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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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    »Fahren Sie zurück ins Büro und sprechen Sie mit jemandem.« Ich bemühe mich um einen beschwichtigenden Tonfall. »Sagen Sie jemandem das, was Sie gerade mir gesagt haben. Schütten Sie jemandem ihr Herz aus, vielleicht Jim, Ihrem Vorgesetzten«, sage ich kühl, leidenschaftslos, ja, beinahe anteilnehmend. »Sie müssen mit jemandem reden.«
    Sie braucht Hilfe, wird aber nichts in dieser Richtung unternehmen. Ich habe einen starken Verdacht, was sie stattdessen beabsichtigt, und rufe auf der Fahrt nach Cambridge Benton an.
    »Ich glaube, sie will Channing Lott zur Rede stellen«, hinterlasse ich eine Nachricht auf seiner Mailbox, weil er nicht ans Telefon geht. »Sie dreht durch. Jemand muss sie zurückhalten. Wenn sie nicht sofort gebremst wird, bringt sie sich in Gefahr.«
    Ich stoppe bei einer Starbucks-Filiale, um mir einen Kaffee zu holen, einen doppelten, schwarz, als würde mir das beim Nachdenken helfen. Als könnte das Koffein mich beruhigen. Dann bleibe ich eine Zeitlang im Auto sitzen und versuche noch einmal, Benton zu erreichen. Danach schicke ich ihm eine SMS , damit er auch sicher die Nachricht erhält, dass er Douglas Burke umgehend in den Arm fallen muss, bevor sie eine Dummheit macht, sich in Gefahr bringt und womöglich irreparable Schäden anrichtet. Sie ist nicht ganz klar im Kopf, hat sich in etwas verrannt und besitzt außerdem eine Waffe. Ich werfe den halbleeren Kaffeebecher in den Müll. Als ich losfahre, überlege ich, ob ich Lucy warnen soll, entscheide mich aber dagegen, weil ich nicht weiß, was sie dann tun wird.
    Inzwischen ist es dunkel. Die Sonne ist hinter einem schwarzen Horizont versunken, als ich das Fayth House erreiche, ein Backsteingebäude, gepflegt und verhältnismäßig modern mit ordentlich abgezirkelten Blumenbeeten und Bäumen davor. Als ich auf den Parkplatz fahre, kommt mir ein silberfarbener SUV entgegen. Sonst sind nur wenige Fahrzeuge zu sehen, vermutlich deshalb, weil die meisten Bewohner eines Seniorenheims nicht Auto fahren. Ich trete in die geschmackvolle, mit einem blauen Teppich, blauen Möbeln und Seidenblumen ausgestattete Vorhalle. Die Americana-Drucke und Poster an den Wänden erinnern mich an Peggy Stantons Schecks.
    Am Empfang sitzt eine mollige Frau mit krausem braunem Haar, die eine dicke Brille trägt. Ich frage sie, wer hier die Leitung hat.
    »Welchen Bewohner möchten Sie denn besuchen?«, erwidert sie mit einem freundlichen Lächeln.
    Ich erkundige mich, ob es hier einen Heimleiter gebe. Mir sei klar, wie spät es sei, doch ich müsse mit jemandem aus der Verwaltung sprechen. Es sei dringend, füge ich hinzu.
    »Ich glaube, Mrs. Hoyt ist noch im Haus. Sie hatte eine späte Sitzung.« Die Empfangsdame greift zum Telefon, um sich zu vergewissern. Ich bemerke, dass hinter ihr ein frischer Herbstblumenstrauß steht: dunkelrote asiatische Lilien, violette Ranunkeln, orangefarbene Rosen und gelbes Eichenlaub.
    Eine Blumenlieferung ohne Karte. Jemand, vermutlich die Empfangsdame, hat einen Notizzettel mit dem Logo des Fayth House daraufgeklebt und eine Zimmernummer daraufgeschrieben, die ich von meinem Platz aus nicht lesen kann. Doch ich erkenne die Wörter
Sie hat Geburtstag,
in großen Druckbuchstaben und unterstrichen.
    »Cindy? Hier ist jemand, der Sie sprechen möchte. Verzeihung«, wendet sich die Empfangsdame an mich. »Wie ist denn Ihr Name?«
    Ich werde zu einem Büro am Ende eines langen Flurs geschickt und komme an einem freundlich wirkenden Speisesaal vorbei, in dem die Bewohner gerade ihr Abendessen beenden. Einige sitzen im Rollstuhl. Neben den Tischen erkenne ich viele Rollatoren und Gehstöcke. Der Schönheitssalon hat schon geschlossen. Im Musikzimmer spielt ein alter Mann Klavier, und vor der Bibliothek parkt ein Putzkarren. Ich bemerke Kartons mit Müllsäcken für die professionelle Nutzung, hundert Stück pro Verpackung, und zwar dieselbe Marke, die ich in Howard Roths Haus gefunden habe.
    Ich gehe weiter zur Verwaltung und klopfe an die offene Tür des letzten Büros, wo Mrs. Hoyt, jung und hochschwanger, gerade die Jacke anzieht. Als ich mich vorstelle und ihr die Hand schüttle, wirkt sie ein wenig verwirrt.
    »Ja, ich habe Ihren Namen erkannt, als Betty ihn vorhin am Telefon genannt hat«, sagt sie zu mir. »Haben Sie Angehörige hier? Ich habe Sie gestern in den Nachrichten gesehen. Die Riesenschildkröte im Löschboot und dann die arme Frau. Wie kann ich Ihnen behilflich sein? Haben Sie Angehörige hier?«,

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