Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
Vom Netzwerk:
hinsetzen, Doc.« Hippo stand dicht neben mir. »Sie sind ja weiß wie eine Wand.«
    »Ich kenne sie.« Kaum hörbar.
    Ich spürte, wie Hippo mir den Kontaktbogen aus den Fingern zog.
    »Das ist meine Freundin«, flüsterte ich. »Das ist Évangéline.«
    »Wirklich?« Skeptisch.
    »Sie war vierzehn, als ich sie auf Pawleys Island das letzte Mal sah. Auf diesen Fotos ist sie älter, aber nicht sehr viel.«

    Ich spürte einen Luftzug, als Hippo den Bogen umdrehte, »Kein Datum. Sind Sie sicher, dass sie es ist?«
    Ich nickte.
    »Ciel des boss.« Wieder bewegte sich die Luft.
    Ich öffnete die Augen, wagte aber nicht zu sprechen.
    Hippo nahm den Blick von dem Mädchen und sprach aus, was ich dachte: »Vielleicht bringt das Bastarache mit Cormier in Verbindung.«
    »Werden Sie ihn verhaften?«
    »Da können Sie drauf wetten, dass ich ihn verhafte. Aber erst, wenn ich ihn wirklich festnageln –«
    »Dann tun Sie es!« Wütend.
    »Hören Sie, ich will diesen Scheißkerl so fertigmachen, dass er nicht mehr auf die Beine kommt.« Hippo wedelte mit dem Kontaktbogen. »Aber das reicht nicht.«
    »Sie war doch nur ein Mädchen.«
    »Ein billiger Fotograf hat schmutzige Bilder von einem Mädchen, das vor dreißig Jahren das Haus von Bastaraches Daddy putzte? Das ist wohl kaum ein rauchender Colt. Jeder Winkeladvokat bekommt Bastarache wieder frei, bevor der auch nur pinkeln muss.«
     
    Ich weiß nicht, wie ich es trotz Kopfschmerzen, meines Kummers wegen Évangéline, meiner Wut auf Cormier und meiner Frustration, dass Hippo Bastarache noch nicht verhaften wollte, durch den Rest des Tages schaffte. Adrenalin, vermute ich. Und kalte Kompressen.
    Als ich mich weigerte, nach Hause zu gehen, brachte Hippo mir einen Beutel mit Eiswürfeln und ein paar Socken. Ungefähr jede Stunde drückte er mir eine frisch aufgefüllte Kompresse auf die Wange.
    Um fünf waren wir mit Cormiers letztem Aktenschrank fertig. Wir hatten nur noch eine einzige interessante Mappe gefunden.

    Opale St.-Hilaires Kontaktbogen zeigte eine lächelnde Heranwachsende mit mandelförmigen Augen und glänzenden, schwarzen Haaren. Der Umschlag war datiert auf April zweitausendfünf.
    Hippo und ich waren der Meinung, dass Opale asiatisch oder indianisch aussah, was sie zu einer Kandidatin für die Wasserleiche aus dem Lac des Deux Montagnes machte. Ryans Tote Nummer drei. Er versprach, sie am Montag zu überprüfen.
    Obwohl Hippos Eisbehandlung die Schwellung auf meiner Wange minimiert hatte, bemerkte Harry die Prellung, kaum dass ich durch die Tür kam.
    »Ich bin gestürzt.«
    »Gestürzt.«
    »Eine Treppe hinunter.«
    »Bist gestolpert und Arsch über Kopf runtergepurzelt.« Wenn Harry einen Verdacht hat, dann lässt sie Inquisitoren aussehen wie Amateure.
    »Irgendein Trottel hat mich im Vorbeigehen geschubst.«
    Harry kniff die Augen zusammen. »Wer?«
    »Der Gentleman blieb nicht stehen, um mir seine Karte zu überreichen.«
    »Aha.«
    »Die Sache ist kaum der Rede wert.«
    »Irgendein Grobian schickt dich fast ins Jenseits, und das ist nicht der Rede wert?« Harry verschränkte die Arme. Einen Augenblick dachte ich wirklich, sie würde gleich mit dem Fuß wippen.
    »Das Schlimmste war Hippo. Hat mir dauernd eisgefüllte Socken aufs Gesicht gedrückt.«
    Ich grinste. Harry nicht.
    »Noch irgendwelche anderen Sachen, die nicht der Rede wert sind?«
    »Schon gut. Schon gut. Ich hatte einen merkwürdigen Anruf und eine befremdliche E-Mail.«

    »Befremdlich? Wie eine Drohung?«
    Ich wedelte mit der Hand.Vielleicht ja.Vielleicht nein.
    »Erzähl.«
    Ich tat es.
    »Glaubst du, es ist derselbe, der dich umgerannt hat?«
    »Fraglich.«
    Ein rot lackierter Fingernagel deutete auf meine Brust. »Ich wette, es sind diese Wichser aus Tracadie.«
    »Cheech und Chong? Ein bisschen weit hergeholt. Lass uns was essen.«
    Nachdem ich Cormiers Studio verlassen hatte, hatte ich in Schwartz’ Delikatessengeschäft Sandwiches mit geräuchertem Fleisch besorgt. Chez Schwartz Charcuterie Hébraïque de Montréal. Kultureller Synkretismus. Eine Spezialität der Stadt.
    Beim Essen erzählte ich Harry von der Zwischendecke und dem Kontaktbogen. Ihre Reaktion war eine übertriebene Wiederholung der meinen. Wie hatte Évangéline etwas so Demütigendes tun können? Ich hatte keine Antwort darauf. Warum sollte Cormier den Kontaktbogen aufheben? Auch darauf nicht. Warum sollte jemand bei ihm einbrechen, um ihn zu stehlen? Ebenfalls nicht.
    Um die Stimmung etwas aufzuhellen, fragte ich

Weitere Kostenlose Bücher