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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Überschuhe durchdrungen und sickert in meine Stiefel ein. Natürlich habe ich nicht die Absicht, eine Leiche an Bord eines Bootes zu holen, wo es von Meeresbiologen nur so wimmelt.
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, sage ich. »Marino und ich steigen wieder ins Boot der Küstenwache um und holen das Bojentau ein, damit wir unsere Arbeit machen können. Sobald wir von Bord sind, soll Lieutenant Klemens ein Stück weiterfahren, damit Sie unseren gepanzerten Freund wohlbehalten in die Freiheit entlassen können.«
    Ich steige die Sprossen hinauf, um meine Jacke vom Oberdeck zu holen, während Marino die Tatortkoffer einsammelt. Dann kehren wir zum Bug zurück.
    »Ein hübscher Anblick, aber einen Beliebtheitswettbewerb wird die garantiert nie gewinnen«, stellt er fest.
    »Sie tut nur ihre Pflicht und will dabei nicht gestört werden«, widerspreche ich. »Daraus kannst du ihr keinen Vorwurf machen.«
    »Schon, nur dass ihr der Tod eines Menschen scheißegal ist. Es interessiert sie kein bisschen.«
    Marino wirft einen Blick in Pamela Quicks Richtung, während wir Handschuhe, Überschuhe und Overalls ausziehen und sie in einen roten Müllsack für kontaminierte Abfälle werfen.
    »Manche dieser Tierschützer sind so«, fügt er hinzu. »Fanatiker. Durchgeknallte, die einem rote Farbe ins Gesicht schütten oder einen vermöbeln, weil man einen Pelzkragen oder Schlangenlederstiefel anhat. Ich habe mir Stiefel aus Klapperschlangenleder gekauft. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was ich mir für einen Mist anhören muss, wenn ich sie trage.«
    Er reicht Labella die Koffer über die Reling. Die beiden Boote klappen zusammen und auseinander wie die Bälge eines Akkordeons.
    »Gegerbte Klapperschlangenhäute, bei eBay gekauft und dann zu maßgefertigten Stiefeln verarbeitet«, beschwert er sich weiter.
    »Klingt eklig.« Als ich das Bein über die erste Reling schwinge, streckt Labella die Hände nach mir aus.
    »Nun, man sollte sie nicht in Drecksnestern wie Concord, Lincoln oder Thoreauville anziehen.« Marino ist dicht hinter mir. »Da wandert man schon in den Knast, wenn man einen verdammten Baum abhackt«, fügt er lautstark hinzu.

Zehn
    Eine Sirene ertönt dreimal. Dann legt das Löschboot von seinem Ankerplatz ab und wendet auf dem Heck. Der Bug zeigt auf einen Leuchtturm, der weißlich am Horizont aufragt. Jetmotoren wühlen zischend das Wasser zu einer schaumigen Bugwelle auf, als die Feuerwehrleute mit der Lederschildkröte und den Meeresbiologen an Bord aufs offene Meer hinausfahren und uns den Rest überlassen.
    Ich hoffe, dass weder Reporter noch Schaulustige ahnen, welche Arbeit mir nun bevorsteht, lasse den Blick über das im Sonnenlicht wellenschlagende Wasser schweifen und halte Ausschau nach Anzeichen dafür, dass Zuschauer und Fernsehcrews weiterziehen werden, um die Freilassung der Schildkröte zu beobachten. Ich will, dass sie alle verschwinden. Die Bergung eines Toten muss diskret und respektvoll vonstatten gehen. Gleichzeitig habe ich das starke Bedürfnis, die riesige alte Schildkröte zu beschützen, und ärgere mich schrecklich über den Egoismus und die Unwissenheit des Menschen.
    So lasst ihn doch in Ruhe, verdammt,
denke ich. Ich muss aufpassen, dass ich mich nicht mit Sorgen zermürbe und mir alle möglichen schrecklichen Dinge ausmale, die diesem Vertreter einer beinahe ausgestorbenen Art widerfahren könnten. Und dabei lebt er doch nur, um zu fressen, zu schwimmen und sich fortzupflanzen. Ich kenne Berichte über Menschen, die mit ihren Motorbooten zu nah an Wale und andere beeindruckende Tiere heranfahren, um sie zu fotografieren und zu füttern, und sie dabei unabsichtlich verletzen oder gar töten. Enttäuscht und empört sehe ich zu, wie die Boote ihre Anker lichten und die Motoren anwerfen. Der Fernsehhubschrauber macht sich schon an die Verfolgung.
    »Wenigstens drücken sie sich nicht weiter hier herum«, meint Labella.
    Er kauert neben dem Rettungskorb und überprüft Gurte und Geschirr auf ihre Funktionstüchtigkeit. Dass die Leiche zurück ins Wasser fällt, während wir versuchen, sie an Bord zu hieven, hätte uns gerade noch gefehlt.
    »Und das heißt, dass sie nicht wissen, warum wir wirklich hier sind«, fügt er hinzu.
    »Vielleicht nicht, aber was halten Sie davon?« Ich blicke zu dem weißen Helikopter mit Zwillingstriebwerk hinauf, der meiner Schätzung nach dreihundert Meter über uns schwebt. »Der scheint uns wohl erhalten zu bleiben.«
    »Er ist nicht von einem

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