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Knochenerbe

Knochenerbe

Titel: Knochenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Umzugswagen vorfuhr.
    „Na wunderbar“, keuchte ich entgeistert. „Ganz toll!“ Andererseits – wenn jemand die Straße im Blick hatte, würde ihn der Umzugswagen viel mehr interessieren als meine Wenigkeit, die nur mit zwei Papiertüten in der Hand ihr Haus verließ. Ehe ich es mir anders überlegen konnte, schnappte ich mir meine Handtasche und die beiden Tüten und eilte durch die Küche in den Carport.
    „Aurora?“, begrüßte mich draußen eine Stimme in ungläubigem Ton.
    Das Schicksal meinte es nicht gut mit mir! Resigniert wandte ich mich dem Umzugswagen zu, aus dem just in diesem Moment mein Ex, Detective Arthur Smith vom Einbruchsdezernat unserer Stadt, kletterte. Dicht gefolgt von Detective Lynn Smith, geborene Liggett, von der Mordkommission, seiner ihm frisch angetrauten Ehefrau. Es sah ganz so aus, als zögen die beiden gegenüber ein.

Kapitel Vier
     
    Bisher war mein Tag nur bizarr und beunruhigend verlaufen, jetzt glitt er mehr und mehr ins Surreale ab. Die Handtasche über der Schulter, in der einen Hand eine braune Papiertüte mit einer Dose Kaffee, in der anderen eine mit einem durchlöcherten Schädel, ging ich auf die beiden Polizisten zu, wobei meine Beine nicht mehr mir selbst zu gehören schienen. Meine Hände schwitzten. Ich versuchte, einen freundlich-interessierten Ausdruck auf mein Gesicht zu zaubern, hätte aber beim besten Willen nicht sagen können, inwieweit mir das gelang und was stattdessen dabei herauskam.
    „Gleich fragen sie dich“, dachte ich, „gleich wollen sie wissen, was in der Tüte ist!“
    Die unerwartete Begegnung mit einer äußerst schwangeren Mrs. Smith hatte nur einen einzigen Pluspunkt: Meine Gedanken kreisten so ausschließlich um den Schädel, dass ich gar nicht dazu kam, mich auch noch um die prekäre persönliche Lage zu sorgen, in die ich hier unverhofft geraten war. Allerdings trug ich kein Make-up und hatte die Haare mit einem Gummi zusammengebunden, und beides war mir trotz Schädeldilemma schmerzlich bewusst. Sehr bewusst sogar.
    Arthurs bleiche Haut lief rot an. Das tat sie gern einmal, wenn er verlegen oder wütend war oder aber … nein, jetzt bloß nicht daran denken! Normalerweise war Arthur ein viel zu harter Bursche, um verlegen zu werden, aber in diesem Augenblick hatte es ihn voll erwischt.
    „Machst du hier gerade einen Besuch?“, fragte Lynn hoffnungsvoll.
    Ich schüttelte den Kopf. „Jane Engle ist tot. Arthur, du erinnerst dich doch noch an Jane?“
    Arthur nickte. „Die Madeleine-Smith-Expertin.“
    „Jane hat mir ihr Haus hinterlassen“, sagte ich, wobei das Kind in mir am liebsten hinzugefügt hätte: „Und ganz, ganz viel Geld!“ Gottseidank legte mein erwachsenes Ich sofort ein Veto ein, nicht nur, weil ich eine Papiertüte mit einem Schädel darin bei mir trug und die Begegnung nicht in die Länge ziehen wollte. Verglichen mit der Tatsache, dass Lynn Arthur erobert hatte, stellte Geld keinen legitimen Pluspunkt dar. Denn obwohl mein moderner Verstand mir zu sagen versuchte, eine unverheiratete Frau stehe einer verheirateten in nichts nach, wusste meine primitive Seele es besser: Lynn und ich würden erst „quitt“ sein, wenn ich selbst vor dem Traualtar gestanden hatte.
    Alles in allem ein emotional ziemlich zusammengestückelter Tag chez Teagarden!
    Die Smiths wirkten fassungslos, was ich ihnen nicht verdenken konnte. Da zogen sie in ihr Traumhäuschen, ein Baby war unterwegs – sehr unterwegs! –, und dann tauchte direkt gegenüber die Exfreundin des Ehemanns auf.
    „Ich weiß noch nicht, ob ich hier wohnen werde oder nicht“, sagte ich, ehe sie fragen konnten. „Aber ich werde in den nächsten ein, zwei Wochen verhältnismäßig oft hier sein, um alles in Ordnung zu bringen.“ Ob ich es je schaffen würde, alles in Ordnung zu bringen?
    Als Lynn daraufhin seufzte, sah ich in ihr Gesicht, wobei ich sie zum ersten Mal im Laufe dieser Begegnung richtig wahrnahm. Lynns kurzes, brünettes Haar wirkte stumpf und leblos, dabei hatte ich andere Frauen doch oft davon schwärmen hören, wie glänzend ihr Haar während der Schwangerschaft gewesen war. Ihre Haut sah scheckig aus. Aber als sie sich zu ihrem Haus umwandte, schien sie sehr glücklich.
    „Wie geht es dir, Lynn?“, fragte ich höflich.
    „Recht gut. Der Ultraschall hat gezeigt, dass die Schwangerschaft weiter vorangeschritten ist, als wir dachten, vielleicht sogar sieben Wochen weiter als nach meinen

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