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Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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    Ich wedelte mit den Händen.
    »Moses.« Hippo schlang die Arme um meine Taille und hob mich in die Höhe.
    Dann stand ich mit zitternden Beinen aufrecht.
    »Muss oben nachschauen«, sagte ich.
    »Vielleicht sollten Sie einen Arzt –«

    Ich packte das Geländer und stieg wieder hoch zu Cormiers Studio. Hippo folgte. Trübes Licht quoll aus dem Türspalt. Hippo stellte sich vor mich und zog seine Waffe.
    »Police!«
    Keine Reaktion.
    »Police!« Die Anspannung ließ Hippos Stimme schrill klingen. »On défonce.« Wir kommen rein.
    Wieder Schweigen.
    Mit erhobener Hand bedeutete Hippo mir, stehen zu bleiben, und trat dann gegen die Tür. Sie schwang nach innen und prallte von der Wand zurück. Er stieß sie mit dem Ellbogen noch einmal auf und bewegte sich, die Waffe beidhändig auf Augenhöhe, in die Wohnung hinein.
    Ich hörte Hippos Schritte im Inneren der Wohnung. Kurz darauf rief er mich.
    »Alles klar.«
    Ich trat ein.
    »Hier.« Hippos Stimme kam aus dem Bad, in dem ich den Eindringling entdeckt hatte.
    Ich lief den Gang entlang und spähte hinein. Diesmal erkannte ich Details, die mir beim ersten, flüchtigen Blick entgangen waren.
    An der Decke verliefen Rohre, die sonst von einer Zwischendeckenkonstruktion aus 30-Zentimeter-Kunststoffplatten mit dünnen Metalleinfassungen verdeckt wurden. Einige Platten waren herausgerissen und lagen im Waschbecken.
    Hippo stand auf dem Waschtisch und leuchtete mit seiner Taschenlampe in das Loch.
    Wut verdrängte den Schmerz in meinem Kopf. »Wie konnte da jemand so einfach reinmarschieren?«
    Hippo stellte sich auf die Zehenspitzen.
    »Der Mistkerl wusste genau, was er wollte. Und genau, wo er suchen musste«, schimpfte ich weiter, obwohl Hippo mir gar nicht zuhörte.

    »Hurenso …?«
    Ohne nach unten zu schauen, reichte Hippo mir seine Taschenlampe.
    »Was? Sehen Sie etwas?«
    Hippo griff in das Loch. Durch jüngste Erfahrungen sensibel für Fragen von Gleichgewicht und Schwerkraft, stellte ich mich dicht hinter ihn, für den Fall, dass er Ersteres verlieren sollte.
    Hippo stellte sich wieder auf die Fersen. Und ließ die Hand zu mir heruntersinken. Ich entnahm ihr ein knittriges Blatt.
    Ein Foto. Ich starrte es an.
    Mein Herz schaltete in den höchsten Gang.

28
    Ich hatte Pornografie erwartet. Silikongeblähte Frauen, die sich in gespielter Ekstase wanden. Oder auf dem Boden knieten wie Katzen mit dem Hintern in der Luft. Darauf war ich vorbereitet.
    Doch hierauf nicht.
    Der Abzug war ein Kontaktbogen. Sepiabraun. Entweder alt oder auf alt gemacht. Der Bogen war so zerknittert und ausgebleicht, dass ich es nicht sicher sagen konnte.
    Der Bogen enthielt zwölf Abbildungen in vier Dreierreihen. Jede Abbildung zeigte ein Mädchen. Jung. Dünn. Nackt. Vielleicht nur aufgrund unprofessioneller Ausleuchtung, vielleicht aber aufgrund eines Belichtungstricks stach die Haut des Mädchens gespenstisch bleich aus der sie umgebenden Dunkelheit hervor.
    Die ersten drei Fotos zeigten das Mädchen in sitzender Position, den Rücken gerundet, die Schultern leicht von der Kamera weggedreht. Füße und Hände waren mit Seilen gefesselt.
    In der zweiten Serie hing ein drittes Seil von einem Haken in der Wand über dem Kopf des Mädchens und endete in einer
Schlinge um seinen Hals. Wo der Haken in die Wand eingeschlagen war, breiteten sich Risse wie ein Spinnennetz über den Verputz aus.
    Die letzten beiden Serien zeigten das Mädchen auf dem Boden, zuerst auf dem Rücken, dann auf dem Bauch liegend. Wieder dienten Seile als Folterinstrumente. Die Hände hinter dem Rücken gefesselt. Die Hände an die Füße gefesselt. Die gefesselten Hände mit dem Seil zu dem Haken hochgezogen.
    Auf jedem Foto hatte das Mädchen den Blick abgewandt. Scham? Angst? Oder einem Befehl folgend?
    Plötzlich erschütterte mich ein härterer Schlag als der auf der Treppe. Der Raum wich zurück. Ich hörte das dumpfe Pochen des Bluts in meinen Ohren.
    Die Wangen waren hohler, die Augen lagen tiefer in den Höhlen.Aber ich kannte dieses Gesicht. Das wilde Durcheinander der Locken.
    Ich schloss die Augen, weil ich mich von dem Mädchen, das den Blick von der Kamera abwandte, lösen wollte. So tun wollte, als hätte das Grauen, das ich hier sah, nicht stattgefunden.
    »Das ist alles.« Hippos Sohlen klatschen hinter mir auf den Boden. »Hat das Mondkalb, das hier rumsuchte, anscheinend übersehen.«
    Hatte sie eingewilligt, sich so missbrauchen zu lassen? Hatte man sie gezwungen?
    »Sie sollten sich

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