Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)
Nordwesten von Alberta vertrieben. Bei der Flugsicherung eingereichte Flugpläne bewiesen, dass er mit seiner Gulfstream in den letzten beiden Jahren sechsmal nach Edmonton und Calgary geflogen ist. Emma Shubert sei eine sehr engagierte Umweltaktivistin gewesen. Ihre Ausgrabungen in den Knochenbetten wären genau in dem Museum ausgestellt worden, das er finanziell unterstützte.
»Ich habe einige Artikel entdeckt.« Hahn hat angefangen, das Thema zu recherchieren, über das sie gerade erst ins Bild gesetzt wurde. »Berichte über die Spende. Fünf Millionen Dollar im letzten Jahr. Er war eindeutig in Grande Prairie.«
Briggs nickt jemandem zu, den wir nicht sehen können, und gibt ihm zu verstehen, dass er gleich nachkommen wird.
»Mr. und Mrs. Channing Lott haben einen Dino-Ball besucht, bei dem den Ehrengästen angekündigt wurde, Crystal Carbon-Two werde einen finanziellen Beitrag leisten«, liest Hahn von ihrem Monitor ab. »Das war im Juli vor einem Jahr.«
»Ich habe eine Menge Fälle hier und außerdem einen scheußlichen Tag hinter mir.« General Briggs hat genug gehört. »Noch ein verdammter Hubschrauber, ein Chinook, der gestern im Osten von Afghanistan abgeschossen wurde. Die C- 17 mit den zwölf gefallenen Helden an Bord ist gerade im Landeanflug. Ich habe Dr. Lopez gebeten, Sie anzurufen, sobald er mehr weiß, Kay«, sagt Briggs zu mir. Als er aufsteht, füllt sein blaugrüner OP -Kittel den Bildschirm. »Dann können Sie ja sehen, ob es Übereinstimmungen gibt.«
Die Kamera wird abgeschaltet. Er ist fort.
»Was ist mit persönlichen Sachen? Kleidung, Schmuck oder was sonst noch an der Leiche gefunden wurde?«, frage ich Benton. »Zusätzlich zu Hose und Regenjacke? Und wo ist ihr Telefon?«
»Kein Telefon«, erwidert er.
Ich erwähne nicht, was Lucy über Emma Shuberts iPhone der ersten Generation, die falschen E-Mail-Konten und die Proxy-Server gesagt hat.
»Ich verstehe nicht, warum das wichtig ist«, meint Hahn zu Benton. Aber sie versteht sehr wohl.
Vielleicht hat Benton ja einen Weg gefunden, diskret anzudeuten, was Lucy beinahe sofort und auf illegale Weise in Erfahrung gebracht hat. Doch nun weiß Hahn, was sie wissen muss. Sie besitzt die Information, dass der Videofilm, der Emma Shuberts letzte Bootsfahrt zeigt, mit ihrem eigenen iPhone aufgenommen wurde. Wahrscheinlich von einem Kollegen, als die Paläontologen an einem der seltenen sonnigen Vormittage zum Knochenbett am Wapiti gefahren sind. Wahrscheinlich wurde der Film in aller Unschuld gedreht und später von einem Ungeheuer in Menschengestalt entdeckt. Sicher hat der Täter sämtliche Dateien auf ihrem Telefon gesichtet, demselben Telefon, mit dem er dann ein Foto von einem abgetrennten Ohr gemacht hat, das wir für ihres halten.
Und mit demselben Telefon hat er mir dann das Video und das Foto gemailt.
»Er hat erreicht, was er wollte.« Douglas Burke schiebt ihren Stuhl zurück. Niemand antwortet ihr. »Er ist draußen. Ein freier Mann, richtig?« Sie scheint vor Wut zu kochen. »Channing Lott profitiert von den Ereignissen. Genau genommen, ist er der Einzige, der davon profitiert.«
»Als Peggy Stanton verschwand, saß er im Gefängnis.« Benton mustert sie gelassen, während sie seinen Blick trotzig erwidert. »Er saß auch im Gefängnis, als Emma Shubert entführt wurde. Und während er in Haft war, kann er weder die beiden noch sonst jemanden umgebracht haben.«
»Verbrechen, die so ausgeklügelt inszeniert wurden, dass wir von einer Mordserie ausgehen. Warum?« Burke richtet sich ausschließlich an Benton, als wären Val Hahn und ich nicht vorhanden. »Um Nebelkerzen zu werfen und Verwirrung zu stiften, und das alles mit dem Ziel, seine Frau loszuwerden und ungestraft davonzukommen.«
»Er war in Haft. Das ist eine Tatsache«, beharrt Benton.
»Dann hat eben jemand in seinem Auftrag gehandelt«, entgegnet Burke. »Jemand, der dafür gesorgt hat, dass Peggy Stantons Leiche genau zum richtigen Zeitpunkt entdeckt wurde. Die Bergung wurde gefilmt, und er wird freigesprochen. Genial, das muss ich ihm lassen. Wirklich erstaunlich, was man für Geld alles kaufen kann.«
»Wir haben es mit einem Einzeltäter zu tun«, erwidert Benton.
»Weißt du was, Benton?« Sie öffnet die Tür des Konferenzraums. »Du hast nicht immer recht.«
Achtunddreißig
Ich habe Lust auf Nudeln oder Pizza und Benton deshalb gebeten, auf dem Heimweg etwas einzukaufen. Allerdings wird er nicht so bald nach Hause kommen, wie er gesagt hat, als
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