Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
Vom Netzwerk:
zusammen, ich rang wieder nach Luft.
    Dann zerrte er meinen Kopf am Schal hoch und drückte ihn mit der Hand wieder nach unten. Mein Ohr schrammte über Eis und Kies, Sterne tanzten mir vor den Augen. Immer wieder riß er mir den Kopf hoch und drückte ihn nach unten, und die Sterne verschmolzen miteinander. Blut lief mir übers Gesicht, und ich schmeckte es im Mund. Ich glaubte, im Nacken etwas reißen zu spüren. Mein Herz hämmerte.
    Geh runter von mir, du verrückter Scheißkerl!
    Mir wurde schwindelig. Mein gemartertes Hirn sah den Autopsiebericht voraus. Meine Autopsie. Nichts unter den Nägeln. Keine Abwehrverletzungen.
    Nicht ohnmächtig werden.
    Ich wand mich und versuchte zu schreien, aber wieder war meine Stimme kaum hörbar.
    Plötzlich ließ der Angreifer meinen Kopf los und beugte sich wieder über mich. Er sagte etwas, aber durch das Rauschen in den Ohren verstand ich nur wenige Wortfetzen.
    Dann spürte ich, wie er mir eine Hand in den Rücken drückte und sein Gewicht sich von mir hob. Stiefel knirschten auf Kies, und er war verschwunden.
    Benommen zog ich die Hände aus den Taschen, richtete mich auf, drehte mich in eine sitzende Position. Schwindel erfaßte mich, ich zog die Knie an und steckte den Kopf dazwischen. Meine Nase lief, und Blut oder Speichel tropften mir aus dem Mund. Meine Hände zitterten, als ich mir mit dem Schal über das Gesicht wischte, und ich wußte, ich war nur um Haaresbreite von Tränen entfernt.
    Der Wind riß an den kaputten Fenstern des aufgegebenen Theaters. Wie hieß es gleich wieder? Yale? York? Das zu wissen schien plötzlich unglaublich wichtig. Wo war ich nur? Ich begann unkontrolliert zu zittern, vor Kälte, vor Angst und vielleicht auch vor Erleichterung.
    Als das Schwindelgefühl nachließ, stand ich auf, drückte mich an dem Gebäude entlang und spähte um die Ecke. Es war niemand zu sehen.
    Meine Beine waren wie Gummi, als ich nach Hause stolperte, und alle paar Schritte schaute ich über die Schulter. Die wenigen Fußgänger, denen ich begegnete, sahen weg und wichen mir aus. Nur eine Betrunkene.
    Zehn Minuten später saß ich, inzwischen wieder etwas beruhigt und aufgewärmt, auf der Bettkante und untersuchte mich nach Verletzungen. Meine Pupillen waren normal und koordiniert. Kein Taubheitsgefühl. Keine Übelkeit.
    Der Schal hatte mir genutzt und geschadet zugleich. Einerseits hatte er meinem Angreifer eine einfache Handhabe geboten, andererseits hatte er Stöße und Schläge gedämpft. Ich entdeckte einige Schnitte und Abschürfungen an der rechten Kopfseite, aber eine Gehirnerschütterung hatte ich offensichtlich nicht.
    Nicht schlecht für das Opfer eines Raubüberfalls, dachte ich, als ich zwischen die Laken schlüpfte. Aber war es überhaupt ein Raubüberfall gewesen? Der Kerl hatte mir nichts abgenommen. Warum war er davongerannt? War er in Panik geraten? War er einfach nur betrunken gewesen? Hatte er plötzlich gemerkt, daß ich nicht diejenige war, für die er mich hielt? Temperaturen unter dem Gefrierpunkt inspirieren nicht gerade zu sexuellen Übergriffen. Was war sein Motiv?
    Ich versuchte zu schlafen, aber in meinen Adern pulsierte noch das Adrenalin. Litt ich etwa doch an einem posttraumatischen Syndrom? Meine Hände zitterten immer noch, und bei jedem Geräusch schreckte ich hoch.
    Kurze Zeit überlegte ich mir, ob ich die Polizei rufen sollte. Aber wozu? Ich war kaum verletzt, nichts war gestohlen worden. Und ich hatte den Kerl nie zu Gesicht bekommen. Sollte ich es Ryan sagen? Nach meinem großspurigen Abgang auf keinen Fall. Harry? Ebenfalls nicht.
    Wo zum Teufel war Harry überhaupt?
    Ich drehte mich um und sah auf die Uhr. Zwei Uhr siebenunddreißig. Ich berührte meine aufgeplatzte Lippe. Würde sie es bemerken? Wahrscheinlich. Harry hatte die Instinkte einer Wildkatze. Ihr entging nichts. Ich mußte mir nur eine Ausrede einfallen lassen – irgendwas von heimtückischen Türen oder einem Ausrutscher auf dem Eis mit den Händen in den Taschen.
    Langsam fielen mir die Augen zu – und waren auf einen Schlag wieder offen, als ich noch einmal das Knie in meinem Rücken spürte, das keuchende Atmen hörte.
    Wieder der Blick auf die Uhr. Viertel nach drei. Hatte das Hurley’s so lange geöffnet? War Harry mit Ryan nach Hause gegangen?
    »Wo bist du, Harry?« sagte ich zu den grünen Leuchtziffern.
    Dann lag ich da und wünschte mir, sie würde endlich heimkommen und ich würde nicht mehr allein sein.

12
    Als ich aufwachte, schien hell die

Weitere Kostenlose Bücher