu reden. Ich fragte es mich allerdings nicht lange.
    »Hattest du schon die Zeit, dir meine Wasserleiche anzuschauen? «
    »Noch nicht.« Ich versuchte, mir die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Wie kam’s?«
    »Ein Fischer hat vor L’Île-Bizard gestern seine Schleppangel ausgeworfen. Dachte, er hätte einen Großen erwischt, holt sich stattdessen eine Leiche an Bord. Der Kerl lässt wahrscheinlich seinen Kahn inzwischen bei eBay versteigern.«

    »Bin noch nicht dazu gekommen.«
    »Das Opfer ist weiblich. LaManche meinte, er hätte irgendwelche ungewöhnlichen Spuren am Hals entdeckt, war sich wegen der starken Aufblähung und Verfärbung aber nicht sicher. Weder an der Leiche noch auf den Röntgenbildern Hinweise auf Schussverletzungen. Kein Bruch des Zungenbeins. LaManche hat eine toxikologische Analyse beantragt.«
    »Hat Bergeron die Zähne schon untersucht?« Marc Bergeron ist der zahnärztliche Gutachter unseres Instituts.
    Ryan nickte. »Ich habe die Daten in CPIC eingegeben, aber ohne Ergebnis. Die Chancen werden vielleicht größer, wenn du Alter und Rasse bestimmen kannst.«
    »Sie ist als Nächste dran.«
    Ryan zögerte kurz. »Wir schauen uns einige Vermisste und Tote an, weil da möglicherweise eine Verbindung bestehen könnte.«
    »Wie viele?«
    »Drei Vermisste. Zwei Leichen, eine identifiziert, eine unbekannt. «
    »Du denkst an einen Serienmörder?«
    »Wir ziehen die Möglichkeit in Betracht.«
    »Zeitrahmen?«
    »Zehn Jahre.«
    »Opferprofil?«
    »Weiblich. Zwischen elf und zwanzig Jahren.«
    Ich spürte altbekannte Wut und Traurigkeit. Angst? Könnte irgendein Monster Quebec als sein Schlachtfeld missbrauchen?
    »Du vermutest, dass die Frau aus dem Lac des Deux Montagnes Opfer Nummer sechs sein könnte?«
    »Vielleicht.«
    »Gleich als Erstes morgen früh?«
    »Danke.«
    Ryan wandte sich zum Gehen, drehte sich an der Tür aber wieder um.

    »Wie geht’s Pete?«
    »Gut.«
    »Gut.« Mann, das schon wieder. »Ich hole Charlie ab«, sagte ich.
    »Nicht nötig. Ich bringe ihn dir.«
    »Musst du aber nicht tun.«
    »Freund und Helfer.« Ryan salutierte. »Ich ruf dich an.«
    »Danke, Ryan.«
    Nachdem ich den verbrannten Neunzigjährigen wieder in seinen Sack gepackt und im Kühlraum verstaut hatte, räumte ich auf und fuhr nach Hause. Birdie erwartete mich an der Tür.
    Während ich mir Shorts anzog, erklärte ich Birdie, dass Charlie bald wieder bei uns sein würde. Birdie war begeistert. Oder gelangweilt. Bei Katzen weiß man das ja nie so genau.
    Nach dem Abendessen schaute ich mir mit Birdie eine Wiederholung der Sopranos an, die Folge, in der Adriana verprügelt wird. Dabei griff ich immer wieder nach dem Festnetztelefon. Kontrollierte, ob das Ding auch funktionierte. Warf es wieder auf die Couch.
    Ryan rief nicht an. Und kam an diesem Abend auch nicht zu mir.
    Obwohl Birdie und ich um elf im Bett waren, wollte der Schlaf lange Zeit nicht kommen. Ich ließ mir unsere Begegnung im Autopsiesaal vier noch einmal durch den Kopf gehen und erkannte dabei, was mich störte. Ryan hatte kaum einmal gelächelt oder einen Witz gerissen. Das war sehr untypisch für ihn.
    Jetzt reagier nicht wie ein verunsichertes Schulmädchen, sagte ich mir. Ryan hat viel zu tun. Macht sich Sorgen wegen seiner Tochter. Wegen eines Serienmörders. Wegen Ohrenschmalz, das seinen Gehörgang verstopft. Wegen des Senfflecks auf seiner Krawatte.
    Ich glaubte es mir selbst nicht.

6
    Für die Säuberung von Knochen benutze ich eine selbst erdachte Apparatur. Die Vorrichtung, die ursprünglich für Großküchen gedacht war, besteht aus Wasserzulauf- und -ablaufrohren, einem Fettfiltersystem, einem unterteilten Kessel und Eintauchkörben, wie sie normalerweise zum Frittieren von Pommes oder Fisch benutzt werden.
    In den quadratischen Körben köchle ich kleine Körperteile, abgetrennte Unterkiefer, Hände, Füße, einen Schädel vielleicht. In dem großen, rechteckigen säubere ich die großen Sachen, Röhrenknochen, Brustkörbe oder Becken, nachdem diese von den Technikern entfleischt worden sind. Wasser bis knapp unter den Siedepunkt erhitzen, Reinigungsmittel auf

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