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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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heiser vom Schreien.
    Und ich amüsierte mich.
    Und ich wollte einen Drink.
    Dringend.
    »Hören Sie, ich hab Kopfschmerzen. Sobald Ginger Rogers vom Tanzboden zurück ist, gehe ich.«
    »Ganz wie Sie wollen. Fürs erste Mal haben Sie sich tapfer geschlagen.«
    »Mein Gott, Ryan. Ich war schon mal hier.«
    »Wegen dem Geschichtenerzähler?«
    »Nein!« Daran hatte ich überhaupt nicht gedacht. Ich liebe irische Folklore.
    Ich sah zu, wie Harry hüpfte und sich drehte, daß ihre langen blonden Haare flogen. Alle sahen ihr zu. Nach einer Weile schrie ich Ryan ins Ohr: »Weiß Claudel, wo Anna ist?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Ich gab auf. Ein Gespräch war einfach unmöglich.
    Harry und der Alte tanzten weiter. Sein Gesicht war rot und schweißüberströmt, und seine Ansteckkrawatte hing schief. Als Harry bei einer Drehung in meine Richtung schaute, fuhr ich mir mit dem Zeigefinger über die Kehle. Schluß. Wir gehen.
    Sie winkte mir fröhlich zu.
    Ich deutete mit dem Daumen zum Ausgang, aber sie hatte sich bereits wieder gedreht.
    O Gott.
    Ryan beobachtete mich mit einem amüsierten Grinsen.
    Ich warf ihm einen Blick zu, der El Niño abgekühlt hätte, und er duckte sich und streckte mir abwehrend die Handflächen entgegen.
    Als Harry sich mir das nächste Mal zudrehte, gestikulierte ich wieder, aber sie starrte mit merkwürdigem Blick etwas hinter meiner Schulter an.
    Um viertel nach zwölf wurden meine Gebete erhört, denn die Band machte eine Pause. Harry kam zurück, leicht gerötet, aber strahlend. Ihr Partner sah aus, als brauchte er ein Beatmungsgerät.
    »Wow. Ich bin naß zum Auswringen.«
    Sie strich sich mit dem Finger am Kragen entlang, hüpfte auf ihren Hocker und kippte das Bier, das Ryan ihr bestellt hatte. Als ihr Tanzpartner Anstalten machte, sich neben sie zu stellen, tätschelte sie ihm die Kappe.
    »Vielen Dank, mein Großer. Bis später.«
    Er legte den Kopf schief und sah sie treuherzig an.
    »Bye-bye.« Harry wedelte mit den Fingern, und der Kerl zuckte die Achseln und verschwand in der Menge.
    Harry beugte sich über Ryan. »Tempe, wer ist das da hinten?« Sie deutete mit dem Kopf die Bar entlang.
    Ich wollte mich eben umdrehen.
    »Schau jetzt nicht hin!«
    »Was?«
    »Der große Dünne mit der Brille.«
    Ich verdrehte die Augen, was meinem Kopf nicht guttat. Harry hatte diesen Trick schon in unserer Schulzeit benutzt, wenn ich gehen und sie bleiben wollte.
    »Ich weiß. Er ist süß und sehr an mir interessiert. Aber er ist schüchtern. Die Masche ist uralt, Harry.«
    Die Band stimmte einen neuen Reel an. Ich stand auf und zog meine Jacke an.
    »Zeit fürs Bett.«
    »Nein. Ernsthaft. Der Kerl hat dich die ganze Zeit angestarrt, als ich beim Tanzen war. Ich konnte ihn durchs Fenster sehen.«
    Ich sah in die Richtung, die sie mir gezeigt hatte. Auf keinen paßte die Beschreibung.
    »Wo?«
    Sie musterte die Gesichter an der Bar, drehte dann den Kopf und sah in die andere Richtung.
    »Wirklich, Tempe.« Sie zuckte die Achseln. »Jetzt sehe ich ihn nicht mehr.«
    »Er ist wahrscheinlich einer meiner Studenten. Sie wundern sich immer, wenn sie mich ohne Krückstock sehen.«
    »Ja, wahrscheinlich. Der Kerl hat ziemlich jung für dich ausgesehen.«
    »Danke.«
    Ryan sah uns zu wie ein Großvater, der seine Enkel beobachtet.
    »Bist du soweit?« Ich knöpfte meine Jacke zu. Und zog meine Handschuhe an.
    Harry sah auf ihre Rolex und sagte genau, was ich erwartete.
    »Es ist doch erst kurz nach Mitternacht. Könnten wir nicht –«
    »Ich gehe, Harry. Die Wohnung ist nur vier Blocks von hier entfernt, und du hast einen Schlüssel. Du kannst noch bleiben, wenn du willst.«
    Einen Augenblick lang schaute sie unentschlossen drein, dann wandte sie sich an Ryan. »Bleiben Sie noch?«
    »Klar doch, Kleine.«
    Sie sah mich genauso treuherzig an wie zuvor der Alte sie.
    »Du hast wirklich nichts dagegen?«
    »Natürlich nicht.« Und wie ich was dagegen hatte.
    Ich erklärte ihr die Schlüssel, und sie umarmte mich.
    »Ich werde Sie begleiten«, sagte Ryan und griff nach seiner Jacke. Mein Beschützer.
    »Nein, danke. Ich bin schon ein großes Mädchen.«
    »Dann rufe ich Ihnen wenigstens ein Taxi.«
    »Ryan, ich kann gut auf mich allein aufpassen.«
    »Wie Sie wollen.« Er setzte sich wieder und schüttelte den Kopf.
    Nach der Hitze und dem Rauch im Pub tat die kalte Luft gut. Ungefähr eine Millisekunde lang. Die Temperatur war gefallen, und der Wind hatte zugenommen, was die Kälte fast unerträglich

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