Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)
glaubt. Und Sie stecken mit ihr unter einer Decke und machen ihre Spielchen mit. Und wozu? Damit sie etwas fünf Minuten vor uns rauskriegt? Vor dem FBI ? Aus Neid?«
»Lucy neigt nicht dazu, neidisch zu sein«, erwidere ich in ruhigem Ton. »Was ich von Ihnen nicht behaupten würde.«
»Sicher ist es ein schwerer Schlag, von einer Institution gefeuert zu werden, mit der man tagtäglich konfrontiert wird.«
»Ja, ganz sicher ist es das«, entgegne ich spitz, denn Douglas Burke wird täglich mit Benton und Erinnerungen an ihn konfrontiert und ist gefeuert worden.
Er hat sie als seine Partnerin gefeuert und will, dass sie weit weg versetzt wird. Vielleicht hat er hinter den Kulissen noch andere Vorschläge gemacht. Special Agent Douglas Burke ist nicht diensttauglich. Sie sollte keine Waffe tragen oder Leute festnehmen, und ich warne sie so taktvoll wie möglich davor, sich mit Lucy anzulegen. Es wäre nicht sehr klug, einfach bei meiner Nichte vor der Tür zu stehen, ihr einen unangekündigten Besuch abzustatten oder sie zu verfolgen, wie sie es gerade bei mir getan hat.
»Sie kennen ihre Vergangenheit und wissen, was ich meine«, sage ich zu Burke, die vermutlich über jede Waffe Bescheid weiß, die Lucy besitzt. Sämtliche Pistolen und Gewehre, die sie in Massachusetts hat registrieren lassen und für die sie einen Waffenschein hat.
»Wollen Sie mir drohen?« Sie lächelt, und in diesem Moment bin ich endgültig sicher, dass sie schwer gestört, krank und möglicherweise gewalttätig ist.
»Es ist nicht meine Art, Leuten zu drohen«, antworte ich. Inzwischen bin ich ausgesprochen besorgt.
»Ich habe keine Angst davor, diesen Fall aufzuklären«, fährt sie fort. »Offenbar im Gegensatz zu einigen anderen. Ich habe keine Angst und lasse mich nicht bestechen.«
Ich fürchte mich nicht nur um ihre Sicherheit, sondern auch um die anderer Menschen.
»Ich lasse mich nicht von politischen Beziehungen und Geld einschüchtern oder beeinflussen«, fährt sie fort. »Ich gehe weder mit Bundesrichtern oder Staatsanwälten ins Bett, noch bin ich so dumm zu glauben, dass man, wenn man im Gefängnis sitzt, nicht die Möglichkeit hat, jemanden zu beauftragen. Mit einem halben Jahr Knast ist man doch ziemlich gut bedient, wenn man dafür seine verhasste Ehefrau loswird.«
»Und das wissen Sie. Sie wissen, dass er sie gehasst hat. Woher denn?« Ich muss an mich halten, um mich nicht mit jemandem herumzustreiten, der logischen Argumenten nicht mehr zugänglich ist.
»Mich interessiert nur, warum Sie ihn schützen. Dass Sie Ihre Nichte decken, ist klar. Aber weshalb Channing Lott?«
»Am besten sind Sie jetzt endlich still«, entgegne ich, denn sie ist nicht mehr erreichbar.
»Was hat er Ihnen versprochen?«
»Reiten Sie sich doch nicht noch tiefer rein.«
»Er war bei Ihnen«, fährt sie fort. »Das passt doch alles großartig. Was hat er Ihnen denn erzählt, Kay? Von dem verschwundenen Hund? Davon, welche Angst seine Frau hatte? Er hat Ihnen Märchen aufgetischt, während Ihre Nichte Firewalls geknackt hat. Und jetzt versuchen Sie, mich aus der Stadt zu jagen und mich zu ruinieren? Und Sie glauben tatsächlich, dass Sie das schaffen werden?«
»Ich will nur nicht, dass Sie sich selbst ruinieren.«
Ich weise sie darauf hin, dass sie sich ernste Probleme einhandeln wird, wenn sie mich weiter verfolgt und mich mit unhaltbaren Vorwürfen überhäuft. Außerdem fühlte ich mich von ihr bedroht.
»Sie sollten ins Büro fahren«, sage ich zu ihr, denn ich glaube zu wissen, was sie jetzt vorhat. Außerdem erinnere ich mich an jede von Bentons Aussagen über sie und ihr Verhalten in Lucys Gegenwart. Doch gleichzeitig weiß ich, dass es zwecklos ist.
Es ist nicht nur Pseudoephedrin oder welche Drogen sie auch sonst immer nimmt. Es geht darum, dass Douglas Burke etwas beweisen will, und sie wird mir nicht zuhören, weil sie es nicht kann.
»Mit mir würde er sich so viel besser fühlen.« Damit meint sie Benton.
Der wichtigste Fall, den Douglas Burke in ihrem Leben aufklären muss, ist kein Bankraub oder eine Mordserie, sondern ihre eigene Vergangenheit. Ich weiß nicht, was man mit ihr gemacht hat, vermutlich in ihrer Kindheit. Aber es interessiert mich auch nicht.
»Ihm ist das auch klar«, sagt sie durch das offene Fenster ihres Dienstwagens zu mir. »Schade, dass Sie nicht das Beste für ihn wollen. Indem Sie versuchen, mich zu sabotieren, Kay, retten Sie diese jämmerliche Farce von einer Ehe auch nicht
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