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Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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als Ryan und ich den ersten Stock erreichten. Zu seinen Füßen stand ein Pappkartontablett mit einer weißen Papiertüte und drei Bechern mit Plastikdeckel.
    Während meines kurzen Abstechers nach New Brunswick hatte die Hitzewelle in Montreal tapfer ausgeharrt. Das enge Treppenhaus kochte, die Luft roch nach Staub und Moder.
    Hippo stieß die Tür auf, zog ein Taschentuch aus seiner Hose und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Dann schaute er mich an.

    »Jetlag?«, fragte er nicht sehr freundlich.
    Ohne eine Antwort abzuwarten, bückte er sich, hob das Tablett vom fadenscheinigen Teppichboden auf und verschwand in der Wohnung.
    »Was sollte denn das?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Ich hatte Hippo vom Flughafen in Moncton angerufen, allerdings bei unserer Abreise, nicht bei unserer Ankunft. Sein Missfallen war unüberhörbar gewesen. Er hatte detaillierte Beschreibungen von Cheech und Chong verlangt und danach abrupt aufgelegt.
    Cormiers Wohnung war das, was Montrealer Immobilienmakler eine Viereinhalb nennen. Das große Wohnzimmer vorn benutzte er für seine Aufnahmen. An den Wänden standen diverse Teile fotografischer Ausrüstung. Scheinwerfer. Hintergründe. Messgeräte. Rollen farbiger Plastikbahnen.
    Ein Schlafzimmer war zum Büro umfunktioniert, das andere war das Archiv. Ich schätzte, dass die beiden Zimmer ungefähr fünfundvierzig Aktenschränke enthielten.
    Das größere Badezimmer diente als Dunkelkammer. Die Quelle des leicht beißenden Geruchs, der über der Wohnung lag, vermutete ich. Lockenstäbe, Föhne und beleuchtete Spiegel deuteten darauf hin, dass das kleinere Bad als Schminkraum und Garderobe benutzt wurde.
    Die winzige Küche hatte ihre ursprüngliche Funktion behalten. Dort aßen wir Nussschnecken, tranken Kaffee und besprachen die Strategie.
    »Wie sind die Schränke geordnet?«, fragte ich.
    »Sie haben Schubladen. Alle sind mit Mappen vollgestopft.«
    Ryan hob die Augenbrauen, als er Hippos Sarkasmus hörte, sagte aber nichts.
    »Sind die Mappen alphabetisch nach Kundennamen geordnet? Nach Datum? Nah Kategorien?« Ich sprach geduldig wie ein Elternteil mit einem abfälligen Teenager.

    »So wie ich das sehe, lief Cormiers System ungefähr so: erledigt. Bezahlt. Ab in die Schublade.« Die rostige Stimme klang kalt.
    »Also trennte er bezahlte von unbezahlten Aufträgen?«
    »Unübersichtlich, was?« Hippo griff nach seiner dritten Schnecke. »Da dürften einige Flüge nötig sein, um dieses Problem zu lösen.«
    Nun meldete Ryan sich zu Wort. »Cormier hatte auf seinem Schreibtisch einen Eingangskorb für unbezahlte Aufträge. Ansonsten scheint seine Archivierung keinem System zu folgen.«
    »Aber die Schränke sollten doch wenigstens eine ungefähre Chronologie repräsentieren, oder?«
    »So alt sind die ganzen Sachen nicht«, sagte Ryan. »Irgendwann hatte Cormier anscheinend andere Unterlagen hierhergebracht. Wie’s aussieht, hat er das alte Zeug einfach in Schubladen gestopft.«
    Die Strategie, auf die wir uns einigten, sah etwa so aus: Jeder nimmt sich einen Schrank vor. Arbeitet von oben nach unten, von vorn nach hinten. Legt jede Mappe beiseite, bei der das Modell jung und weiblich ist.
    Wer sagt, dass Detektivarbeit nicht komplex ist?
     
    Obwohl Ryan die Fenster im Wohnzimmer und in der Küche öffnete, kam kaum ein Luftzug in die fensterlosen Schlafzimmer im hinteren Teil der Wohnung. Nach vier Stunden Arbeit juckten meine Augen, und meine Bluse war schweißnass.
    Cormier bewahrte viele seiner Aufnahmen in großen braunen oder blauen Umschlägen auf. Der Rest steckte in ganz normalen Manilataschen, wie man sie in jedem Schreibwarenladen findet.
    Und Ryan hatte recht. Der Kerl war faul. In einigen Schubladen hatte er sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Mappen aufrecht hinzustellen, sondern sie einfach nur hineingeworfen.

    Die meisten Umschläge waren mit dem Namen des Kunden in schwarzem Filzstift beschriftet. Die meisten Aktenordner waren auf den Rückenetiketten beschriftet. Sowohl die Umschläge wie die Ordner enthielten Kontaktbögen und Negative in glänzenden Papierhüllen. Einige der Kontaktbögen trugen ein Datum. Andere nicht. In einigen Mappen fanden sich Fotokopien von Schecks. In anderen nicht.
    Bis zum frühen Nachmittag hatte ich mir Hunderte von Gesichtern angeschaut, die alle in unterschiedlichen Posen von »Ich bin so glücklich« oder »Ich bin so sexy« erstarrt waren. Bei einigen hatte ich verweilt und mir den Augenblick vorgestellt, als Cormier den

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