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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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völlig zersplittert war. Doch ich gab nicht auf, bis ich schließlich Buchstaben und einen Pfeil erkennen konnte.
    Als ich zum Jeep zurückstolperte, fühlte sich mein rechtes Knie sehr merkwürdig an.
    »Dorthin.« Ich zeigte Ryan die Richtung. Für den kaputten Schaber entschuldigte ich mich nicht.
    Als Ryan das Steuer einschlug, brach das Heck aus, und wir schlingerten. Ich stemmte die Beine gegen das Bodenblech und klammerte mich an den Armlehnen fest.
    Ryan bekam den Jeep wieder unter Kontrolle, und ich entspannte meine Kiefermuskeln.
    »Auf Ihrer Seite ist keine Bremse.«
    »Danke.«
    »In Rouville gibt’s eine Dienststelle der SQ. Dort fahren wir zuerst hin.«
    Obwohl ich mich über die verlorene Zeit ärgerte, widersprach ich ihm nicht. Ich wußte, wenn wir in einem Hornissennest stocherten, konnte es durchaus sein, daß wir Verstärkung brauchten. Und Ryans Jeep hielt sich zwar gut auf Eis, hatte aber kein Funkgerät.
    Fünf Minuten später sah ich den Turm. Oder was davon übrig war. Die Metallkonstruktion war unter dem Gewicht des Eises zusammengebrochen. Träger und Streben lagen geborsten und verbogen auf der Erde verstreut wie Teile eines riesigen Metallbaukastens.
    Kurz hinter dem eingestürzten Turm ging nach links eine Straße ab. In etwa zehn Metern Entfernung entdeckte ich Annas Lebkuchenhaus.
    »Hier ist es, Ryan. Hier abbiegen!«
    »Wir machen das auf meine Art oder gar nicht.« Ohne zu bremsen, fuhr er weiter.
    Ich war verzweifelt. Jedes Argument war mir recht. »Es wird schon hell. Was, wenn sie beschlossen haben, es bei Tagesanbruch zu tun?« Ich dachte an Harry, wie sie betäubt und hilflos irgendwo lag, während diese Eiferer Feuer entzündeten und zu ihrem Gott beteten. Oder wilde Hunde auf ihre Opferlämmer hetzten.
    »Zuerst melden wir uns in der Dienststelle.«
    »Wir könnten zu spät kommen!« Meine Hände zitterten. Ich hielt es einfach nicht aus. Meine Schwester war möglicherweise nur zehn Meter entfernt. Ich spürte, wie mein Brustkorb anfing zu beben, und wandte mich von Ryan ab.
    Ein Baum gab schließlich den Ausschlag.
    Wir waren keine fünfhundert Meter gefahren, als plötzlich eine riesige Fichte uns den Weg abschnitt. Sie war umgestürzt und hatte Stromleitungen quer über die Straße gezerrt. Vier Meter ragte das Wurzelgeflecht in die Höhe. In dieser Richtung konnten wir nicht weiterfahren.
    Ryan schlug mit dem Handballen aufs Lenkrad. »Himmel, Arsch und Wolkenbruch!«
    »Es ist ein Eissturm, kein Wolkenbruch.« Mein Herz hämmerte.
    Ryan starrte mich an, nicht einmal den Anflug eines Lächelns im Gesicht. Draußen heulte der Wind und warf Eis gegen unsere Scheiben.
    »Wir machen das auf meine Art, Brennan. Wenn ich sage, bleiben Sie im Auto, dann rühren Sie sich nicht vom Fleck. Ist das klar?«
    Ich nickte. Ich hätte allem zugestimmt.
    Wir wendeten und bogen kurz vor dem eingestürzten Turm rechts ab. Die Straße war schmal und mit umgestürzten Bäumen übersät, einige entwurzelt, andere am Stamm abgebrochen. Ryan schlängelte sich zwischen ihnen hindurch. An den Straßenrändern bildeten Pappeln, Eschen und Birken umgedrehte Us, ihre Kronen bogen sich unter dem Gewicht des Eises der Erde zu.
    Knapp hinter dem Lebkuchenhaus begann ein Holzzaun. Ryan bremste und rollte langsam daran entlang. An mehreren Stellen hatten umgestürzte Bäume die Querstangen eingerissen. Dann entdeckte ich das erste Lebewesen, seit wir Montreal verlassen hatten.
    Das Auto steckte mit der Nase nach unten in einem Graben, Abgasschwaden umhüllten das Heck, die Hinterräder drehten sich. Die Fahrertür war offen, ich sah ein Bein mit einem gegen den Boden gestemmten Stiefel.
    Ryan hielt an. »Sie bleiben hier.«
    Ich wollte widersprechen, überlegte es mir dann aber anders.
    Er stieg aus und ging zu dem Auto. Von meinem Platz aus konnte ich nicht erkennen, ob der Insasse männlich oder weiblich war. Als Ryan mit dem Fahrer redete, kurbelte ich das Fenster herunter, konnte aber nicht verstehen, was sie sagten. Ryans Atem spritzte in kleinen Dunststrahlen aus seinem Mund. In weniger als einer Minute saß er wieder im Jeep.
    »Nicht gerade der hilfsbereiteste Mensch.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Oui und non. Der Trottel würde es nicht mal merken, wenn Dschingis Khan in sein Nachbarhaus einzieht.«
    Wir rollten weiter, bis der Zaun an einer Kiesauffahrt endete. Ryan fuhr hinein und stellte den Motor ab.
    Zwei Transporter und ein halbes Dutzend PKWs standen vor einem baufälligen Holzhaus. Sie

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