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Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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gestellt. Haben einen ganzen Tag gebraucht, um vielleicht ein Achtel der Aktenschränke zu durchsuchen. Der Kerl hat Zeug gebunkert, das Jahrzehnte zurückreicht. «
    »Er speichert seine Bilder nicht digital ab?«
    »Der Trottel glaubt, er ist Ansel Adams. Behauptet, digitale Aufnahmen haben nicht dieselbe ätherische Qualität wie belichteter Film. Benutzt eine Hasselblad, die seit den Achtzigern
nicht mehr produziert wird. Der Kerl ist wahrscheinlich zu blöd, um mit moderner Technik umzugehen.«
    »Es gibt auch andere Fotografen, die derselben Meinung sind.«
    »Cormier macht hauptsächlich Porträts. Paare. Haustiere. Viele Frauen. Glamour-Fotos. Du weißt schon, dickes Make-up, aufgedonnerte Frisur.«
    »Aha.«
    »Solltest du auch mal versuchen.Vielleicht mit einer Federboa. «
    »Hast du mich deshalb angerufen?«
    »Cormier hat auch Kinder fotografiert. Hunderte.«
    »Phoebe Jane Quincy?«
    »Bis jetzt noch nichts.«
    »Kelly Sicard?«
    »Nein.«
    Ich fragte nicht nach Claudine Cloquet oder Anne Girardin.
    Ryan zog sich Rauch in die Lungen, stieß ihn wieder aus. Ich wartete darauf, dass er zum Wesentlichen kam.
    »Ich will, dass du dir diese Kinderfotos mal anschaust. Vielleicht entdeckst du ja eine von meinen Vermissten. Oder das Mädchen, das wir am Ufer von Dorval geborgen haben.«
    »Das Foto wurde doch schon zweitausendeins veröffentlicht, als die Leiche gefunden wurde.«
    »Das war ein Autopsiefoto. Die Leute schauen da nicht sehr genau hin.«
    Ryan hatte recht. Und ich hatte auch schon erlebt, dass es in beide Richtungen schiefging. Leute, die eine Leiche als verwandt identifizierten, obwohl sie es gar nicht war, oder eine nicht als verwandt erkannten, obwohl sie es war.
    »Du kennst dich mit Knochen aus.« Ryan redete noch immer. »Gesichtsarchitektur.Wenn du ein Mädchen entdeckst, das einer meiner Vermissten oder Toten ähnelt, vielleicht jünger
oder aufgedonnert, dann kannst du die gleiche Nummer wie mit den Überwachungsbildern machen.«
    Ryan meinte damit eine Technik, bei der Bilder metrisch verglichen werden, das eine von einem bekannten Verdächtigen, das andere von einem Täter, der von einer Kamera aufgenommen wurde. Die Abstände zwischen anatomischen Merkpunkten werden vermessen und Verhältnisse errechnet, dann lässt man den Computer die Wahrscheinlichkeit ausspucken, nach der der verhaftete Verdächtige und der gefilmte Täter identisch sind.
    »Einen anthropometrischen Abgleich.«
    »Ja.«
    »Ich schätze, einen Versuch ist es wert. Ich könnte mir auch die Gesichtsrekonstruktion raussuchen, die wir bei dem Mädchen von der Rivière des Mille Îles gemacht haben.«
    »Ich hole dich um acht ab.«
    »Glaubst du wirklich, dass Cormier Dreck am Stecken hat?«
    »Der Kerl ist ein Schleimbeutel.«
    »Was ist mit seiner Wohnung?«
    »Der Richter sagt, wenn ihr in dem Studio was findet, was mit den Mädchen zu tun hat, dann gibt’s noch einen Schrieb.«
    Ich öffnete die Schlafzimmertür. Rein zufällig ging Harry gerade vorbei.
    »Deine Indizien.« Sie hielt ihre Handtasche in die Höhe. Etwas hastig.
    »Lahme Ausrede.«
    »Willst du damit andeuten, dass ich gelauscht habe?«
    »Ich hole ein paar Ziploc-Beutel.«
    Als ich aus der Küche zurückkehrte, saß Harry im Schneidersitz auf meinem Bett. Ich stülpte mir jeden Beutel verkehrt herum über die Hand und holte damit zuerst die Dose, dann die Taschentücher aus Harrys Tasche.
    »Du hast anscheinend schon den einen oder anderen Hundehaufen aufgeklaubt.«

    »Ich bin vielseitig talentiert.«
    »Ich habe noch was.«
    Sie nahm mir ihre Tasche ab, zog etwas aus einer Seitentasche und legte es aufs Bett.
    Zuerst wusste ich nicht so recht, was das Ding zu bedeuten hatte. Ich nahm es in die Hand.
    Und stand plötzlich unter Strom.
    »Wo hast du das her?«
    »Von Obélines Nachtkästchen.«

19
    Ich hielt ein kleines Buch mit zartem, grünem Lesebändchen in der Hand. Der Einband war rot. Die Beschriftung schwarz.
    Bones to Ashes: An Exultation of Poems.
    »Sieht aus wie eins dieser Dinger aus den Sechzigern mit Mao-Zitaten.«
    »Hast du das gestohlen?«
    »Ich habe es befreit.« Scheinheilig. »Mao wäre stolz auf mich gewesen.«
    Ich schlug das Buch auf. Die Seiten waren körnig und gelblich, billiges Papier wie bei einem Comicheftchen. Der Druck war verwaschen und unscharf.
    Kein Autor. Kein Erscheinungsdatum. Keine ISBN-Nummer. Das einzige Identifikationsmerkmal neben dem Titel war der Name des Verlags. O’Connor House.
    Ich schlug die

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