Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)
Glaspartikeln und menschlichen und tierischen Haaren. Ich tippe auf Bodenkontakt.
Das auf dem schwarzen Stoff kaum zu sehende Blut fühlt sich hart und steif an. Es sind dunkle Flecke, wo es aus Howard Roths Kopfwunden getropft ist. Ich bitte Lucy, wieder Licht zu machen. Der Großteil des Blutes befindet sich hinten am Kragen und an der Schulterpartie, als hätte er am Hinterkopf geblutet, während er rücklings dalag und sich unter ihm eine Lache ausbreitete. Ich kann mir vorstellen, wie Luke zu dem Schluss gekommen ist, die Wunde sei entstanden, als der Tote auf dem Kellerboden am Fuß der Treppe aufgeprallt ist. Aber ich glaube es nicht.
»Bestimmt ist dir auch schon aufgefallen, dass die Sache mit seiner Frau ganz ähnlich abgelaufen sein muss wie bei den anderen.« Lucy spricht weiter über Channing Lott.
»Ich brauche Fotos davon, wie Roths Leiche aufgefunden wurde. Schau mal nach, ob Machado sie schon geschickt hat.«
»Seine vermisste Frau gehört derselben Altersgruppe an und hat es ebenfalls im Leben zu etwas gebracht. Eine Respektsperson.« Lucy wendet sich wieder dem Computer zu. »Man würde sie eindeutig nicht zu einer Risikogruppe zählen, ganz im Gegenteil. Die Fotos sind da. Ich öffne jetzt die Datei.«
»Liegt er auf dem Rücken oder auf dem Bauch?« Ich mache eine Schranktür auf und halte Ausschau nach dem dreiprozentigen Hydrogenperoxid.
»Auf dem Rücken und der linken Hüfte. Ein wenig verdreht«, antwortet sie.
Ich gehe zum Computer, um es mir selbst anzusehen. Howard Roths Körper befindet sich in halb seitlicher Lage auf dem Kellerboden am Fuß der Treppe. Er starrt nach oben, seine Knie sind angezogen, die Arme ruhen angewinkelt zu beiden Seiten. In seinem Nacken breitet sich eine angetrocknete Blutlache aus, die unter seinen Schultern verschwindet. Ich bin ziemlich sicher, dass er so gelandet ist und sich danach nicht mehr bewegt hat.
»Mich stört, dass Channing Lott einzig und allein wegen E-Mails von ihm und dem Menschen, den er angeblich als Killer anheuern wollte, in Verdacht geraten ist«, meint Lucy. »Das ist dir doch bekannt, oder?«
»Ich habe mich nicht näher damit beschäftigt.« Ich kehre zum Schrank zurück und hole Gläser mit Sodiumacetat und 5 -Sulfosalicylsäure.
»Ich rufe die Online-Nachrichten auf«, antwortet sie und tut es. »Am 4 . März, einem Sonntag? Da hat Channing Lott eine Mail an seine Privatadresse bekommen, und zwar von einem Absender, den er angeblich nicht kannte. Allerdings wurde angenommen, dass es sich um einen Mitarbeiter einer seiner Speditionen handelte. Er hat im Verhör ausgesagt, er könnte unmöglich alle seiner Mitarbeiter namentlich kennen.«
Lucy liest die in dem Bericht zitierte Mail.
Mir ist klar, dass es eigentlich unpassend ist, mich direkt per Mail mit Ihnen in Verbindung zu setzen, doch ich benötige eine Bestätigung unserer Geschäftspartnerschaft sowie eine Transaktion, bevor ich mich an die Problemlösung mache.
»Und was hat Channing Lott geantwortet?« Ich löse die Sulfosalicylsäure in Hydrogenperoxid.
»
Steht die Prämie von einhunderttausend Dollar noch?,
hat er geantwortet.«
»Das klingt eindeutig belastend.« Ich überprüfe das Reagens Leuco Crystal Violet, LCV , um mich zu vergewissern, dass es sich nicht gelb verfärbt hat und noch weiß und frisch ist.
»Er behauptet, bei dem Schriftwechsel sei es um einen Geldpreis gegangen, den seine Spedition auslobt«, erwidert sie. »Er habe sich öfter mit anderen Schifffahrtsunternehmen zusammengetan, um Wissenschaftlern für machbare Lösungen zur Reduzierung von Treibhausgasen einen Preis zu verleihen.«
Ich gebe dem LCV einen kationischen Triphenylmethanfarbstoff hinzu und rühre mit einem magnetischen Stäbchen um.
»Das Preisgeld betrug tatsächlich einhunderttausend Dollar«, fügt Lucy hinzu.
»So eine Erklärung könnte auch von Jill Donoghue kommen.« Ich gieße einen Teil der Lösung in eine Sprühflasche.
»Nur dass der Mildred-Vivian-Cipriano-Preis schon seit über zehn Jahren existiert«, entgegnet Lucy. »Also wurde er nicht von der Verteidigung erfunden, um die E-Mails wegzuerklären. Und da der Verfasser nie identifiziert, geschweige denn festgenommen wurde, gehe ich davon aus, dass die Mail an Lott nicht nachzuvollziehen war. Hört sich doch irgendwie bekannt an, oder?«
»Könntest du mir das D- 70 -Objektiv aus dem Schrank holen?«, bitte ich sie. »Wir wollen es mit Infrarot versuchen, um festzustellen, ob wir noch weitere Blutflecke
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