Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan
überwachen die Population sehr genau. Außerdem gibt es Forschungsprojekte. Jane zum Beispiel arbeitet an einer Serotonin-Studie. Sie geht jeden Tag raus, um bestimmte Verhaltensweisen aufzuzeichnen und zu beobachten, welche Affen aggressiver, impulsiver sind. Diese Daten vergleichen wir dann mit ihrem Serotoninspiegel. Außerdem berücksichtigen wir die Stellung der Tiere in der Gruppe. Janes Affen tragen Telemetriekragen, die Signale aussenden, damit wir sie leichter finden können. Du wirst sicher bald einen sehen.«
»Serotonin ist eine Chemikalie im Hirn«, warf ich dazwischen.
»Ja«, sagte Katy. »Ein Neurotransmitter, von dem man annimmt, daß er die Aggression steuert.«
Sam und ich lächelten uns an. Was für ein Mädchen.
»Wie kann man denn feststellen, ob ein Affe impulsiv ist?« fragte Katy.
»Er geht größere Risiken ein. Macht zum Beispiel hoch oben in den Bäumen weitere Sprünge. Oder verläßt schon sehr früh sein Zuhause.«
»Er?«
»Das ist ein Pilotprojekt. Keine Mädchen.«
»Vielleicht siehst du einen meiner Jungs im Lager«, sagte Jane und schnallte sich ein Kästchen mit einer langen Antenne um die Taille. »J-7. Er gehört zur O-Gruppe. Die hängen ziemlich oft hier rum.«
»Ist das der Kleptomane?« fragte Hank.
»Ja. Er klaut alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Letzte Woche hat er sich mal wieder einen Kugelschreiber geschnappt. Und Larrys Armbanduhr. Larry hätte fast einen Herzinfarkt bekommen, als er ihm nachjagte.«
Nachdem jeder seine Ausrüstung verstaut, seinen Tagesplan noch einmal kontrolliert und sich auf den Weg gemacht hatte, lud Sam Katy zu einer Besichtigungstour der Insel ein. Ich ging mit und sah zu, wie meine Tochter zu einer Affenbeobachterin wurde.
Während wir über die Pfade schlenderten, zeigte Sam ihr die Fütterungsstationen und erklärte ihr, welche Gruppen welche Stationen besuchten. Er redete über Territorien, Dominanzstrukturen und mütterliche Abstammungslinien, während Katy mit einem Fernglas die Bäume absuchte.
An der Fütterungsstation E warf Sam getrocknete Maiskörner auf das Wellblechdach.
»Verhalt dich still und schau zu«, sagte er.
Bald hörten wir Blätterrascheln und sahen eine Gruppe, die sich der Lichtung näherte. Innerhalb weniger Minuten waren wir von Affen umgeben, von denen einige noch in den Bäumen blieben, während andere zu Boden sprangen, zum Futterplatz rannten und Mais aufklaubten.
»Das ist die F-Gruppe«, sagte Sam. »Es ist nur eine kleine Gruppe, aber sie wird angeführt von einem der ranghöchsten Weibchen auf der Insel. Das ist ‘ne echte Xanthippe.«
Nachdem wir ins Lager zurückgekehrt waren, fragte Katy, ob sie noch einmal allein losziehen dürfe. Sam gab ihr einen Sack mit Mais, und sie verschwand, mit Kamera und Fernglas bewaffnet, in einem Tunnel aus Eichen.
Sam und ich setzten uns auf die Veranda und unterhielten uns eine Weile, dann machte er sich an seine Arbeit, und ich nahm mir meine CT-Auswertung vor. Ich bemühte mich zwar, aber es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren. Sinus-Kurven sind ziemlich langweilig, wenn man nur den Kopf zu heben braucht, um die Sonne auf der Marsch glitzern zu sehen und salz- und kiefernwürzige Luft zu schnuppern.
Mittags kehrte die Belegschaft zurück und Katy ebenfalls. Nach Sandwiches und Fritos kehrte Sam zu seinen Daten zurück, und Katy verschwand wieder im Wald.
Auch ich beugte mich wieder über meine Papiere, aber es hatte keinen Zweck. Nach drei Seiten döste ich ein.
Ein vertrautes Geräusch weckte mich auf.
Tonk! Rat a tat a tat a tat a tat. Tonk. Rat a tat a tat tat tat.
Zwei Affen waren von den Bäumen heruntergesprungen und rannten über das Dach der Veranda. So unauffällig wie möglich öffnete ich das Fliegengitter und schlich hinaus auf die Stufen. Die O-Gruppe war ins Lager eingefallen und hockte in den Ästen über dem Stützpunkt. Die beiden Affen, die mich geweckt hatten, sprangen vom Stützpunkt auf den Wohnwagen und ließen sich auf den entgegengesetzten Enden des Daches nieder.
»Das ist er.« Ich hatte Sam gar nicht kommen gehört. »Schau.«
Er gab mir sein Fernglas.
»Ich kann die Tätowierungen erkennen«, sagte ich, das Fernglas auf die Brusthöhe der beiden gerichtet. »J-7 und GN-9. J-7 hat einen Kragen.«
Ich gab Sam das Fernglas zurück, und er musterte die beiden.
»Was zum Teufel hat der denn da? Der kleine Scheißer wird doch nicht etwa immer noch Larrys Uhr mit sich herumschleppen.«
Er gab mir noch einmal
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