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Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Enden ihres Halstuchs flatterten in der Brise.
Harry wartete im Escalade. Als ich einstieg, grinste sie und klopfte auf ihre Handtasche.
    »Du hast den Dosenrand doch nicht berührt, oder?«
    »Jeder Trottel mit einem Fernseher weiß inzwischen, dass man das nicht tut.« Harrys Grinsen ließ in meinem Hirn die Alarmglocken schrillen.
    »Was?«
    »Du wirst stolz auf deine kleine Schwester sein.«
    O nein. »Erzähl.«
    »Ich habe auch die Taschentücher eingepackt.«
    Erfreut und erleichtert hielt ich ihr die Hand hin. Harry klatschte ab. Wir grinsten beide, die Brennan-Schwestern mal wieder als Detektive.
    »Und jetzt?«, fragte sie.
    »Sobald wir wieder in Montreal sind, schicke ich die Dose und die Taschentücher zusammen mit einer Knochenprobe an ein freies Labor.Wenn man dort aus dem Knochen DNS extrahieren kann, wird die mit Obélines DNS verglichen, und dann wissen wir, ob das Skelett Évangélines ist.«
    »Warum gibst du es raus?«
    »Unser Institut macht keine mitochondrische DNS.«
    »Und ich bin mir sicher, dass das wichtig ist.«
    »Bei alten Knochen erhält man viel eher mitochondrische als Kern-DNS. Davon gibt es mehr Kopien in jeder Zelle.«
    »Es ist Évangéline«, sagte Harry.
    »Die Chancen stehen eins zu einer Milliarde.«
    »Bist du unter die Buchmacher gegangen?«
    »Okay. Das habe ich mir eben ausgedacht. Aber es ist höchst unwahrscheinlich, dass Évangélines Skelett einfach so aus heiterem Himmel in meinem Labor gelandet ist.«
    »Du kannst denken, was du willst. Die kleine Stimme in meinem Herzen sagt mir, dass es Évangéline ist.«
    Wenn Harry einen ihrer außerordentlichen Sprünge der Fantasie macht, bringt es nichts, mit ihr zu streiten. Ich wollte
es trotzdem tun, hielt aber inne, weil mir etwas einfiel. Manchmal. Und völlig wider jede Logik. Hat meine Schwester recht.
    Ich schaute auf die Uhr. Zehn nach elf. Unsere Maschine ging irgendwann nach sechs.
    »Sollen wir gleich nach Moncton fahren?«, fragte ich.
    »Was ist mit Mittagessen?«
    »Wir haben doch eben erst fünf Pfund Pfannkuchen gegessen. «
    »Ich habe Hunger.«
    »Ich dachte, du machst dir Sorgen wegen der Breite deines derrièa .«
    »Als Schnüfflerin braucht man Kraft.«
    »Du hast zwei Taschentücher und eine Limodose aufgehoben. «
    »Geistige Erschöpfung.«
    »Okay. Aber danach direkt zum Flughafen.«
    Während der Fahrt in die Stadt wimmelte es in meinem Kopf von Bildern. Obélines tote Augen und ihr entstelltes Gesicht. Laurette auf dem Totenbett. Eine blutverschmierte Wand, ein blutiger Tisch. Blutige Lumpen. Grausige Visionen von Évangélines letzten Augenblicken.
    Ich wollte unbedingt zurück ins Labor, um das skelettale Alter von Hippos Mädchen noch einmal zu überprüfen. Um die DNS-Proben einzupacken und zu verschicken. Ich überlegte mir bereits Argumente, warum mein Fall oberste Priorität erhalten sollte. Mir fiel nur eins ein, das funktionieren würde. Geld.
    Harry entschied sich für eine Brasserie an der Rue Principale. Ihr gefiel die Markise. Die Speisekarte war uninspiriert. Wir bestellten beide Burger.
    Die Unterhaltung schwankte zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her. Obéline jetzt.Wir vier vor Jahrzehnten auf Pawleys Island. Während wir redeten, blitzten Bilder von Harry und mir vor mir auf, bei Kissenschlachten, beim Plätzchenbacken,
wie der Schulbus auf uns wartete, wie wir unsere Rucksäcke mit unserem jungen Leben und unseren Träumen füllten.
    Trotz meiner Traurigkeit wegen Obéline, Ryan und der vermissten Mädchen musste ich einfach lächeln. Die Begeisterung, mit der Harry Évangéline finden wollte, übertraf sogar noch die meine. Da saß ich an unserem Tisch, lauschte ihren lebhaften Planungen und merkte plötzlich, wie sehr ich meine kleine Schwester liebte. Ich war froh, dass sie gekommen war.
    Als wir das Restaurant verließen, sahen wir zwei Männer, die an unserem Escalade lümmelten.
    »Na, wenn das nicht Cheech und Chong sind.«
    »Psch.«
    »Das musst du doch zugeben, fürs Titelblatt von GQ wären die nicht gerade erste Wahl.«
    Harry hatte recht. Die Männer trugen Jeansstoff von Kopf bis Fuß, Stiefel und schwarze T-Shirts. Körperpflege schien ihnen nicht gerade sehr wichtig zu sein. Obwohl der Tag ziemlich bedeckt war, trugen sie beide Sonnenbrillen.
    »Allerdings ganz schöne Pakete.«
    »Lass mich das machen.« Ich konnte darauf verzichten, dass Harry die Eingeborenen entweder veräppelte oder verführte.
    »Bonjour.« Ich lächelte und klimperte mit den

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