Knochen zu Asche
Autoschlüsseln.
Cheech und Chong hoben ihre Hintern nicht von der Motorhaube.
»Tut mir leid, aber wir müssen fahren.« Unbeschwert, freundlich.
»Nette Karre.«
»Danke.« Als ich mich zur Fahrerseite bewegte, streckte Chong den Arm aus und erwischte mich auf Brusthöhe.
»Flugverbotszone, Kumpel.« Harrys Tonfall war eine Million Lichtjahre von freundlich entfernt.
Ich trat einen Schritt zurück, schaute Chong streng an und
wiederholte, was ich eben gesagt hatte, diesmal jedoch auf Französisch. Aber die Männer rührten sich nicht.
»Was ist denn los mit euch, Jungs?« Harry starrte, die Hände in den Hüften, Cheech und Chong finster an.
Chong grinste hinter seiner Sonnenbrille. »Eh, mon chouchou . Großer Laster für kleine Mädchen.« Englisch mit chiac -Akzent.
Weder Harry noch ich antworteten.
»Freundinnen von Obéline Landry?«
»Schätze, das geht euch nichts an.« Harry hatte Blut geleckt.
»Wir waren in der Kindheit befreundet«, sagte ich, um die Situation etwas zu entschärfen.
»Eine Schande, was mit ihr passiert ist.« Chongs Sonnenbrille war jetzt auf mich gerichtet.
Ich erwiderte nichts.
»Ihr zwei nehmt jetzt eure mickrigen Ärsche von diesem Fahrzeug, damit meine Schwester und ich losfahren können.«
Ich schaute Harry mit zusammengekniffenen Augen an. »Mach mal halblang«, sollte das heißen. Harry schob eine Hüfte vor, spitzte die Lippen und verschränkte die Arme.
»Ist Mrs. Landry bei guter Gesundheit?«
»Ja.« Frostig.
»Behauptet sie, dass Bastarache ein perverser Mistkerl ist?«
Ich sagte nichts.
Cheech stieß sich von der Motorhaube ab. Chong folgte seinem Beispiel.
»Dann wünsche ich den beiden Damen eine gute Fahrt zurück nach Montreal.« Im Gegensatz zu seinem Partner sprach Cheech Englisch.
Harry öffnete den Mund. Ich brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen.
Cheech trat auf den Bordstein, formte mit Daumen und Zeigefinger eine Pistole und zielte in unsere Richtung. »Und Vorsicht mit der tollen Karre.«
Beim Losfahren schaute ich in den Rückspiegel. Die Männer standen noch immer auf dem Bürgersteig und schauten uns nach.
Im Flugzeug sprachen Harry und ich noch einmal über Obéline und machten uns dann Gedanken über diese Begegnung mit Cheech und Chong.
»Testosteron-Bürschchen, die angeben wollen.«
»Ich bin mir da nicht so sicher«, sagte ich.
»Vertreiben sich wahrscheinlich die Zeit damit, dass sie in den Achselhöhlen Furzgeräusche machen.«
Ich war nicht überzeugt, dass das so locker zu nehmen war.
Die Männer wussten, dass wir Obéline besucht hatten.Wussten, dass wir aus Montreal gekommen waren. Woher? Hatten sie uns verfolgt? War Cheechs Abschiedsgeste eine Drohung oder ein Macho-Adieu? Ich wollte Harry keine Angst einjagen und behielt diese Überlegungen für mich.
Als wir in meiner Wohnung ankamen, ließ Birdie sich nicht sehen, wahrscheinlich war er sauer, weil wir ihn allein gelassen hatten. Ich warf eben meine Reisetasche aufs Bett, als Harry mich rief.
»Ist dein Vogel ein Fan der Band Korn?«
»Was hat er gesagt?«
»Das willst du gar nicht wissen.«
Obwohl Charlies Sprüche nicht immer für jedes Publikum geeignet waren, musste ich doch die Breite seines Repertoires bewundern. Ich trug ihn eben ins Esszimmer, als mein Handy klingelte.
Ich stellte den Käfig ab und schaute aufs Display. Keine Anrufererkennung.
Ich schaltete ein.
»Wie geht’s?« Ryan klang müde.
»Gut.« Neutral.
»Hast du ein paar Minuten Zeit?«
»Moment mal.«
»Hast du alles, was du brauchst?«, fragte ich Harry.
Sie formte mit den Lippen: »Ryan?«
Ich nickte.
Sie reckte eine Faust. »Ja!«
Kopfschüttelnd ging ich ins Schlafzimmer und schloss die Tür.
»Hörst du eigentlich Korn ?«, fragte ich.
»Wen?«
»Die Black Eyed Peas?«
»Nein. Wieso?«
»Egal.«
»Hast du jemanden in der Wohnung?«
Ryan war gut. Das war zwar nur eine einfache, ganz beiläufige Frage, aber er wollte damit zwei Sachen erfahren. Bin ich zu Hause? Bin ich allein?
»Harry ist hier.«
»Spontaner Besuch?« Frage Nummer drei.
»Sie hat sich von ihrem Ehemann getrennt.«
Ich hörte ein tiefes Einatmen, gefolgt von einem langsamen Ausatmen. Ryan rauchte. Das bedeutete, er war nervös. Oder wütend. Ich machte mich schon gefasst auf eine Standpauke wegen meines Abstechers nach Tracadie. Aber sie kam nicht.
»Ich brauche deine Hilfe.«
Ich wartete.
»Als wir den Durchsuchungsbeschluss hatten, haben wir Cormiers Studio auf den Kopf
Weitere Kostenlose Bücher