Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)
einen Spaltbreit offen, als hätte sie gerade aufgeschlossen, als sie jemand von hinten angriff.«
»Wurden ihre Schlüssel und ihre Taschenlampe sichergestellt?« Briggs’ Aufmerksamkeit gilt wieder uns.
Hahn antwortet, die Polizei habe beides in in einer Schlammpfütze vor den Alustufen des Wohnwagens entdeckt, was den Verdacht erhärtet, dass der Angriff beim Aufschließen der Tür erfolgte.
»Toxikologisch«, wende ich mich an meinen Vorgesetzten, »untersuchen wir die Möglichkeit, ob eine flüchtige organische Substanz wie Chloroform verwendet wurde. Möglicherweise etwas, was die Opfer eingeatmet haben und dadurch rasch das Bewusstsein verloren, so dass er sie nach Belieben verschleppen und mit ihnen machen konnte, was er wollte.«
»Kümmern Sie sich darum, dass unsere Freunde in Edmonton die nötigen Tests durchführen und auch nach allem anderen Ausschau halten, was Sie brauchen.« Briggs blickt an der Kamera vorbei, als wäre gerade jemand hereingekommen.
»Eine wichtige Frage«, lässt sich Burke vernehmen, »wäre, ob er Emma Shubert zuerst an einen unbekannten Ort gebracht hat.«
»Wenn er nicht in der Nähe wohnt«, erwidert Briggs geistesabwesend, »wäre das ziemlich riskant gewesen. In ein Motel etwa? Und was, wenn sie geschrien oder sich gewehrt hätte?«
»Wahrscheinlicher ist, dass er ein Fahrzeug hatte, sicherlich einen Mietwagen«, entgegnet Benton. »Einen Transporter, einen Campingbus oder ein Wohnmobil, das er irgendwo in der Einöde abstellen konnte.«
»Wir überprüfen alle Autovermietungen und Autohändler in einem Umkreis von mehreren hundert Kilometern«, sagt Burke zu Briggs, der nur mit halbem Ohr zuhört. »Ein Wohnmobil oder ein Wohnwagen, mit dem er auf demselben Campingplatz Station hätte machen, ohne in einer dunklen, regnerischen Nacht Aufmerksamkeit zu erregen.«
»Das hätte eine Menge Probleme für ihn gelöst, falls sie bewusstlos war«, meint Benton zu mir. »Er hätte sich die Komplikation gespart, sie niederzuschlagen oder mit der Waffe bedrohen zu müssen. Da gibt es keine Erfolgsgarantie, und so etwas kann rasch den Bach runtergehen. Deshalb ist es viel einfacher, sie mit einer Chemikalie außer Gefecht zu setzen, sie in sein Auto zu bringen, loszufahren und dann mit ihr zu machen, was er eben so tut, um seine Phantasien auszuleben.«
»Wozu offenbar auch gehörte, ihr das Ohr abzuschneiden«, merkt Burke an. »Das ist doch ein Zeichen dafür, dass er sich zunehmend schlechter im Griff hat, eine Besessenheit, die an Wucht gewinnt wie ein Orkan. Falls Emma sein letztes Opfer war, steht er darauf, seine Opfer zu verstümmeln, und dabei wächst seine Gewaltbereitschaft. Inzwischen braucht er mehr, um die in ihm aufgestaute Anspannung loszuwerden«, fügt sie hinzu. Nun spricht sie als Profilerin. Benton geht nicht darauf ein.
»Wir wissen nicht genau, ob das Ohr abgeschnitten wurde«, merke ich an. »Von ihrem Kopf ist nur noch der Schädel übrig. Wenn der Schnitt keine Spuren am Knochen hinterlassen hat, können wir es nicht feststellen.«
»Es muss betont werden, dass Channing Lott sich in diesem Teil Kanadas sowohl beruflich als auch karitativ engagiert.« Inzwischen spricht Burke schneller, und ihr Tonfall ist aggressiv. »Genauer gesagt, transportiert seine weltweit tätige Reederei Erdöl und Flüssiggas, das mit der Bahn aus Fort McMurray, dem Epizentrum von Albertas florierenden Ölfeldern, herangeschafft und von dort aus auf verschiedene Häfen verteilt wird.«
Benton sieht sie an, seiner Miene ist nichts zu entnehmen.
»Er hat einige der Raffinerien mehrfach besucht.« Burke wird immer lauter. »Und letztes Jahr hat eine seiner Tochterfirmen eine beträchtliche Summe für das Dinosauriermuseum gespendet, das in Grande Prairie gebaut werden soll.«
»Welche Tochterfirma?« Hahn verzieht das Gesicht, als hätte Burke ihr diese Information vorenthalten.
»Sie heißt Crystal Carbon-Two«, wendet Burke sich an Briggs.
Der schaut wieder auf seinen Schreibtisch. Ich merke ihm immer an, wenn ein Gespräch für ihn abgeschlossen ist.
»
Umweltfreundliche
Reinigungsmittel, die in der Lebensmittelherstellung, zum Entfernen von Farbresten und zum Säubern von Druckmaschinen verwendet werden«, fährt Burke fort. »Keine giftigen Abgase oder toxischen Rückstände. Einfach nur Dampfstrahlen mit Kohlendioxid, eine Technik, die sich auch in Ölraffinerien immer größerer Beliebtheit erfreut.«
Sie teilt uns mit, Channing Lott habe seine Maschinen im
Weitere Kostenlose Bücher