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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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die Möbel behalten – angesichts ihrer neuen Umgebung wäre Sheraton und Chippendale die Luft weggeblieben.
    »Du siehst müde aus«, sagte sie. »Lust auf Kaffee?«
    »Und ein Sandwich, falls Brot da ist.«
    Sie dachte nach. »Wir hätten Knäckebrot.«
    Sie war permanent auf Diät, und ihr Trick bestand darin, nichts Eßbares zu kaufen. Das Ergebnis war, daß wir viel auswärts aßen, was ihrem Vorhaben ausgesprochen abträglich war.
    Gillie hatte meinen klugen Sprüchen über das Anlegen von Vorräten, von geeigneten Proteinen wie Eiern und Käse aufmerksam zugehört und dann fröhlich weitergemacht wie eh und je, was mich früh zu der Erkenntnis brachte, daß es sie nicht wirklich nach einer Schönheitswettbewerbsfigur gelüstete, sondern daß sie es zufrieden war, solange sie nur nicht aus ihren Strickkleidern Größe zweiundvierzig herausplatzte. Erst wenn die zu eng wurden, nahm sie tatsächlich drei Kilo ab. Sie konnte, wenn sie wollte. Nur, sie wollte eben nicht unbedingt.
    »Wie geht es deinem Vater?« erkundigte sie sich, während ich mich durch ein Sandwich aus Roggenknäckebrot und rohen Tomatenscheiben knabberte.
    »Hat immer noch Schmerzen.«
    »Ich hätte doch gedacht, daß man dagegen etwas tun kann.«
    »Nun, das kann man auch, zumindest meistens. Und die zuständige Krankenschwester hat mir heute abend gesagt, daß er in ein oder zwei Tagen wieder auf dem Damm sein wird. Sie machen sich keine Sorgen mehr wegen seines Beines. Die Wunde heilt sauber ab, und das Ganze sollte sich in Kürze soweit beruhigt haben, daß es ihm bessergeht.«
    »Er ist natürlich nicht mehr jung.«
    »Sechsundsiebzig«, erwiderte ich zustimmend.
    »Die Knochen werden eine ganze Weile brauchen, um zu verheilen.«
    »Mhm.«
    »Ich nehme an, du hast jemanden gefunden, der die Festung halten wird.«
    »Nein«, sagte ich, »ich werde selbst bleiben.«
    »Junge, Junge«, sagte sie, »hätte ich mir doch denken können.«
    Ich sah sie – den Mund voller Krümel – fragend an.
    »Alles, was nach einer Herausforderung riecht, liegt ganz auf deiner Linie.«
    »Das hier nicht«, sagte ich echt überzeugt.
    »Es wird im Stall auf wenig Begeisterung stoßen«, diagnostizierte sie, »und deinen Vater an den Rand eines Schlaganfalls treiben – und einen Riesenerfolg bringen.«
    »Korrekt, was die ersten beiden Punkte betrifft, schiefgewickelt bei Nummer drei.«
    Sie schüttelte mit dem Schimmer eines Lächelns den Kopf. »Nichts ist unmöglich für einen Senkrechtstarter.«
    Sie wußte, daß ich diesen Ausdruck aus dem Pressejargon nicht mochte, und ich wußte, daß sie ihn gern benutzte. »Mein Lover ist ein Senkrechtstarter«, sagte sie einmal bei einer sich müde dahinschleppenden Party in ein plötzliches Schweigen hinein. Und die Männer umlagerten sie.
    Sie schenkte mir ein Glas des wunderbaren 61er Château Lafite ein, den sie frevelhafterweise zu allem trank, angefangen bei Kaviar bis hin zu Bohnen in Tomatensauce. Als sie einzog, hatte ich den Eindruck, daß ihre Besitztümer beinahe vollständig aus Pelzmänteln und Weinkisten bestanden, die sie mit einem Schlag von ihrer Mutter beziehungsweise ihrem Vater geerbt hatte, nachdem diese bei einem Erdbeben in Marokko zusammen ums Leben gekommen waren. Sie hatte die Mäntel verkauft, weil sie fand, daß sie sie dick machten, und hatte sich nach und nach durch die kostbaren Behältnisse getrunken, nach denen Weinhändler sich händeringend verzehrten.
    »Dieser Wein ist eine Investition«, hatte einer von ihnen unter offensichtlichen Qualen zu mir gesagt.
    »Aber irgend jemand muß ihn doch trinken«, erwiderte Gillie vernünftig und zog den Korken aus der zweiten Flasche des 61er Cheval Blanc.
    Gillie war von ihrer Großmutter her so reich, daß sie es angenehmer fand, den Superstoff zu trinken, als ihn mit Gewinn zu verkaufen und eine Vorliebe für Marke X zu entwickeln. Sie war überrascht gewesen, daß ich ihrer Meinung war, bis ich sie darauf hinwies, daß meine Wohnung voller kostbarer Stücke stand, wo doch bemalte Kiefernbretter denselben Zweck erfüllt hätten. Also legten wir mitunter unsere Füße auf einen spanischen Eßtisch aus Nußbaum, der aus dem sechzehnten Jahrhundert stammte und jeden Antiquitätenhändler schluchzend auf die Knie hätte sinken lassen, tranken ihren Wein aus Waterford-Gläsern aus dem achtzehnten Jahrhundert und lachten über uns selbst, weil die einzig ungefährliche Art und Weise, mit einem gewissen Maß an Wohlstand zu leben, eben das

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