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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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machte.
    Schon nach wenigen Schritten traten mir Tränen in die Augen, und ich spürte, wie sich an meinen Nasenlöchern Eis bildete. Ich zog mir den Schal über Mund und Nase und verknotete ihn fest am Hinterkopf. So sah ich zwar unmöglich aus, aber wenigstens froren mir die Körperöffnungen nicht ein.
    Ich steckte die Hände tief in die Taschen, zog den Kopf ein und stapfte weiter. So warm verpackt, aber mit stark eingeschränktem Gesichtsfeld ging ich schräg über die Crescent und zur Ste. Catherine. Kein Mensch war zu sehen.
    Ich hatte gerade die McKay überquert, als ich spürte, wie mein Schal sich straffte und es mir den Boden unter den Füßen wegzog. Zuerst dachte ich, ich sei auf Eis ausgerutscht, aber dann merkte ich, daß ich nach hinten gerissen wurde. Jemand zerrte mich in eine Gasse an der Seite des alten York Theatres, wirbelte mich herum und drückte mich mit dem Gesicht gegen die Wand. Wehren konnte ich mich nicht, denn meine Hände steckten in den Taschen, und noch als mein Gesicht auf die Ziegel traf und ich nach unten glitt, versuchte ich vergeblich, sie herauszuziehen. Ich sank auf die Knie und wurde mit dem Gesicht in den Schnee gedrückt. Ein kräftiger Schlag traf meinen Rücken, als würde sich ein schwerer Mensch auf mein Rückgrat knien. Schmerz schoß mir den Rücken entlang, ich keuchte. Der Angreifer preßte mich bäuchlings auf den Boden. Ich konnte nichts sehen, ich konnte mich nicht rühren, und ich konnte nicht atmen. Panik kam in mir auf, die Gier nach Luft. Das Blut pochte mir in den Ohren.
    Ich schloß die Augen und konzentrierte mich darauf, den Mund zur Seite zu drehen. Einen flachen Atemzug schaffte ich. Dann noch einen. Und noch einen. Das Brennen ließ nach, mein Luftaustausch funktionierte wieder.
    Ich hatte Schmerzen am Kinn und im Gesicht. Mein Kopf war in einem verdrehten Winkel eingeklemmt, das rechte Auge in den gefrorenen Schnee gedrückt. Da lag etwas Sperriges unter mir – meine Handtasche. Sie war es, die mir die Luft abgedrückt hatte.
    Gib ihm die Handtasche!
    Ich wand mich, um freizukommen, aber Jacke und Schal engten mich noch immer ein wie eine Zwangsjacke. Ich spürte, wie sein Körper sich bewegte. Er schien sich auf mir zu strecken. Dann sein Atem in meinem Ohr. Obwohl durch den Schal gedämpft, klang er schwer und schnell. Verzweifelt, tierhaft in seiner Heftigkeit.
    Jetzt bloß nicht ohnmächtig werden. Bewußtlosigkeit bei diesem Wetter bedeutet den Tod. Beweg dich. Tu irgendwas!
    Unter meiner dicken Kleidung war ich schweißgebadet. Ich bewegte tastend die Hand in meiner Jackentasche. Meine Finger im Wollfäustling waren feucht.
    Da!
    Ich umklammerte meinen Schlüsselbund. Wenn er den Griff lockerte, war ich bereit. Hilflos wartete ich auf meine Chance.
    »Laß das«, zischte mir eine Stimme ins Ohr.
    Er hatte die Bewegung bemerkt!
    »Du weißt ja nicht, was du tust. Laß die Finger davon!«
    Von was die Finger lassen? Was glaubte er denn, was ich tat?
    »Laß das«, wiederholte er, die Stimme zitternd vor Erregung.
    Ich konnte nicht reden, und er schien keine Antwort zu erwarten. War er ein Verrückter und kein Räuber?
    Es kam mir vor, als würden wir eine Ewigkeit so liegen. Autos rauschten vorbei. Mein Gesicht war völlig taub, und meine Halswirbel fühlten sich an, als würden sie gleich brechen. Ich atmete mit offenem Mund, der Speichel gefror auf dem Schal.
    Bleib ruhig. Denk nach!
    Was war das für ein Typ? War er betrunken? Bekifft? Unentschlossen? Oder brauchte er erst ein paar perverse Spielchen, bevor er sich über mich hermachte? Mein Herz klopfte so laut, daß ich fürchtete, das Geräusch könnte ihn erst recht anstacheln.
    Dann hörte ich Schritte. Er mußte sie auch gehört haben, denn er zog den Schal noch straffer und legte mir eine behandschuhte Hand übers Gesicht.
    Schrei! Tu irgendwas.
    Ich konnte ihn nicht sehen, und das machte mich wahnsinnig.
    »Geh runter von mir, du verdammter Mistkerl!« schrie ich durch den Schal.
    Aber meine Stimme klang durch das dicke Wollgewebe wie eine Million Kilometer entfernt.
    Trotz der feuchten Finger in den dicken Handschuhen hielt ich meine Schlüssel fest umklammert und spannte die Muskeln an, um ihm das Metall ins Auge zu rammen, sobald ich Gelegenheit dazu bekam. Plötzlich spürte ich, wie der Schal noch straffer wurde und sein Körper sich bewegte. Er kniete nun wieder auf mir, sein gesamtes Gewicht drückte auf meinen Rücken. Sein Gewicht und meine Handtasche preßten mir die Lunge

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