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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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den Schwanz in der Luft, den Blick direkt auf mein Gesicht gerichtet. Das scharfe, kehlige Bellen war seine Art, »Verschwinde!« zu sagen.
    Als ich seinen Blick erwiderte, richtete der Affe sich auf, senkte den Kopf und hob ihn in einer diagonalen Bewegung von links unten nach rechts oben. Er wiederholte dieses schiefe Nicken ein paarmal, wirbelte dann herum und sprang in den nächsten Baum.
    Mit geschlossenen Augen, das Gesicht angespannt vor Konzentration, drehte Jane an ihrem Regler. Nach einer Weile schüttelte sie den Kopf und ging weiter den Pfad entlang.
    Sam suchte die Baumwipfel ab, als Jane wieder stehenblieb und sich, völlig auf die Signale in ihrem Kopfhörer konzentriert, im Uhrzeigersinn drehte.
    Schließlich: »Ich bekomme ein sehr schwaches Signal.«
    Sie drehte sich in die Richtung, in die der junge Affe verschwunden war, blieb kurz stehen und drehte sich weiter.
    »Ich glaube, es ist drüben bei Alcatraz.«
    Zwar waren die meisten Pferche auf der Insel mit Buchstaben gekennzeichnet, doch einige der älteren trugen noch Namen wie O.K. Corral oder Alcatraz.
    Wir bewegten uns auf Alcatraz zu, aber kurz vor dem Pferch verließ Jane den Pfad und verschwand zwischen den Bäumen. Die Vegetation war hier dichter und der Boden unter den Füßen schwammig.
    Sam drehte sich zu mir um. »Am Teich mußt du aufpassen. Alice hatte letzte Saison einen Wurf Junge, und ich fürchte, sie ist nicht sehr gesellig.«
    Alice ist eine über vier Meter lange Alligatordame, die seit Menschengedenken auf Murtry lebt. Keiner weiß mehr, wer sie so getauft hat. Die Belegschaft respektiert ihr Recht, hier zu sein, und läßt sie an ihrem Tümpel in Frieden.
    Ich zeigte Sam den hochgereckten Daumen. Ich habe zwar keine Angst vor Alligatoren, reiße mich aber auch nicht unbedingt um ihre Gesellschaft.
    Wir hatten uns nur wenige Meter vom Pfad entfernt, als ich ihn bemerkte, zuerst nur schwach, nur eine Variation des dunklen, organischen Waldgeruchs. Anfangs war ich mir nicht sicher, doch als wir näherrückten, wurde der Geruch immer stärker, und ich spürte, wie sich mir ein kaltes, enges Band um die Brust legte.
    Jane wandte sich nach Norden, vom Tümpel weg, und Sam folgte ihr, das Fernglas auf die Baumwipfel gerichtet. Ich blieb zurück. Der Geruch wehte mir direkt von vorne entgegen.
    Einem umgestürzten Tupelobaum ausweichend, blieb ich stehen. Direkt vor mir lag das mit Gestrüpp und Zwergpalmen bewachsene Ufer des Tümpels. Das Rascheln von Janes und Sams Schritten verlor sich in der Entfernung, es wurde still im Wald.
    Der Geruch verwesenden Fleisches ist wie kein anderer. Ich hatte ihn an dem Kieferknochen gerochen, und jetzt schwängerte der süßliche Gestank die Nachmittagsluft. Ich war nahe dran. Flach atmend drehte ich mich, wie Jane es getan hatte, mit geschlossenen Augen, ganz auf den Geruchssinn konzentriert. Dieselbe Bewegung, ein anderes Organ. Jane hatte mit ihren Ohren gesucht, ich jagte mit meiner Nase.
    Der Geruch kam aus der Richtung des Tümpels, und ich bewegte mich darauf zu. Meine Nase folgte dem Geruch, während meine Augen nach dem Alligator Ausschau hielten. Über mir bellte ein Affe, Urin plätscherte zu Boden. Zweige raschelten, Blätter trudelten herunter. Mit jedem Schritt wurde der Geruch stärker.
    Ich näherte mich dem Tümpel bis auf drei Meter, blieb dann stehen und richtete mein Fernglas auf das Gestrüpp aus Zwerg- und Stechpalmen, das mich vom Wasserrand trennte. Eine irisierende Wolke waberte darüber.
    Behutsam einen Fuß vor den anderen setzend, schlich ich vorwärts. Am Rand des Gestrüpps war der Gestank überwältigend. Ich horchte. Stille. Ich suchte das Unterholz ab. Nichts. Mein Herz raste, Schweiß lief mir übers Gesicht.
    Beweg dich, Brennan. Für Alligatoren bist du zu weit weg vom Tümpel.
    Ich zog ein Halstuch aus der Tasche, hielt es mir vor Mund und Nase und kauerte mich hin, um nachzuschauen, was die Fliegen so attraktiv fanden.
    Der Schwarm erhob sich und umschwirrte mich. Ich wedelte sie weg, aber sie kamen sofort zurück. Während ich mit der einen Hand Fliegen verscheuchte, wickelte ich mir das Tuch um die andere und hob die Stechpalmzweige an. Aufgeregt summende und flatternde Insekten prallten mir gegen Gesicht und Arme.
    Die Fliegen wurden angezogen von einem flachen Grab, das unter dem dichten Laubwerk versteckt war. Ein menschliches Gesicht starrte daraus hervor, dessen Züge im Dämmerlicht zu verschwimmen, sich zu verändern schienen. Ich beugte mich

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